Der kleine Drache Kokosnuss - Siegner, I: Der kleine Drache Kokosnuss

erforschen«, flüstert er und marschiert an der Drachenbucht entlang in Richtung Osten.
    Kaum hat Kokosnuss den Dschungel betreten, wird es dunkel. Es ist doch noch nicht Abend, wundert er sich.
    Abend ist es zwar wirklich nicht, doch die Bäume sind so grün und so dicht, dass fast kein Sonnenstrahl bis zum Boden dringt. Bald haben sich Kokosnuss’ Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Die Bäume sind höher als Feuerdrachen, manche Blätter sind größer als er selbst. Dicke Lianen hängen von den Baumwipfeln herab und der Boden ist ganz feucht und weich vor lauter Pflanzengrün. So viel Grün hat Kokosnuss noch nie gesehen: hellgrün, dunkelgrün, braungrün, gelbgrün, rotgrün, buntgrün … Aber was
Kokosnuss gar nicht erwartet hatte: Hier ist mehr Krach als auf einem Drachenfest! Aus jedem Winkel dringen Geräusche: Flöten, Pfeifen, Krächzen, Singen, Zischen, Krachen, Knacken, Zirpen, Piepsen, Rufen, Kreischen, Schleichen, Schlängeln – und plötzlich: ein durchdringendes Gebrüll! Kokosnuss zuckt zusammen. Mit einem Mal ist alles still – kein Laut ist mehr zu hören.
    Was war das?
    Wieder Gebrüll. Ganz in der Nähe. Dann ein Rascheln und Knacken. Diesmal ganz nahe. Kokosnuss zittert am ganzen Leib. Da springt ein riesiger Tiger aus dem Dickicht.
    »Was willst du hier?«, brüllt der Tiger. »Im Dschungel habt ihr Drachen nichts verloren! Das ist mein Revier! Verschwinde! Wenn ich dich noch einmal hier sehe, dann fress ich dich auf!«
    Und noch ehe Kokosnuss auch nur Piep sagen kann, ist der Tiger verschwunden.
    »So was Dummes!«, ärgert sich Kokosnuss. Und am meisten wurmt es ihn, dass er immer noch zittert wie Wackelpudding. Dabei ist er doch ein unbesiegbarer Feuerdrache und dieser Tiger ist nur ein blöder Tiger. Eins ist sicher: Beim nächsten Mal wird er den Tiger erschrecken – aber richtig! Doch jetzt knurrt ihm der Magen und so macht sich Kokosnuss auf den Rückweg. Aber wo ist der Rückweg? Wohin er sich auch dreht, alles sieht gleich aus. Grün, grün und noch mal grün. Also entscheidet sich Kokosnuss einfach für eine Richtung und marschiert los. Er marschiert und marschiert. Immer weiter durch das Grün hindurch. Doch er findet einfach nicht hinaus aus dem Großen Dschungel.

    Bald setzt er sich erschöpft an den Fuß eines großen Baumes. Was mach ich jetzt nur? Was, wenn ich hier nie wieder herausfinde? Da ist
plötzlich ein kleiner Kloß in seinem Drachenhals, und wie ein unbesiegbarer Feuerdrache fühlt er sich sowieso nicht mehr, eher wie ein kleines Häufchen Drachenelend. Und sein Magen ist so leer wie eine leer getrunkene Kokosnuss. Ach, Kokosnüsse! Und schon sind ihm die Augen zugefallen und er träumt von wunderbaren, gerösteten Kokosnüssen.
     
    »Hilfe! Hilfe!!! Quiiiik! Quiiiik!!!«
    Kokosnuss schreckt hoch. Was war das?
    »Quiiiik! Quiiiiiik!!! Hilfe! Hilfe!!!«
    Er springt auf und läuft in die Richtung, aus der die seltsamen Hilferufe kommen.
    Da erblickt er eine große Würgeschlange, die gerade ein Dschungeltier fressen will. Als die Schlange Kokosnuss bemerkt, zischt sie: »Hau ab, du Drachenfurz!«
    Jetzt ist es aber genug, denkt Kokosnuss wütend, holt tief Luft und stößt einen kräftigen Feuerstrahl direkt auf den dicken Schlangenkörper. Die Schlange kreischt auf, wirbelt viermal im Kreis herum und zischt jaulend ab ins Gebüsch.

    »Oh hunderttausendmillionsten Dank!«, sagt das merkwürdige Dschungeltier.
    »Wer bist denn du?«, fragt Kokosnuss.
    »Ich bin Matilda, das Stachelschwein«, sagt das Tier. »Und wer bist du?«
    »Kokosnuss, der Feuerdrache«, sagt Kokosnuss.
    »Wow! Superschickischnacki!«, ruft Matilda, »ein richtiger unbesiegbarer Feuerdrache!«
    Kokosnuss wird rot. »Na ja … ich tue, was ich kann.«
    »Sei nicht so bescheiden! Du hast gerade die große Würgeschlange in die Flucht geschlagen!«
    Kokosnuss ist jetzt so rot wie eine reife Riesentomate.
    »Sag einmal, Matilda, weißt du den Weg zur Drachenbucht?«
    »Ha! Da hast du aber Glück! Niemand kennt die Insel besser als Matilda, das großartige Stachelschwein!«, sagt Matilda und marschiert schnurstracks drauflos. So flink, dass Kokosnuss sich beeilen muss, ihr zu folgen.
     
    Und wirklich – bereits nach kurzer Zeit liegt die Drachenbucht vor ihnen, und dahinter sieht Kokosnuss schon das Höhlengebirge, das Zuhause der Feuerdrachen.
    »Ich gehe wieder in den Dschungel zurück«, sagt Matilda, »da fühle ich mich am wohlsten. Schlange hin, Schlange her.«
    »Und auf mich warten