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Der Knochenjäger

Titel: Der Knochenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Arbeitstier. Er war einer von rund hundert Detectives Ersten Grades, und zwar schon seit vielen Jahren - man hatte ihm diesen Rang verliehen, als man ihn noch für besondere Verdienste bekam und nicht aufgrund der Dienstjahre. Er hatte nahezu achtzig Stunden die Woche gearbeitet. Rhyme hatte nicht einmal gewußt, daß er verheiratet war, als sie zum erstenmal ein paar Monate lang zusammengearbeitet hatten.
    »Wo wohnst du jetzt ?« fragte Rhyme, der darauf hoffte, daß ihnen die Lust auf alles weitere verging, wenn er über private Angelegenheiten plauderte, und er sie auf diese Weise abwimmeln konnte.
    »Brooklyn Heights. Manchmal geh' ich zu Fuß zur Arbeit. Weißt du noch, wie ich ständig irgendwelche Fastenkuren gemacht habe? Fasten bringt gar nichts. Fit muß man sich halten.«
    Er wirkte weder dicker noch dünner als vor dreieinhalb Jahren. Oder vor fünfzehn Jahren.
    »Ein Arzt also«, sagte Banks, der ewige Student, »haben Sie gesagt. Wegen einer ...«
    »Einer neuen Behandlungsmethode?« beendete Rhyme die unvollständige Frage. »Genau.«
    »Viel Glück.«
    »Danke vielmals.«
    Es war 11 Uhr 36. Der Vormittag war eindeutig vorbei. Säumigkeit ist bei einem Mediziner unverzeihlich.
    Er sah, wie Banks zweimal seine Beine betrachtete. Er ertappte den pickligen Jüngling noch einmal dabei und war nicht weiter überrascht, als er errötete,
    » Daher«, sagte Rhyme, »habe ich leider keine Zeit, euch zu helfen.«
    »Aber noch ist er nicht da, der Doktor, oder?« fragte Lon Sellitto im gleichen unnachgiebigen Tonfall, mit dem er für gewöhnlich die Ausflüchte von Verdächtigen zerpflückte.
    Thom tauchte mit einer Kaffeekanne unter der Tür auf.
    Pfeife, murmelte Rhyme tonlos.
    »Lincoln hat vergessen, den Herrschaften etwas anzubieten.«
    »Thom behandelt mich wie ein Kind.«
    »Wem das Pantöffelchen paßt«, entgegnete Thom.
    »Na schön«, blaffte Rhyme. »Nehmt euch Kaffee. Ich trinke derweil einen Schluck Muttermilch.«
    »Zu früh«, sagte Thom. »Die Bar hat noch nicht geöffnet.« Und wacker hielt er Rhymes finsterer Miene stand.
    Wieder ließ Banks den Blick über Rhymes Körper schweifen. Vielleicht hatte er nichts als Haut und Knochen erwartet. Doch der Muskelschwund hatte nicht lange nach dem Unfall aufgehört, und sein erster Physiotherapeut hatte bis zur Erschöpfung Gymnastik mit ihm getrieben. Auch Thom, der manchmal zwar eine Pfeife sein mochte und sich mitunter wie eine alte Glucke aufführte, war ein verdammt guter Physiotherapeut. Jeden Tag unterzog er Rhyme einem passiven reziproken Bewegungsprogramm. Prüfte sorgfältig die Krampfneigung der Muskulatur, während er mit Armen und Beinen in steter Abfolge Abduktions- und Adduktionsübungen durchführte. Das reziproke Durchbewegen wirkte keine Wunder, aber es baute einen gewissen Tonus auf, half unwillkürliche Muskelkontraktionen unterbinden und sorgte für eine gute Durchblutung. Für jemanden, dessen Muskeltätigkeit seit dreieinhalb Jahren auf Schulter, Kopf und linken Ringfinger beschränkt war, war Lincoln Rhyme gar nicht so schlecht in Form.
    Der junge Detective konnte sich nur mühsam von dem schwarzen Kasten losreißen, einem komplizierten elektronischen Steuerpult, das neben Rhymes Ringfinger stand und an ein weiteres Gerät angeschlossen war, von dem aus allerlei Kabel und Leitungen zu einem Computer und einer Schalttafel an der Wand führten.
    Kabel, so hatte ein Therapeut Rhyme vor langer Zeit erklärt, sind für einen Querschnittsgelähmten der Inbegriff des Lebens. Jedenfalls bei den Reichen. Den Glücklichen.
    »Heute morgen gab es an der West Side einen Mord«, sagte Sellitto.
    »Wir haben Hinweise erhalten, wonach letzten Monat einige obdachlose Männer und Frauen verschwunden sind«, sagte Banks. »Zuerst dachten wir, es handle sich möglicherweise um einen von ihnen. Aber dem war nicht so«, fügte er theatralisch hinzu. »Das Opfer ist einer dieser Leute von gestern nacht.«
    Mit ausdrucksloser Miene schaute Rhyme den jungen Mann mit dem verunstalteten Gesicht an. »Dieser Leute?«
    »Er sieht sich keine Nachrichten an«, sagte Thom. »Falls Sie von der Entführung sprechen - er hat nichts davon mitbekommen.«
    »Du schaust dir die Nachrichten nicht an?« Sellitto lachte. »Du warst doch der Spinner, der täglich vier Zeitungen gelesen und die Lokalnachrichten aufgezeichnet hat, damit er sie angucken kann,
    wenn er nach Hause kommt. Blainc hat mir erzählt, daß du sie eines Nachts mal mit irgendeiner Nachrichtentante

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