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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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erstechen.
    »Stellen Sie’s dahin. Vielleicht ess’ ich’s ja später.« Er hatte
seine Streichholzärmchen verschränkt. »Wenn mich die Verzweiflung packt.«
    »Mum sagt, sie will beim Sozialdienst anrufen«, sagte Anthony. »Sollen die sich um ihn kümmern.«
    Matt hatte es sich gerade auf dem Sofa gemütlich machen wollen, doch nun durchzuckte ihn ein Schreck. »Sei nicht blöd. Die würden ihn doch bloß in ein Heim stecken.«
    »Na und? Dann muss sich wenigstens mal jemand anders um ihn kümmern. Und ihn auf nicht vorhandene Druckstellen untersuchen. Seine Bettwäsche waschen und ihm zweimal am Tag eine warme Mahlzeit bringen!«
    Matts Erschöpfung war verflogen. Er sprang auf. »Er hat doch kein Geld, Laura! Die werden ihn zwingen, eine Hypothek auf sein Haus aufzunehmen, um fürs Pflegeheim zu bezahlen! Benutz doch gefälligst mal deinen Verstand!«
    Sie schaute ihn an. Sie war eine hübsche Frau, schlank und sportlich und erstaunlich beweglich für Ende dreißig. Doch nun war ihr Gesicht rot und trotzig, wie bei einem aufsässigen Kind. »Das ist mir egal. Ich sag’s dir, Matt, ich hab genug.«
    Mit zwei langen Schritten war er bei ihr und nahm sie in die Arme. »Komm, Schatz, er macht’s doch nicht mehr lange.«
    »Neun Jahre, Matt«, seufzte sie an seiner Brust. »Seit neun Jahren spiele ich jetzt schon seine unbezahlte Pflegerin. Als wir eingezogen sind, hast du gesagt, er lebt höchstens noch ein Jahr.«
    »Denk doch an das herrliche große Grundstück, den großen Garten, die Stallungen … Denk an das Esszimmer und daran, wie schön du es einrichten wolltest. Denk an uns, eine glückliche Familie, wie wir Arm in Arm vorm Haus stehen. Vor unserem großen, schönen Spanischen Haus …«
    Er schwieg, um das Bild, das er gezeichnet hatte, einsickern zu lassen, um sie daran zu erinnern, warum sie das alles machten.
    »Schau, der alte Trottel schafft’s kaum mehr aus dem Bett.
Der zerbröselt doch schon. Wirst sehen, das dauert nicht mehr lange. Und wen hat er denn schon, außer uns?« Er gab ihr einen Kuss aufs Haar. »Das mit dem Kredit geht klar, und Sven hat sogar schon die Pläne für uns gezeichnet. Ich kann sie dir nachher zeigen, wenn du willst.«
    »Da hörst du’s, Mum. So gesehen, was macht es schon, wenn er dir ab und zu auf die Tutteln glotzt?«, lachte Anthony. Seine Mutter schlug mit einem frisch gebügelten T-Shirt nach ihm und erwischte ihn am Ohr. Er zuckte jaulend zurück.
    »Hab Geduld, Liebes«, sagte Matt mit eindringlicher, einschmeichelnder Stimme. »Komm, Schatz, nur noch ein bisschen länger, hm?« Er spürte, wie ihr Körper weich wurde, und da wusste er, dass er sie hatte.
    Er drückte ihre Hüften, erlaubte seinen Fingern die Andeutung auf eine spätere, intimere Art von Entschädigung. Sie erwiderte seinen Druck. Da wünschte er, er hätte sich den kleinen Umweg zur Kellnerin vom Long Whistle heute ausnahmsweise mal verkniffen.
    Wird Zeit, dass du endlich abkratzt, du alter Trottel, beschwor er Pottisworth im Stillen. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalten kann.
     
    Unweit davon, auf der anderen Seite des Tals, lag der Alte in seinem Bett und schaute sich glucksend eine Sitcom an. Als die Sendung zu Ende war, warf er einen Blick auf die Uhr und legte seine Zeitung beiseite.
    Draußen schrie irgendwo eine Eule, und in der Ferne bellte ein Fuchs, der wohl sein Terrain sicherte. Kein großer Unterschied zwischen Mensch und Tier, wenn’s um die Verteidigung des eigenen Reviers geht, dachte der alte Mann zynisch. Dieser Fuchs, der Eindringlinge lautstark vertrieb und das Bein hob, um sein Revier zu markieren, war gar nicht so anders als Laura McCarthy mit ihren zwei warmen Mahlzeiten
pro Tag und ihrem Getue um saubere Bettwäsche und was noch alles. Auch sie hob sozusagen bloß das Bein.
    Er hatte Lust auf was Süßes. Mit einer Agilität, die seine Nachbarn erstaunt hätte, hüpfte er aus dem Bett und ging zu dem großen Schrank, in dem er all seine kleinen Schätze versteckte. All die Sachen, die Byron ihm auf Anweisung aus dem Ort mitbrachte. Er öffnete die Tür und tastete hinter Büchern und Akten herum. Dann schloss er die Hand um etwas Längliches. Fühlte sich an wie ein KitKat. Voller Vorfreude auf den Geschmack schmelzender Schokolade nahm er es heraus. Fragte sich dabei, ob es sich wohl lohnte, seine Zähne noch mal reinzutun.
    Aber zuerst schloss er sorgfältig wieder die Schranktür zu. Es war besser, seine Vorräte vor Laura McCarthy geheim zu

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