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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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wohnlich gewordenen Büro eröffnete ihm Andrea, dass sie vorhabe, mit Makeda zwei Wochen zu verreisen.
    »Und wer soll dich vertreten?«, fragte er.
    »Ich dachte, vielleicht fragst du deine Freundin?«
    »Sandana? Du bist verrückt geworden.«
    »Weshalb? Sie ist hübsch und nicht auf den Kopf gefallen.«
    »Sie ist eine tamilische Frau. Eine tamilische Frau arbeitet nicht im Sexmilieu.«
    Makeda hatte bis jetzt geschwiegen. Jetzt lachte sie. »Eine äthiopische Frau auch nicht.«
    »Und ein tamilischer Mann?«, erkundigte sich Andrea.
    »Auch nicht«, räumte Maravan ein.
    »Und weshalb tust du es dann?«
    »Weil ich das verdammte Geld brauche.«
    Andrea erschrak, Maravan wurde sonst nie laut. »Dann sagen wir eben alle Termine ab, und du machst auch frei«, schlug sie vor.
    »Das kann ich mir nicht leisten«, brummte Maravan.
    »Wir haben doch gut verdient. Du hast doch bestimmt genug auf der Seite für zwei Wochen.«
    Dieser Satz bewirkte, dass Maravan seine Situation offenlegte.
    Beide Frauen hatten schweigend zugehört. Schließlich stellte Andrea fest: »Das heißt, du wirst erpresst.« »Nicht nur. Sie helfen mir auch.« »Inwiefern?«
    Maravan erzählte von Ulagu. Wie er sich als Black Tiger beworben hatte und wie die beiden verhindert hatten, dass er angenommen wurde.
    »Und das glaubst du denen?« Makeda stellte die Frage.
    Er gab keine Antwort.
    »Trau keinem, der Kinder in den Krieg schickt.«
    Maravan sagte noch immer nichts.
    »Männer«, sagte Makeda und tat, als stecke sie sich den Finger in den Hals. »Verzeih, Maravan. Männer und Krieg und Geld. Ich könnte nur noch kotzen.«
    Andrea nahm das Stichwort auf. »Und doch verbringst du ganze Nächte mit einem, dessen Geschäftsbeziehungen Waffen an die Befreiungstiger und die sri-lankische Armee verscherbeln.«
    Makeda stand wortlos auf und verließ das Zimmer. Andrea blieb trotzig sitzen.
    »Dalmann?«, fragte Maravan nach einem Moment.
    »Natürlich.«
    »Er hat auch mit dem Pakistani zu tun?«
    Andrea nickte. »Du auch. Du hast für den gekocht.«
    »In St. Moritz.« Es klang nicht nach einer Frage. Es war die Bestätigung einer bösen Ahnung. »Aber ich wusste es nicht.«
    »Jetzt weißt du es. Und Makeda weiß es auch. Und jetzt?«
    »Ich koche nicht mehr für den.«
    »Okay. Und sonst?«
    Makeda war unbemerkt wieder hereingekommen. Sie trug Mantel, Kopftuch, Handschuhe.
    »Und du?«, fragte Andrea. »Wie weiter mit Dalmann?«
    »Abwarten.« Sie küsste Andrea auf die Wange, tätschelte Maravans Scheitel und ging.
     

45
    Eine kalte, stürmische Nacht, Regen gemischt mit Schnee. Bis zur Tramstation waren es fünf Minuten zu Fuß. Maravan hatte die Fäuste in den Taschen seiner Lederjacke vergraben und den Kopf mit der Wollmütze zwischen die Schultern gezogen.
    Es stimmte also. Dalmann hatte mit den Leuten zu tun, die Armee und Befreiungstiger mit Waffen belieferten. Und weshalb sollte er mit denen zu tun haben, wenn er nicht in deren Geschäfte verwickelt wäre. Sandana hatte recht: Das Geld, das er seiner Familie schickte, stammte möglicherweise aus den Gewinnen, die einer damit machte, dass er Maravans Landsleuten dabei half, sich gegenseitig umzubringen. Und das Geld, mit dem er die LTTE unterstützte, stammte womöglich von der LTTE, die es wiederum von Leuten wie Maravan...
    In seinem Kopf drehte sich alles. Er hatte die Haltestelle erreicht, aber er ging weiter. Die Vorstellung, jetzt in einem Tram zu sitzen, als ob nichts wäre, versetzte ihn in Panik.
    Die Straße war menschenleer. In langen Abständen fuhren Autos vorbei. Dunkel standen die Häuser mit geschlossenen Läden und Vorhängen. Maravan ging schnell mit weit ausholenden Schritten. Wie ein Verbrecher auf der Flucht, dachte er. Und so fühlte er sich auch.
    Es dauerte fast eine Stunde, bis er zu Hause ankam, durchnässt und außer Atem. Er machte Feuer in seinem Ölofen, zog einen Sarong und ein frisches Hemd über, zündete die Deepam vor dem Hausaltar an, klingelte mit der Tempelglocke und machte seine Puja.
    Als er sie beendet hatte, wusste er, was er zu tun hatte. Gleich am nächsten Tag würde er zu Andrea gehen und kündigen. Es reichte nicht, sich zu weigern, für Dalmann zu arbeiten. Es gab viele Dalmanns in diesen Kreisen. Wenn er sicher sein wollte, sauber zu bleiben, musste er Schluss machen.
    Er würde Thevaram und Rathinam mitteilen, dass er sein Stempelgeld wieder selber benötige, weil er seinen Mahlzeitenservice ab sofort aufgebe.
    Es war nach ein Uhr früh,

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