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Der Kampf mit dem Dämon

Der Kampf mit dem Dämon

Titel: Der Kampf mit dem Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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und stillte,
Tot ist nun die jugendliche Welt,
Diese Brust, die einst ein Himmel füllte,
Tot und dürftig wie ein Stoppelfeld;
Ach! es singt der Frühling meinen Sorgen
Noch, wie einst, ein freundlich tröstend Lied,
Aber hin ist meines Lebens Morgen,
Meines Herzens Frühling ist verblüht.
    Ewig muß die liebste Liebe darben,
Was wir lieben, ist ein Schatten nur,
Da der Jugend goldne Träume starben,
Starb für mich die freundliche Natur;
Das erfuhrst du nicht in frohen Tagen,
Daß so ferne dir die Heimat liegt,
Armes Herz, du wirst sie nie erfragen,
Wenn dir nicht ein Traum von ihr genügt.
    In diesen Strophen (die sich in unzählbaren Varianten durch sein ganzes Werk wiederholen) ist Hölderlins romantische Lebenseinstellung schon vollkommen fixiert: der ewig zurückgewandte Blick auf die »Zauberwolke, in die der gute Geist meiner Kindheit mich hüllte, daß ich nicht zu früh das Kleinliche und Barbarische der Welt sah, die mich umgab«. Schon der Unmündige sperrt sich gegen jeden Zustrom von Erlebnis feindlich ab: Zurück und Empor sind die einzigen Zielrichtungen seiner Seele, niemals zielt sein Wille ins Leben hinein, immer darüber hinaus. Wie Quecksilber gegen Feuer und Wasser, wehrt sich sein Eigenelement gegen alle Bindung und Verschmelzung. Darum umgürtet ihn schicksalhaft eine unbesiegliche Einsamkeit.
    Hölderlins Entwicklung ist im eigentlichen abgeschlossen, als er die Schule verläßt. Er hat sich noch gesteigert im Sinne der Intensität, nicht aber entfaltet im Sinne der Aufnahme, der stofflich-sinnlichen Bereicherung. Er wollte nichts lernen, nichts annehmen von der ihm widersinnigen Sphäre des Alltags; sein unvergleichlicher Instinkt für Reinheit verbot ihm Vermengung mit dem gemischten Stoff des Lebens. Damit wird er aber zugleich – im höchsten Sinne – Frevler gegen das Weltgesetz und sein Schicksal im antiken Geist Entsühnung einer Hybris, einer heldisch heiligen Überhebung. Denn das Gesetz des Lebens heißt Vermengung, es duldet kein Außensein in seinem ewigen Kreislauf: wer sich weigert, in diese warme Flut einzutauchen, der verdurstet am Strande; wer nicht teilnimmt, dessen Leben ist bestimmt, ein ewiges Außen zu bleiben, tragische Einsamkeit. Hölderlins Anspruch, nur der Kunst und nicht dem Dasein, nur den Göttern und nicht den Menschen zu dienen, enthält – ich wiederhole, im höchsten, im transzendentalen Sinne – wie jener seines Empedokles eine irreale, eine überhebliche Forderung. Denn bloß den Götternist es gegönnt, ganz im Reinen, im Ungemengten zu walten, und so wird es nur notwendige Rache, wenn sich das Leben an seinem Verächter mit den niedersten Kräften, mit der gemeinen Notdurft des Brotes rächt, wenn es gerade den, der ihm in keiner Form dienen will, immer wieder in die kleinlichsten Formen der Knechtschaft zurückstößt. Eben darum, weil Hölderlin nicht teilen will, wird ihm alles genommen; weil sein Geist nicht sich fesseln lassen will, fällt sein Leben in Hörigkeit. Hölderlins Schönheit ist gleichzeitig Hölderlins tragische Schuld: aus Gläubigkeit an die obere, die höhere Welt wird er Empörer gegen die untere, die irdische, der er nicht anders zu entfliehen vermag als auf der Schwinge seines Gedichts. Und erst als der Unbelehrbare den Sinn seines Schicksals erkennt – den heldischen Untergang –, bemeistert er sein Schicksal; nur eine kurze Spanne zwischen Aufgang und Untergang der Sonne gehört ihm zu, aber diese Landschaft einer Jugend ist heroisch: Felsgebirg des trotzigen Geistes, von schäumender Woge der Unendlichkeit umrauscht, seliges Segel im Sturm verloren und feurige Wolkenfahrt.
    Bildnis in Tübingen
    Der Menschen Worte verstand ich nie.
Im Arme der Götter wuchs ich groß.
    Wie flüchtiger Sonnenblick zwischen lastendem Gewölk glänzt in dem einzig erhaltenen Frühbild Hölderlins Gestalt: ein schlanker Jüngling, das blonde Haar in weicher Welle zurückwogend von klarer, morgendlich strahlender Stirn. Klar auch die Lippe und frauenhaft weich die Wange (die man sich leicht errötend denken mag von rasch aufwogender Glut), hell das Auge unter den schön geschwungenen schwarzen Brauen, nirgends nistet in diesem zarten Antlitz ein heimlicher Zug, der auf Härte deutete oder auf Hochmut, eher eine mädchenhafte Schüchternheit, eine verborgen-zärtliche Woge des Gefühls. »Anstand und Artigkeit« rühmt ihm ja auch Schiller von der ersten Begegnung her nach, und wohl kann man sich den schmalhüftigen blonden Jüngling im

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