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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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und zornig. »Erst haben sie mit dem Pfeil den Wachposten auf dem Turm oben abgeschossen. Gemeinheit – oder wie ihr’s nennen wollt, aber das sind eben die Büffeljäger und Scharfschützen unter den Roten! Da, seht euch den Pfeilschaft an! Wie ist der gekerbt?«
    Bill nahm den Schaft und drehte ihn in der Hand. »Dakota – unter den Dakota die Titon – unter den Titon die Oglala – unter den Oglala die Bärenbande und bei denen der Bund der Roten Hirsche! Die Gesellschaft kenn ich bestens! Seit mehr als zehn Jahren.«
    »Als der Posten auf dem Turm abgeschossen war, müssen ein oder zwei übers Tor gekommen sein – oder auch über die Palisaden, wenn sie zu mehreren waren und einander helfen konnten.«
    »Mann!« rief Pitt dazwischen. »Was es bei euch alles gibt!«
    »Was willst du? Ein Dakota ist seine zwei Meter groß und gewandt wie ’ne Katze. Übers Tor kommt er immer, wenn ihn keiner dabei stört! Hat sich jedenfalls eingeschlichen, der Rote, und im Hof gelauert. Er hat den Leutnant niedergestochen, obwohl ich keine vier Schritt hinter Warner zurück war. Der Indsmen muß von der Seite zugestoßen haben. Dann ist er wieder verschwunden, vermutlich auf demselben Weg, auf dem er gekommen war.«
    »Hätte auch mich mit seinem Messer erwischen können«, dachte Pitt laut, »aber das Amulett hat dem Sohn meines Vaters mal wieder geholfen.«
    »Es ist auch immer ein Vorteil, wenn einer für ganz unwichtig gehalten wird«, spottete Bill.
    »Einen Tag und eine Nacht Sandwehen – drei Tote!« rechnete der kleine Josef. Er schaute böse und erregt auf Adams, »’s ist nicht gut, daß wir hier festsitzen. Die Indsmen wissen immer, wo sie uns finden können, aber sie selber schwirren um uns herum wie die Mücken und sind nicht zu fassen.«
    »Drei Tote?« wiederholte Adams fragend.
    »George zählt mit! Den hast du wohl vergessen!«
    »Vielleicht hält ihn der Sturm auf.«
    »Adams, mach uns nichts weis, was du selbst nicht glaubst.«
    »So gehen die also mit euch hier um, die verlausten Rothäute?« Pitt summte vor sich hin. »Uns aber haben sie während des ganzen Rittes in Ruhe gelassen, ’s war beinahe unheimlich.«
    »Woher denn! ’s war ganz natürlich!« höhnte der schmierige kleine Josef. »Den Herren vom Fort Randall zollt der Indsmen Respekt!«
    Die Kehlen blieben rauh, die Stimmung düster, und der Schlaf war unruhig. Noch immer rüttelte der Sturm an Häusern und Palisaden. Adams hatte sich in seine Decke gewickelt und lag neben Tom ohne Hut und ohne Schuhe. Tom war nicht mehr der jüngste. Sein Bart wurde schon eisgrau. Er wälzte sich unruhig hin und her.
    »Du, Adams!« begann er nach einer Stunde seinen jungen blonden Nachbarn zu stören.
    »Was ist?«
    »Muß ich morgen unbedingt mit nach Randall?«
    »Der Alte will es so haben.«
    »Wenn wir wirklich Verstärkung bekommen, mag’s angehen. Ich werde den Mund weit genug auftun.«
    »Erst mach ihn mal zu und schlaf!«
    Gegen Morgen legte sich der Wind. Die Wolken waren vertrieben, und der Himmel wölbte sich blau über versandetem, verschneitem, gefrorenem Boden.
    »Frühlingsanfang!« bemerkte Pitt. Obgleich er in das gelobte Land am Missouri zurückkehren durfte, war er giftig gestimmt.
    Das Tor öffnete sich, und die vier Reiter verließen als Kuriergruppe mit den Handschreiben des Majors das Fort. Sie überquerten den Niobrara und wandten sich ostnordostwärts.
    George war noch nicht zurück. Daran dachten alle, aber keiner sprach davon.
    Die Reiter ließen ihre Tiere schnell laufen. Der kurzgrasige Boden war ein gutes Terrain für galoppierende Pferde. Dumpf klang der Hufschlag, das dem Präriereiter so gewohnte Geräusch. Hoch oben am Himmel zogen Raubvögel. Die steppenartige Prärie lag einsam im Morgenlicht. Kein Wild, kein Reiter, keine Spur war zu bemerken. Als die vier etwa eine Stunde unterwegs waren, hielten sie an und spähten von einem erhöhten Platz aus ringsumher.
    Hahnenkampf-Bill zeigte auf den Kamm einer benachbarten Anhöhe: »Seht ihr dort was liegen?«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, glitt er selbst vom Pferd, huschte hinunter und den Hang der nächsten Anhöhe hinauf. Dort fand er, was er schon gesehen hatte. Ein Toter lag ausgestreckt im Grase, mit dem Gesicht zur Erde. Das Lederwams zeigte im Rücken einen Einstich und war blutig. Der Hut lag neben dem Toten. Die Skalplocke war vom Wirbel abgezogen. In das Wams hatte der Sieger mit dem Messer das Zeichen eines Vierecks eingeschnitten.
    Bill kümmerte sich nicht

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