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Der Knochenmann

Der Knochenmann

Titel: Der Knochenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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Gebiß hat, eine komplette Zahnprothese. Weil so ein Tormann lebt natürlich gefährlich.
    «Zeitung schreiben: Held von Klöch», sagt der Brenner.
    «Ich nix Held.»
    «Aber Zeitung schreiben!»
    Jetzt der Tormann wieder ein breites Grinsen. Seine Zahnprothese ist so locker gesessen, daß sie immer verrutscht ist, wenn er gegrinst hat. Und man hat richtig in einen Spalt hineinschauen können zwischen dem echten Zahnfleisch und den falschen Zähnen. Jetzt sage ich aber nichts mehr, was den Tormann zum Grinsen bringt, hat sich der Brenner gedacht. Aber was willst du machen, der Jugo-Goalie hat sich immer noch so über den Cupsieg gefreut, und ohne daß der Brenner überhaupt ein Wort sagt, grinst er schon wieder über das ganze Gesicht und sagt: «Oberwart nix Tor, Verlängerung auch nix Tor. Elfmeterschießen –»
    «Du Held von Elfmeterschießen!»
    Und natürlich – ein Grinsen und kein Kukident weit und breit: «Oberwart drei Elfer verpudern!»
    So sind die Leute. Statt daß sie ordentlich reden mit den Ausländern, bringen sie ihnen die schmutzigsten Wörter bei.
    Der Brenner ist ein paar Schritte näher zum Tormann gegangen, und obwohl er aufgepaßt hat, daß er auf keinen Knochen steigt, hat es schon unter seinem linken Fuß gekracht.
    «Du aufsteigen zweite Runde!»
    «5000 Schilling Prämie», lächelt der Tormann.
    «Du bald Millionär.»
    «Ich zehn Jahre vorher Millionär. Erste Liga jugoslawisch. Ich große Auto, aber alles Geld –»
    «Verpudern, ich wissen.»
    «Nix verpudern! Haus bauen. Schöne Haus. Fast fertig. Aber Tormann immer gefährlich. Stürmer brutale Sau. Mein Kopf geschossen statt Ball. Ich alles gebrochen, Kopf kaputt. Ich geschlafen drei Monate. Alles flicken, alles Silberplatte. Ich nix mehr spielen erste Liga. Ich Klöch spielen. Klöch gut. 2000 Schilling Fixum. Ich Geld heimschicken, Haus weiterbauen. Ich bald vierzehn Jahre alt.»
    «Vierzig.»
    «Ja, vierzig, nix vierzehn. Vierzig! Ich bald Klöch auch nix mehr spielen. Dann Scheiße. Aber noch gehen. Noch!»
    «Noch Oberwart nix Tor!»
    «Noch! 5000 Schilling Prämie heimschicken.»
    «Du Held.»
    «Ich nix Held», hat der Brenner noch gehört und dann das fürchterliche Kreischen von der Knochenmehlmaschine, wie der Jugo endlich seine Gerippe hineinstopft.
    Das hat den Brenner jetzt wieder daran erinnert, wie gestern noch der hinterste von den 3500 Zuschauern die Knochen von dem Oberwarter Stürmer krachen gehört hat. Nur hat es jetzt umgekehrt geklungen. Also wenn du dir vorstellst, du stehst da als Stürmer am Rasen und auf einmal hörst du, wie den 3500 Zuschauern alle Knochen brechen, ungefähr so ein Geräusch ist das gewesen, also nicht sehr angenehm, das muß man schon sagen.
    Jetzt hat sich der Brenner schnell verzogen, weil erstens der Riesenlärm, und zweitens hat er endlich mit der Chefin reden wollen. Er hat sich gedacht, was schnüffle ich da bei den Hendlknochen herum, wenn ich noch nicht einmal einen richtigen Auftrag habe.
    Aber wie er hinaufkommt, ist die Chefin natürlich immer noch nicht da. Da ist dem Brenner von einer Sekunde auf die andere der Kragen geplatzt. Und ich muß ehrlich sagen, ich kann ihn verstehen. Da ruft dich eine an, bestellt dich her, und dann kommst du, und sie ist nicht da.
    Er ist hinauf in sein Zimmer, und nach zwei Minuten hat er seine Sachen gepackt gehabt. Weil so ist es einmal mit den gutmütigen Menschen: Wenn sie einen Zorn haben, ist nichts mehr zu machen.
    Aber es wäre nicht der Brenner gewesen, wenn ihm nicht was dazwischengekommen wäre. Wie er schon am Parkplatz draußen steht, denkt er sich, der alte Löschenkohl, das ist ein anständiger alter Mann, der ist gestraft genug, und von dem verabschiede ich mich jetzt noch schnell.
    Ihm ist noch aufgefallen, daß ein einziges Auto vor der Tür gestanden ist, ein silbergraues Angeberauto, weil natürlich am Vormittag nichts los. Und wie er wieder hineingeht, hört er schon am Gang zum Speisesaal lautes Geschrei, und wie er die Speisesaaltür aufmacht, sieht er die Kellnerin und den alten Löschenkohl und einen unbekannten Mann, der überhaupt nicht wie ein Porschefahrer ausgesehen hat. Jetzt wirst du sagen, wie sieht ein Porschefahrer aus. Jedenfalls nicht wie dem Löschenkohl sein Sohn.
    «Meine Frau ist verschwunden!» schreit er gleich den Brenner an.
    «Sie sind –»
    «Löschenkohl», sagt der Sohn vom Löschenkohl und gibt dem Brenner die Hand. «Sie wissen auch nicht, wo meine Frau ist?»
    Dem Brenner ist aufgefallen,

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