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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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nächste Kneipe eingefallen.
    „Ich hab es dir doch gesagt, Valgare, damals als wir im Urwald von Kvay-Nan bis zum Hals in der Scheiße saßen“, grinste er triumphierend über den Rand seines Kruges hinweg Auric zu, „Inaim hält seine Hand über mich. Ich schaffe das, aus dem Dreck raus und ganz an die Spitze zu kommen.“
    Und Auric hatte in ihrer Mitte gesessen, mit den anderen Kudai zugeprostet und sich dabei herzlich für ihn gefreut. Und doch schien es ihm, als säße er in einem Kreis von Feiernden, alle von ihnen in einem hellen Licht – bis auf ihn. Nur auf ihn fiel ein Schatten, in dem er seltsam entrückt, wie in einer stillen Nische saß, in der die Zeit einen bedächtigeren Lauf nahm, wie in einem schwereren, düstereren Medium, staubdurchschwebt, während um ihn herum alles leichter und fließender flirrte. Wie einer, der stocknüchtern unter einer ganzen Horde von Betrunkenen sitzt. Und ihm war offenbar: Das, was ihn derart wie in einer unsichtbaren Zelle isolierte, war das Wissen um das Angebot des Heerespräfekten Makuvan.
    So saß er da, hob den Bierkrug auf Kudai – und schwieg. Denn das Letzte, was er wollte, war dem kleinen Kudai seinen Triumph zu verderben, indem er die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog, und den Erfolg des Kleinen dadurch zur Unerheblichkeit verpuffen ließ.  
    Dies war Kudais Abend; den wollte er ihm nicht nehmen.
    Und dann war da noch Nefraku.
    Er blickte in die Runde der Gesichter und spürte, wie sehr er Umanákhu vermisste. Es hätte eigentlich die vertraute Runde sein müssen, doch sie war es nicht. Weil Umanákhu fehlte. Und stattdessen sein Nachfolger, sein früherer Stellvertreter bei ihnen saß. Er vermisste Umanákhu nicht nur deshalb, weil er einer von denen unter seinen Offizieren gewesen war, die er am längsten kannte; er schon dabei gewesen war, als Auric noch nicht im idirischen Heer sondern noch in der Söldnerbruderschaft des Hauses Trevante gedient hatte. Vor allem aber vermisste er den habburanischen Hünen an seiner Seite wegen des Gefühls erdverbundener Sicherheit und Verlässlichkeit, das er ausgestrahlt hatte. Umanákhu schien unverwüstlich. Armbrustbolzen blieben in Holzplatten stecken, die er sich um die Brust band, Kinphauren, rote stahlgespickte Dämonen, blitzeschleudernde Wesen aus finsterster Vergangenheit konnten ihm nichts anhaben.
    Und trotzdem hatte schließlich ein eiserner Speer – höchstwahrscheinlich von dem berüchtigten Vanwe geschleudert – seinen Hals durchbohrt und ihn getötet, als er Auric im Kampf gegen Eisenkrone das Leben gerettet hatte.  
    Auric verscheuchte den Gedanken an all die anderen, die ebenfalls im Laufe der Jahre ihr Leben gelassen hatten, solche, deren Gesichter und Namen er kannte – Huon-Khau, Ni-Vannionn Jenric, Natter … – und eine ungleich größere Anzahl, die für ihn auf immer namenlos bleiben würden.  
    In einigen Kneipen wurden Auric und auch Jag von anderen Gästen, ebenfalls für ihn wahrscheinlich namenlos bleibenden Mitgliedern der Sechzehnten, erkannt – trotz ihrer schlichten rangabzeichenfreien Uniformen –, doch man ließ sie in Ruhe, nickte ihnen nur respektvoll von Ferne zu.
    Anders als sie wieder auf der Straße waren, sie vier, auf dem Weg zu einer anderen Kneipe.  
    Auric hatte sie schon von Weitem durch die Menge in ihre Richtung kommen sehen – eine der zahlreichen Patrouillen der Stadtmiliz, die für Ruhe und Sicherheit in diesem turbulenten Viertel sorgen sollten. Und ihm war klar, dass die gleiche Uniform – die der Sechzehnten, ohne Rangabzeichen – und das gleiche Erscheinungsbild – Soldaten, hartgesotten, narbengezeichnet – diesmal niemanden auf Abstand halten, noch ihnen Respekt einbringen würde, sondern höchstens eine strenge Kontrolle.
    So musterte er nur schweigend die durch das Menschengetümmel langsam auf sie zutreibende Gruppe von Milizionären. Jag gröhlte und palaverte weiter. Besser, ihn nicht aufmerksam zu machen – dann hatten sie vielleicht eine Chance unbehelligt zu bleiben. Nefraku entdeckte die Patrouille als nächster und hielt sich plötzlich auffällig kusch. Was Kudai erst auf die Milzionäre aufmerksam machte. Er grinste ihnen beim Näherkommen breit ins Gesicht. Der kleine Dreckskerl konnte einfach nicht gegen seine Natur an.
    „He, ihr da. Ja ihr!“
    Fast wären sie vorbei gewesen. Auf gleicher Höhe mit ihnen war der Hauptmann der Patrouille stehengeblieben und blickte sich nach ihnen um. Der Rest des Trupps, vier weitere

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