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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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von Pongal her kannte: rebellisch und resigniert. Sie reichte ihm die jüngste Ausgabe vom
Freitag.
»Seite zwölf«, sagte sie nur.
    Maravan las den Bericht und studierte das Bild von Kazi Razzaq neben den inzwischen bekannten von Waen und Carlisle. Als er fertig war, wandte er den Blick zu Sandana, die ihn erwartungsvoll beobachtet hatte.
    »Und?«, fragte sie.
    »Waffenschieber«, antwortete er schulterzuckend. »Die arbeiten nun einmal nicht nach moralischen Prinzipien.«
    »Das ist mir auch klar. Aber Köche. Köche sollten schon ein wenig darauf achten, für wen sie kochen.«
    Jetzt erst merkte er, worauf sie hinauswollte. »Sie meinen wegen diesem Dalmann.«
    Sandana nickte entschieden. »Wenn er mit dem Amerikaner und dem Thailänder zu tun hat, dann bestimmt auch mit dem Pakistani.«
    Etwas ratlos zuckte Maravan wieder mit den Schultern. »Schon möglich.«
    Sandana sah ihn ungläubig an. »Ist das alles? Der Mann hat mit Typen zu tun, die die Waffen liefern, mit denen sich unsere Leute gegenseitig umbringen, und Sie kochen für den?«
    »Ich wusste es nicht.«
    »Und jetzt, wo Sie es wissen?«
    Maravan dachte nach. »Ich bin Koch«, antwortete er schließlich.
    »Köche haben auch ein Gewissen.« »Davon kann man nicht leben.«
    »Aber verkaufen kann man es auch nicht.«
    »Wissen Sie, was ich mit dem Geld mache?« Maravan klang jetzt gereizt. »Ich unterstütze meine Familie und den Befreiungskampf.«
    »Mit dem Geld der Waffenschieber unterstützen Sie den Befreiungskampf. Toll.«
    Er stand auf und sah wütend auf sie hinunter. Aber Sandana nahm seine Hand und zog ihn zurück auf die Bank. Er setzte sich und nahm das Sandwich, das sie ihm reichte.
    Eine Weile aßen sie stumm. Dann sagte er halblaut: »Er war nur ein einziges Mal Gast. Er ist mehr so der Vermittler.«
    Sandana legte ihre leichte Hand auf seinen Unterarm. »Entschuldigung. Ich weiß ja auch nicht, wem ich Ferienreisen verkaufe.«
    »Aber wenn Sie es wüssten?«
    Sandana überlegte. »Ich glaube, ich würde mich weigern.« Maravan nickte. »Ich glaube, ich auch.«
     
    Makeda hätte vielleicht nichts weiter von der Pakistan-Connection mitbekommen, wenn Dalmann sie nicht wieder einmal für einen seiner »ganz normalen Abende zu Hause« gebucht hätte.
    Er hatte Lourdes beauftragt, einen kalten Imbiss für zwei vorzubereiten. Dieser bestand in der Regel aus gemischtem Aufschnitt, kaltem gebratenem Huhn, kalten gegrillten Chipolatas, einer gekochten Schweinshaxe, genannt Gnagi, Kartoffelsalat und grünem Salat. Dazu trank er einen eisgekühlten Landwein aus der Gegend, den er mit ein paar Fläschchen Bier abrundete. Makeda blieb beim Champagner.
    Sie aßen im Wohnzimmer, sprachen nicht viel, zappten sich durch die Fernsehprogramme und gingen früh zu Bett.
    An diesem ganz normalen Abend griff sie sich während des tv-Essens eine der Zeitungen, die auf einem Rauchtischchen lagen, und blätterte, mit vollem Mund kauend, darin. Sie hatte die drei Fotos gedankenlos überblättert. Erst ein paar Seiten später hielt sie inne und blätterte zurück.
    Zwei der Porträts waren ihr bekannt: Carlisle und Waen. Das dritte kannte sie noch nicht. Das heißt: Das Bild kannte sie noch nicht, den Mann schon. Er war einer der Pakistaner vom Essen in St. Moritz. Jetzt entzifferte sie, dass er Kazi Razzaq hieß und Waffeneinkäufer war.
    Er verkaufte Waffen an die sri-lankische Armee. Und auch ihn hatte sie bei einer Gelegenheit kennengelernt, die Dalmann arrangiert hatte. Dalmann und sein seltsamer Mitarbeiter Schaeffer.
    Sie sah zu Dalmann hinüber, der vornübergebeugt auf einem Sofa saß und schwer atmend sein Gnagi ausbeinte. »Hoffentlich erstickst du daran«, murmelte sie.
    Dalmann drehte sich lächelnd zu ihr. »Was hast du gesagt, Darling?«
    »Dass du es dir schmecken lassen sollst, Honey.«
     
    Sie hielt sich ans Zeremoniell, stand plötzlich auf, sagte: »Ich geh schon mal vor«, küsste ihn auf die Stirn, ging die Treppe hinauf ins Schlafzimmer und ließ dabei wie zufällig die Tür einen Spaltbreit offen.
    Dalmann folgte ihr leise und beobachtete durch den Türspalt, wie sie sich aufreizend langsam auszog und im Bad verschwand, dessen Tür sie ebenfalls offen ließ. Durch diesen beobachtete er sie, wie sie sich duschte, einseifte, abspülte, abtrocknete und ausgiebig eincremte.
    Aber diesmal ließ sie ihm keine Zeit, aus dem Schlafzimmer zu huschen, bevor sie zurückkam. Plötzlich trat sie aus der Tür, zog ihn bei der Krawatte zum Bett und

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