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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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weiter um den toten Kameraden. Er rannte schleunigst zu seinem Pferd und seinen drei Begleitern zurück, sagte kein Wort, sondern zeichnete nur mit der Hand ein Quadrat in die Luft.
    »Schon wieder!« Josef war bestürzt.
    »Ja, wieder.« Bill knurrte. Er war selbst unruhig und ärgerte sich um so mehr, als der andere seine Angst spüren ließ.
    »Was bedeutet das? Das Viereck?« fragte Pitt. Er kannte sich in dieser Gegend und in den Gewohnheiten von Freund und Feind hier noch nicht aus.
    »’s ist ein Zeichen«, murmelte Josef. »Sein Zeichen wird’s sein.«
    »Wessen Zeichen?« bohrte Pitt.
    »Halt’s Maul!« verwies ihn Bill. »Ich nenn den Namen nicht gern. War dabei, als sein Vater erstochen wurde, und es könnt sein, daß er auch mich noch im Gedächtnis hat!«
    »Den Harry meint er!« belferte der schmierige kleine Josef. »Den Harry meint er, das rote Schwein, den Messerstecher und Meuchelmörder!«
    Die Reiter sprangen alle auf und trieben ihre Tiere zu einem fluchtartigen Galopp. Es war vorläufig keine Zeit und keine Gelegenheit mehr zum Sprechen gegeben. Als die vier jedoch nach Mittag eine Rast einlegten und an ihrem Proviant kauten, ohne Feuer zu machen, fing Pitt wieder an: »Was ist das für ein Harry, den du ein rotes Schwein nennst? Mestize?«
    »Vollblut-Dakota! Einer, wie du ihn noch nicht so leicht getroffen hast in deinem bequemen Leben da hinten im gelobten Fort Randall!«
    »Oho! Hab auch schon andre Gegenden kennengelernt, und selbst bei Randall treibt sich noch allerhand herum. – Der Harry geht also auf Mord an euch aus?«
    »Er geht nicht nur darauf aus. Wie du siehst, betreibt er das Gewerbe mit bestem Erfolg!«
    »Ein ganz verfluchter Schweinehund und Verräter ist das.«
    Bill, der nicht über das Thema hatte sprechen wollen, mischte sich jetzt doch ein. »War früher unser Kundschafter beim Bau der Union Pacific, dann hat er sich in den Black Hills herumgetrieben und hat Goldsucher meuchlings niedergemacht, und jetzt ist er wieder bei seinem Stamm und versauert uns das Leben! Tokei-ihto nennen ihn seine Dakota. Dieser Verbrecher, der ist mit allen Wassern gewaschen und mit allen Hunden gehetzt. Unser Major will es nicht wahrhaben, aber ich sage euch, der Harry Tokei-ihto, der führt seine paar Leute bedeutend besser als der Major uns! Daran liegt’s, daß wir nichts ausrichten!«
    »Ah so!« Pitt zog an der kalten Pfeife. »Ihr braucht also nicht nur Verstärkung, sondern auch einen jüngeren, energischen Offizier!«
    »Bleibt uns vom Leibe mit euren jungen Offizieren. Hast ja gesehen, was aus Warner geworden ist! Eine Leiche! Nein, Leutnants brauchen wir nicht. Männer brauchen wir, die kundschaften und schießen können. In der Überzahl müssen wir sein! Dann läßt sich was machen! Überzahl gleicht Dummheit aus.«
    »Und den Harry müßten wir wegfangen!« ergänzte der schmierige Josef. »Das sollte mir eine Freude sein, den lebendig abzuhäuten!«
    »Träum nur weiter von deiner Freude. Lebendig kriegst du den nie!« Bill spottete gereizt. »Du nicht! Hab noch nie gesehen, daß ’ne Schnecke ’ne Heuschrecke fängt!«
    Die vier Reiter beendeten ihre Rast. Sie trabten bald, bald galoppierten sie weiter ostnordostwärts. Das Wetter war ihnen günstig. Wenn die Kälte der letzten Februartage ihnen auch zu schaffen machte, so blieben sie doch von Sturm, Schnee und Sand von nun an verschont. Wild kam ihnen kaum vor die Flinte. Fährten von Indianertrupps waren nirgends zu sehen. Die Prärien wirkten, als seien sie von Menschen noch nicht entdeckt. Ringsum erklang kein Laut. Nachdem die Reiter die Nacht und den zweiten Tag unbehelligt geblieben waren, gewöhnten sie sich an den Gedanken, daß keine Gefahr mehr für sie bestehe, und wurden inmitten der Stille und Einsamkeit sorglos. Wenn jemand die Absicht hatte, ihnen unbemerkt zu folgen, so war das jetzt ohne Schwierigkeit möglich.
    In der letzten Nacht gönnten sich die Reiter nur wenig Schlaf. Sie überquerten zwei fast ausgetrocknete Bäche und ritten so scharf, daß sie mit Sonnenaufgang Fort Randall und den Missouri erreichten. Durch die zahlreichen Fährten, die ihnen hier begegneten, durch die Geräusche, die zu ihnen drangen, wurden sie dem allgemeinen Leben wieder eng verbunden. Im Gebiet des großen Stromes wuchs das Gras der Wiesen saftiger und kräftiger unter dem tauenden Schnee hervor als auf den Sandsteppen. Laute Rufe und ein vielfältiges Stimmengewirr drangen aus den Fortanlagen selbst und aus der Umgebung

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