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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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des befestigten Militärlagers bis zu den Heranreitenden. Die Pferde beschleunigten von selbst ihren Gang.
    Trotz der frühen Jahreszeit und der noch winterlichen Kälte lagerten außerhalb des Forts schon zahlreiche Menschen. Zu einem Teil waren es Weiße, Jäger, Fallensteller, Vagabunden, Händler, zum großen Teil aber Indianer, die mit Zelten, Frauen und Kindern gekommen waren und sich niedergelassen zu haben schienen, um zeitraubende Handelsgeschäfte mit erbeuteten Winterpelzen abzuwickeln. Die meisten der Indianer machten schon auf den ersten Blick den Eindruck von Halbzivilisierten.
    Sie trugen bunte Kopftücher, schlechte Kattunhemden, schlugen billige Wolldecken um die Schultern, und der Ausdruck ihrer Augen war verschwommen. Einige schienen am frühen Morgen schon betrunken zu sein. Die vier Reiter trieben ihre Pferde rücksichtslos durch die Lagernden hindurch. Wer nicht umgeritten werden wollte, mußte schnell zur Seite springen.
    Das Fort selbst, bei dem die Reiter anlangten, war, wie sich schon von außen erkennen ließ, viel größer, geräumiger und besser befestigt als die Station am Niobrara. Die Atmosphäre der ständigen Gefährdung in der Wildnis, in der noch die Flinten, Pfeile und Messer der Dakota herrschten, bestand hier nicht mehr. Jedermann bewegte sich mit Selbstverständlichkeit und Sicherheit. Die Reiter erreichten das Tor. Pitt mit der verstümmelten Nase war der Wache bekannt, und die Kuriergruppe wurde sofort eingelassen. Im Innern der Fortanlage konnten die Ankommenden die aufgestellten Geschütze bewundern. Die Kuriere meldeten sich in einer Wachstube an und rechneten damit, daß sie warten müßten, da es noch sehr früh am Morgen war. Überraschend schnell wurden die Männer jedoch zu einem Leutnant mit Namen Roach befohlen, und nach wenigen Minuten schon standen sie in einem geheizten, komfortabel ausgestatteten Raum, der recht ungewohnt auf sie wirkte.
    Der junge Leutnant saß hinter einem Schreibtisch auf einem Stuhl mit Armlehnen. Er nahm aus Pitts Hand dasjenige Schreiben in Empfang, das an den Kommandanten von Fort Randall gerichtet war, und öffnete es auftragsweise ohne Bedenken. Während er las, hatte Pitt Zeit, ihn näher zu betrachten. Dieser Leutnant Roach stand dem Stummelnasigen auf irgendeine Weise näher als der weltfremde und pflichteifrige Major Smith. Der Leutnant lehnte sich beim Lesen lässig zurück. Seine Uniform war private Schneiderarbeit und saß tadellos. Sein Haar war mit Sorgfalt gescheitelt und mit Pomade geglättet. Die Fingernägel waren gepflegt. Dieser Leutnant hatte also Schwächen, an die ein geschickter kleiner Mann vielleicht anknüpfen konnte.
    Die Mundwinkel des Leutnants verzogen sich, während er den Brief des Majors las.
    »Vollkommen klar.« Er faltete das Schreiben wieder zusammen. »Ihr braucht Verstärkung, Munition und einen tüchtigen Offizier. Wo habt ihr das zweite Handschreiben, das nach Yankton an Oberst Jackman gerichtet ist?«
    Pitt holte bereitwillig auch dieses Schreiben, das mehrfach versiegelt war, aus der Brusttasche und wies es vor. Der Leutnant nahm es und drehte es ein paarmal in der Hand. Zu öffnen wagte er in diesem Falle nicht. »Der Inhalt wird der gleiche sein«, bemerkte er schließlich. »Ich reite sowieso nach Yankton und werde das Schreiben dort Oberst Jackman persönlich übergeben. – Also gut!« schloß er ab. »In ein paar Tagen! Ich bespreche das mit unserem Kommandanten und mit Oberst Jackman selbst in eurem Sinne.«
    Der elegante junge Offizier erhob sich, und weder Pitt noch ein anderer Rauhreiter fühlte das Bedürfnis, noch ein Wort zu sagen. Wozu auch? Die Mission hatte über alles Erwarten Erfolg gehabt. Auf den ersten Anhieb schon wurden die Verstärkungen versprochen, auf die man am Niobrara seit einem Jahr vergeblich gewartet hatte. Was wollten die Boten noch mehr? Die Ruhetage lockten, besonders nach einem solch unerwartet schnellen Erfolg. Pitt, Bill, Josef und Tom zogen sich in bester Laune zurück. Ein Bursche des Leutnants hatte schon Anweisung, für die vier zu sorgen.
    »Der Herr Leutnant schmiert sich bei uns an«, flüsterte Tom dem Hahnenkampf-Bill zu. »Der will wohl unseren alten ehrlichen Major aus dem Sattel heben!«
    Bill, Pitt und Josef teilten Toms moralische Bedenken nicht. »Was geht’s uns an? Hauptsache, wir kriegen ein paar Tage lang zu fressen, zu saufen und zu rauchen. Der Roach, das ist unser Mann.«
    »Auch wenn er nach Pomade stinkt. Laßt ihm seinen Spleen.« Der

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