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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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das Motorengeräusch des Wagens war lauter geworden, so als hallte es von nahen Wänden wider.
    Dann war der Kofferraum des Taxis geöffnet worden, und der Mann hatte sie herausgezerrt. Er hatte ihr den Diamantring vom Finger gerissen und ihn eingesteckt. Dann hatte er sie an allerlei Wandbildern vorbeigeführt, grusligen Gesichtern, die sie mit ausdruckslosem Blick anstarrten: ein Schlachter, ein Teufel, drei armselige Kinder - alle auf den abbröckelnden Putz gemalt. Hatte sie in einen schimmligen Keller gezerrt und zu Boden gestoßen. Sie hatte gehört, wie er nach oben ging, sie im Dunkeln zurückließ, in diesem widerlichen Geruch - nach verfaultem Fleisch, nach Müll. Seit Stunden lag sie nun schon da, hatte ein bißchen geschlafen und viel geweint. Ein lautes Geräusch hatte sie geweckt. Ein trockener Knall. Ganz in der Nähe. Dann hatte sie wieder eine Zeitlang unruhig geschlafen.
    Vor einer halben Stunde war er zurückgekommen. Hatte sie wieder in den Kofferraum steigen lassen und war etwa zwanzig Minuten durch die Gegend gefahren. Hierher. Wo immer das auch sein mochte.
    Jetzt gingen sie in einen düsteren Keilerraum. In der Mitte befand sich ein dickes schwarzes Rohr. Er kettete sie mit den Handschellen daran fest, ergriff dann ihre Füße und zog sie nach vorn, so daß sie aufrecht saß. Er kauerte nieder und band ihre Beine mit einem dünnen Seil zusammen - es dauerte ein paar Minuten, denn er hatte Lederhandschuhe an. Dann stand er auf, betrachtete sie eine Zeitlang, bückte sich und riß ihre Bluse auf. Er trat hinter sie, und sie keuchte, als sie seine Hände auf ihrer Schulter spürte, wie sie tasteten, ihre Schulterblätter abdrückten.
    Sie weinte, flehte ihn stumm an.
    Ahnte, was ihr bevorstand.
    Die Hände schoben sich tiefer, an ihren Armen entlang, glitten über ihren Bauch. Aber er faßte ihr nicht an die Brüste. Nein, seine Finger, die wie Spinnenbeine über ihre Haut wanderten, schienen vielmehr ihre Rippen zu suchen. Er betastete und streichelte sie. T. J. erschauderte und versuchte sich loszureißen. Er hielt sie fest und betastete sie weiter, drückte zu, prüfte, inwieweit die Knochen nachgaben.
    Er stand auf. Sie hörte, wie sich seine Schritte entfernten. Eine ganze Zeitlang herrschte Stille, vom Ächzen der Klimaanlage und der Fahrstühle einmal abgesehen. Dann entfuhr ihr ein erschrecktes Schnauben, als sie unmittelbar hinter sich ein Geräusch hörte. Dann noch einmal. Wuschsch. Wuschsch. Sehr vertraut, aber sie konnte es nicht recht einordnen. Sie versuchte sich umzudrehen, wollte sehen, was er machte, aber es ging nicht. Was war das? Sie lauschte auf das rhythmische Geräusch, wieder und immer wieder. Und mit einemmal war ihr, als wäre sie wieder daheim bei ihrer Mutter.
    Wuschsch. Wuschsch.
    Samstag morgen in dem kleinen Bungalow in Bedford, Tennessee. Der einzige Tag, an dem ihre Mutter nicht arbeiten ging, und daher ihr Putztag. Wenn T. J. von der heißen Sonne geweckt wurde, kam sie immer gleich in die Küche gestolpert, um ihrer Mutter zu helfen. Wuschsch. Sie weinte beim Gedanken daran, horchte zugleich auf das Geräusch und fragte sich, wieso, um alles auf der Welt, er so sorgfältig und peinlich genau den Boden fegte.
    Er sah ihnen am Gesicht an, wie überrascht sie waren und wie unwohl sie sich fühlten.
    Was bei Polizisten, die bei der Mordkommission von New York City beschäftigt waren, eher selten vorkam.
    Lon Sellitto und der junge Banks (Jerry, nicht Ernie) setzten sich auf zwei staubige, unbequeme Rattansessel, auf die Rhyme mit seinem verwuschelten Kopf gedeutet hatte.
    Rhyme hatte sich erheblich verändert, seit Sellitto ihn zum letztenmal gesehen hatte, und der Detective konnte sein Erschrecken nur schwer verhehlen. Banks wußte nicht so recht, wie er das Bild, das sich ihm bot, beurteilen sollte, doch der Anblick schockierte ihn nichtsdestoweniger. Das verlotterte Zimmer, der ungepflegte Kerl, der sie argwöhnisch musterte. Und dann auch noch der Geruch - ein fauliger Gestank, der das Wesen umgab, das Lincoln Rhyme heute war.
    Er bereute es zutiefst, daß er sie zu sich gelassen hatte.
    »Warum hast du nicht vorher angerufen, Lon?«
    »Weil du gesagt hättest, wir sollen nicht herkommen.«
    Wohl wahr.
    Thom kam die Treppe hoch, und Rhyme kam ihm zuvor: »Nein, Thom, du wirst nicht gebraucht.« Ihm war eingefallen, daß der junge Mann die Gäste immer fragte, ob sie etwas zu essen oder zu trinken wollten.
    Verdammt, ganz die perfekte Gastgeberin.
    Einen Moment

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