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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L. Harness
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geleistet. Er überreichte Serane eine grammschwere Probe von Pauls mittlerweile berühmtem Probelauf zur Erinnerung. Händeschütteln. Enthüllung der Tafel. Rede des Bürgermeisters. Funkkameras, die direkt in die Nachrichtenredaktionen der großen Zeitungen sendeten. Nur der Mann vom Wall Street Journal stellte komische Fragen – etwa, wieso Serane nicht mehr der Firma angehöre.
    Wie Paul und auch Hedgewick und andere vorausgesagt hatten, stiegen die Aktien der Firma um einen vollen Punkt. Hedgewicks Börsenmakler verkaufte wenig später, seinen Anweisungen folgend, mit einem Profit von zweiundfünfzigtausend Dollar.
    Paul und Serane aßen im Halfway House gemeinsam zu Abend, und danach fuhr Paul ihn zur U-Bahnstation Darien. Er begleitete ihn hinunter auf den Bahnsteig und winkte, als Serane in den Zug stieg. Serane hielt die kleine Ampulle mit dem Trialin hoch und winkte zurück.
    An diesem Abend zog Kussman sich nach dem Abendessen in sein Arbeitszimmer zurück, um seine neuerworbene Pansensor-Perle, eine japanische Aufnahme von Donnators Song, abzuspielen. Dieser außergewöhnliche und sehr teure Halbkristall konnte eine Reihe von Sinneseindrücken hervorrufen, die selbst echte Instrumente und Stimmen nicht bewirken konnten. Der Ton wurde durch ein Dutzend verschiedener Lautsprecher, die überall im Zimmer angebracht waren, wiedergegeben, aber dies war nur der akustische Teil. Dieselbe Perle vermochte zugleich auch visuelle Empfindungen sowie Geruch, Geschmack und Gefühl zu vermitteln, und der Zuhörer konnte sich sogar in die Identität verschiedener dramatis personae der Oper versetzen lassen. Diese Variationen erreichte man durch die Resonatoren einer Kopfhaube, die in den Laser-Analysator geschaltet waren und sich auf die Alpha-, Beta- und Gamma-Hirnwellen des Zuhörers einstimmten.
    Während die Oper lief, schaltete Kussman den Identitätswähler hin und her. Zu Beginn war er der Dorfälteste, der verkündet, daß das Dorf bösen Zeiten entgegenblicke, wenn das alle zehn Jahre fällige Opfer nicht erneuert werde. Dabei hält er die Zehn Heiligen Annalen hoch, so daß die versammelten Dorfbewohner sie sehen können. Dann versetzte Kussman sich in die Kandidaten, während sie nacheinander von den Ältesten begutachtet wurden. Schließlich wurde einer von ihnen erwählt, der Prophet zu sein, und sogleich stieß man ihm den Dolch ins Herz und tötete ihn. Aber sein Geist war unsterblich und überquerte die Brücke, die sich zwischen Leben und Tod spannt.
    Dann tritt die Priesterin an die Brücke und bereitet sich darauf vor, den Propheten um diejenigen Dinge zu bitten, die das Dorf erretten werden. Sie singt:
     
    Was soll ich erbitten?
    Die Kranken, die Alten, die Armen,
    sie strecken ihre Hände aus zu mir.
    Doch eines weiß ich: Bitte ich um alles,
    bekomme ich nichts.
    Was soll ich erbitten?
     
    Darauf folgt ein Flötensolo, eine kurze, eindringliche, zarte Melodie. Sie ist eigentlich dazu gedacht, die Bitte der Priesterin einzuleiten, die der Komponist offensichtlich daran anschließen wollte. Aber unglücklicherweise war diese Melodie die letzte authentische Donnator-Komposition, denn just an dieser Stelle war der Musiker verstorben, und eine ganze Generation von Musikliebhabern war in brennender Spannung zurückgeblieben. Was hatte die Priesterin erbitten sollen? Niemand konnte es je in Erfahrung bringen.
    Es blieb dem Zuhörer überlassen, daß die Priesterin sich in Opernaufführungen (und -aufnahmen) an das Publikum wendet und ruft: „Was soll ich erbitten? Was braucht ihr?“ Der Zuhörer, der sich eine solche Aufnahme zu Hause anhört, soll an dieser Stelle selbst seine Wünsche aussprechen.
    Kussman war bereit. Mit fester Stimme sagte er: „Ich will einen Nobelpreis. Die Vizepräsidentschaft. Die ehrliche Zuneigung von Mr. Hedgewick. Mehr Geld. Mehr Untergebene. Und vor allem will ich, daß dieses Ungeheuer Serane auf einer Bananenschale ausrutscht und sich den Hals bricht.“
    In diesem Augenblick fiel das Audiomodul in seiner Haube aus und begann zu kreischen. Noch während er sich die Haube vom Kopf riß, zersprang die Perle in Millionen winziger Splitter, die sein überraschtes Gesicht nur deshalb nicht trafen, weil es hinter der Haube verborgen war.
    Was war schiefgegangen? Er hatte seine Wünsche ehrlich und aufrichtig vorgetragen. Er hatte zwar schon von solchen Mißgeschicken gehört und davon, daß sie sich genau an dieser Stelle der Aufnahme ereignet hätten, aber das war purer

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