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Der junge Gelehrte

Der junge Gelehrte

Titel: Der junge Gelehrte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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halten Sie mich?
    Chrysander . Ohne Komplimente, Herr Anton! ich verspreche dir eine Belohnung, die deinen Verdiensten gemaess sein soll, wenn du meinen Sohn quovis modo, wie wir Lateiner reden, durch Wahrheiten oder durch Luegen, durch Ernst oder durch Schraubereien, vel sic vel aliter, wie wir Lateiner reden, Julianen zu heiraten bereden kannst.
    Anton . Wen? Julianen?
    Sechster Auftritt
    16
    Der junge Gelehrte
    Chrysander . Julianen; illam ipsam.
    Anton . Unsere Mamsell Juliane? Ihr Muendel? Ihre Pflegetochter?
    Chrysander . Kennst du eine andre?
    Anton . Das ist unmoeglich, oder das, was ich von ihr gehoert habe, muss nicht wahr sein.
    Chrysander . Gehoert? so? hast du etwas von ihr gehoert? doch wohl nichts Boeses.
    Anton . Nichts Gutes war es freilich nicht.
    Chrysander . Ei! ich habe auf das Maedchen so grosse Stuecken gehalten. Sie wird doch nicht etwa mit einem jungen Kerl—he?
    Anton . Wann es nichts mehr waere! so ein klein Fehlerchen entschuldigt die Mode. Aber, es ist noch etwas weit Aergers fuer eine gute Jungfer, die gerne nicht laenger Jungfer sein moechte.
    Chrysander . Noch etwas weit Aergers? ich versteh dich nicht.
    Anton . Und Sie sind gleichwohl ein Kaufmann?
    Chrysander . Noch etwas weit Aergers? Ich habe immer geglaubt, Eingezogenheit und gute Sitten waeren das Vornehmste—
    Anton . Nicht mehr! nicht mehr! vor zwanzig Jahren wohl, wie Sie vorher selbst weislich erinnerten.
    Chrysander . Nun so erklaere dich deutlicher. Ich habe nicht Lust, deine naerrischen Gedanken zu erraten.
    Anton . Und nichts ist doch leichter. Mit einem Worte: sie soll kein Geld haben. Man hat mir gesagt, in Ansehung ihres Vaters, der Ihr guter Freund gewesen waere, haetten Sie Julianen, von ihrem neunten Jahre an, zu sich genommen und aus Barmherzigkeit erzogen.
    Chrysander . Da hat man dir nun wohl keine Luegen gesagt; gleichwohl aber soll sie doch kein andrer haben als mein Sohn, wann nur er—Denn sieh, Anton, ich muss dir das ganze Raetsel erklaeren.—Es liegt nur an mir, Julianen in kurzer Zeit reich zu machen.
    Anton . Ja, durch Ihr eigen Geld; und auf diese Art koennten Sie auch mich wohl reich machen. Wollen Sie so gut sein?
    Chrysander . Nein, nicht durch mein eigen Geld.—Kannst du schweigen?
    Anton . Versuchen Sie es.
    Chrysander . Hoere also; mit Julianens Vermoegen steht es so: ihr Vater kam durch einen Prozess, den er endlich doch musste liegenlassen, kurz vor seinem Tode um alle das Seine. Jetzt nun ist mir ein gewisses Dokument in die Haende gefallen, das er lange vergebens suchte und das dem ganzen Handel ein ander Ansehen gibt. Es koemmt nur darauf an, dass ich so viel Geld hergebe, den Prozess wieder anzufangen. Das Dokument selbst habe ich bereits an meinen Advokaten nach Dresden geschickt.—
    Sechster Auftritt
    17
    Der junge Gelehrte
    Anton . Gott sei Dank! dass Sie wieder zum Kaufmanne werden! Vorhin haette ich bald nicht gewusst, was ich aus Ihnen machen sollte.—Aber Julianens Einwilligung haben Sie doch schon?
    Chrysander . Oh! das gute Kind will mir, wie es spricht, in allem gehorchen. Unterdessen hat sich doch schon Valer auf sie gespitzt. Er hat mir vor einiger Zeit auch seine Gedanken deshalb eroeffnet. Ehe ich das Dokument bekam—
    Anton . Ja, da war uns an Julianen so viel nicht gelegen. Sie machten ihm also Hoffnung?
    Chrysander . Freilich! Er ist heute von Berlin wieder zurueckgekommen und hat sich auch schon bei mir melden lassen. Ich besorge, ich besorge—Doch wenn mein Sohn nur will—Und diesen, Anton, du verstehest mich—Ein Narr ist auf viel Seiten zu fassen; und ein Mann wie du kann auf viel Seiten fassen.—Du wirst sehen, dass ich erkenntlich bin.
    Anton . Und Sie, dass ich ganz zu Ihren Diensten bin, zumal wenn mich die Erkenntlichkeit zuerst herausfordert und—
    Siebenter Auftritt
    Anton . Chrysander. Juliane.
    Juliane . Kommen Sie doch, Herr Chrysander, kommen Sie doch hurtig herunter. Herr Valer ist schon da, Ihnen seine Aufwartung zu machen.
    Chrysander . Tut Sie doch ganz froehlich, mein Jungferchen!
    Anton (sachte zu Chrysandern) . Hui! dass Valer schon den Vogel gefangen hat.
    Chrysander . Das waere mir gelegen.
    (Anton und Chrysander gehen ab .)
    Achter Auftritt
    Juliane . Lisette.
    Lisette (guckt aus dem Kabinett) . Bst! bst! bst!
    Juliane . Nun, wem gilt das? Lisette? bist du's? Was machst du denn hier?
    Lisette . Ja, das werden Sie wohl nimmermehr glauben, dass ich und Damis schon so weit miteinander gekommen sind, dass er mich verstecken muss. Schon kann

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