Der Katalysator
mußte allmählich Pläne machen.
Die karbochemische Industrie in Texas stand noch immer in voller Blüte, nur beschäftigte sie sich inzwischen mit den Lignit-Lagerstätten im östlichen Texas und nicht mehr so sehr mit Öl oder Kohle. Es gab große Patentrechtskanzleien in Houston und Dallas. Er würde nach Texas zurückgehen.
25
Das Ende
Am nächsten Morgen rief Mrs. Pinkster ihn an.
„Können Sie heute nachmittag um zwei bei Dr. Kussman sein?“
„Ja.“
Vor einiger Zeit hatte er sich ein Putzmittel und ein paar alte Lappen mitgebracht. Jetzt trug er die Sachen hinauf ins Loch.
Er fing mit dem Schreibtisch an. Einen Augenblick später kam Evelyn Haslam hinzu. Sie nahm sich einen der Lappen und machte sich über das Fenster her. Ihr Gesicht war bleich und angespannt. Und dann erschien Carter Scott. Er hatte irgendwo einen Mop ausgegraben. Sie waren sich gegenseitig im Weg, aber das störte niemanden. Sie arbeiteten schweigend.
Fünf Minuten vor zwei sagte Paul: „Es ist wunderschön hier, Leute, aber ich muß euch jetzt verlassen. Ich habe eine Verabredung mit dem Küßchen.“
„Sollen wir Ihre Bücher und Unterlagen schon heraufbringen?“ fragte Scott.
„Ich habe noch keine offizielle Mitteilung bekommen“, antwortete Paul.
„Rufen Sie mich an, wenn Sie wieder draußen sind.“
„Okay.“
„Deutsche ist also nicht in die Berufung gegangen“, sagte Kussman.
„Nein.“
„Herzlichen Glückwunsch.“
„Danke.“
Zuerst spielen wir ein wenig Katz und Maus.
„Und jetzt, da dies alles ausgestanden ist“, meinte Kussman, „könnte ich mir vorstellen, daß Sie erheblich weniger Aktenraum, Arbeitsraum, Schreibraum und so weiter benötigen.“
Paul lächelte ihn an.
Auf Kussmans Wangen erschien ein leichtes Rosa. „Um es kurz zu machen, Blandford, wir brauchen Ihr Büro. Wir werden selbstverständlich irgendwo ein Plätzchen für Sie finden, das Ihrer verminderten Arbeitslast entspricht.“
Wenn ich jetzt sage, daß ich den HCN-Raum haben möchte, dachte Paul, dann wird er ihn mir nicht geben.
Kussman sah in erwartungsvoll an. „Für den Augenblick wäre es uns am liebsten, wenn sie in den HCN-Raum ziehen könnten.“
„Ja“, sagte Paul unverbindlich. „Ich werde meine Sachen sofort hinüberbringen.“
„Können Sie bis heute nachmittag umziehen? Wir würden gern anfangen, Ihr Büro zu renovieren.“
„Ja. Eine Bitte habe ich noch.“
„Welche?“
„Ich hätte gern ein paar Tage frei.“
„Urlaub?“
„Jawohl.“
„In Ordnung.“
Er stand auf, als sei er allein im Zimmer, und ging. Mrs. Pinkster blickte wütend hinter ihm her, denn er dachte nicht daran, die Türen hinter sich zu schließen.
Als alle anderen nach Hause gegangen waren (es war schon weit nach fünf Uhr und längst Feierabend), kehrte er in das Loch zurück und setzte sich dort an Seranes alten Schreibtisch, auf dem sich jetzt Bücher und Akten stapelten. Müßig zog er die unterste Schublade auf und nahm Seranes alten Aschenbecher heraus, einen Miniatur-Aschkessel aus Messing, in den der Name der Firma eingraviert war. Die Vertriebsabteilung hatte diese Dinger irgendwann einmal guten Kunden zu Weihnachten geschenkt. Der kleine Kessel war halb voll mit Asche. Er lächelte bitter. Das Gefäß war eine Zusammenfassung seines Jahres hier und eine Verhöhnung zugleich. Er stellte es zurück in die Schublade.
Gut oder schlecht, es war vorüber. Alles war getan, alles war erledigt. Vielleicht sollte er sich deprimiert fühlen, aber statt dessen fühlte er sich einer Last enthoben, er fühlte sich frei.
Er dachte an Mary und an einen Vers von Marlowe: Willst du, mein Lieb, dich an mich binden / so solln wir alle Freuden finden …
Erdrückende Gewichte hoben sich von seinen Gedanken und von seinem Herzen. Er atmete tief. Jetzt würde ein neues Leben beginnen. Es gab keinen Grund, hier noch länger herumzulungern. Er würde keine Sekunde mehr vergeuden.
Er erhob sich von dem alten Schreibtisch, verließ das kleine Büro und fuhr mit dem Aufzug zum Parkplatz hinunter. Während er vom Platz fuhr, warf er einen Blick zurück auf den blaßgelben Ziegelsteinhügel, der Upper Ashkettles war. Fast ein Jahr hatte er hier verbracht. Hier war er erwachsen geworden. Hier erst hatte er Billy verstanden, ihn und das, was er für ihn empfand. Jetzt war er frei, um an sich selbst zu denken und um seine eigene Zukunft zu gestalten. Er hatte wunderbare Freunde hier gefunden – und auch
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