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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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dem Tisch an. Ein Asiate mit Brille und ein fleischiger Amerikaner blickten sie an.
    »Kein Zweifel. Und wisst ihr, wer das Date arrangiert hat?« Makeda wartete nicht ab, bis jemand einen Vorschlag machte. »Dalmann und Schaeffer.«
     
    »Verzeihen Sie, dass ich mich schlecht benommen habe«, sagte Sandana. Sie standen im Schutz eines Wartehäuschens an einer Tramstation auf der Zwölferlinie. Sandana musste hier umsteigen, Maravan hatte seine Fahrt unterbrochen, um mit ihr auf ihr Tram zu warten. Es war kalt und stürmte immer noch in wütenden Böen.
    »Sie haben sich nicht schlecht benommen. Sie hatten recht.«
    »Wer sind Dalmann und Schaeffer?« »Kunden.«
    »Von Ihnen oder von Makeda?« »Von beiden.«
    »Warum nennen Sie sich
Love Food?«
    Den ganzen Abend über hatten Andrea und Makeda den Namen benutzt, als wäre er eine allen geläufige Marke wie McDonald's oder Mövenpick. Er hatte sich schon gewundert, weshalb Sandana die Frage nicht schon beim Essen gestellt hatte. »Ist doch ein guter Name«, war seine Antwort.
    Sandana lächelte. »Ach, Maravan, sagen Sie schon.«
    Er sah in die Richtung, aus der ihr Tram kommen sollte. Nichts zu sehen. »Ich koche so...«, er suchte nach dem richtigen Wort, »... anregende Menüs.«
    »Appetitanregende?«
    Maravan wusste nicht, ob sie ihn auf den Arm nahm. »Irgendwie schon«, antwortete er verlegen. »Und wo haben Sie das gelernt?« »Von Nangay. Alles von Nangay.«
    Eine Böe fegte in die Zeitungskästen und wirbelte ein paar liegengebliebene Gratiszeitungen durcheinander. Sandanas Tram erlöste ihn.
    Als sie einstieg, gab sie ihm einen scheuen Kuss auf den Mund. Bevor sich die Tür schloss, sagte sie: »Kochen Sie mir auch einmal was?«
    Maravan nickte lächelnd. Das Tram fuhr an. Sandana stand ganz hinten im Wagen und winkte.
     

MÄRZ 2009

43
    Über eine ungenannte Quelle war der
Freitag
auf Jafar Fajahat gestoßen. In seiner neuesten Ausgabe erfuhren die Leser von der Odyssee einiger ausgedienter Schützenpanzer über die USA nach Pakistan, dem wichtigsten Waffenlieferanten der sri-lankischen Armee.
    Wieder zeigte der Bericht je ein Foto von Steven X. Carlisle und Waen. Neu war das Porträt eines schnurrbärtigen Pakistaners namens Kazi Razzaq. Über ihn wusste der
Freitag
zu berichten, dass er aus dem Umfeld von Jafar Fajahat stammte, der damals bei der Atomaffäre eine zentrale Rolle spielte.
    Die Bildunterschriften waren etwas reißerisch: Beliefert die Befreiungstiger: Waen. Beliefert die Armee: Razzaq. Beliefert beide: Carlisle.
    »Wenn das nur gutgeht«, stöhnte Dalmann, als Schaeffer ihm die Zeitung brachte.
     
    Und es ging gut. Die Tagespresse nahm zwar die Meldung auf, auch in den elektronischen Medien wurde sie weiterverbreitet, aber niemand schien Interesse daran zu haben, noch tiefer zu schürfen.
    Die Nachrichtenlage begünstigte Dalmann auch ein wenig: Im US-Bundesstaat Alabama erschoss ein Amokläufer elf Menschen, darunter seine Mutter, und richtete dann sich selbst.
    Am nächsten Tag erschoss ein Siebzehnjähriger in Winnenden, einem Vorort von Stuttgart, in seiner früheren Schule zwölf Menschen, danach drei Passanten und am Schluss sich selbst.
    Und schon einen Tag später akzeptierte die Schweizer Regierung den Standard der OECD, was das von Dalmann vorausgesagte Ende des Bankgeheimnisses bedeutete.
    Die Verschiebung von ein bisschen schrottreifem Kriegsgerät an einen von der Berichterstattung etwas vernachlässigten Kriegsschauplatz hatte viel von ihrem Newswert eingebüßt.
     
    Sie trafen sich auf der hintersten noch überdeckten Wartebank auf Gleis acht. Sandana hatte den Treffpunkt vorgeschlagen, sie wolle ungestört reden, hatte sie gesagt. Sie würde auch das Mittagessen besorgen: für jeden zwei Laugenbrötchen, eines mit Käse, eines mit Schinken, je ein Mineralwasser ohne Kohlensäure, je einen Apfel.
    Maravan war als Erster da. Ein Stück weiter vorne, dort, wo die Überdachung endete, glänzte der Asphalt nass. Schon in der Nacht hatte ein dünner, ausdauernder Regen eingesetzt.
    Jenseits des Gleises warteten viele Reisende, aber auf seiner Seite war der Bahnsteig menschenleer. Der letzte Zug war gerade abgefahren, der nächste kam erst später. Sandana hatte nichts dem Zufall überlassen.
    Jetzt kam sie, in Hosen und Bahnuniform und der Steppjacke. Maravan stand von der Wartebank auf, sie begrüßten sich mit ihren Standardküsschen und setzten sich.
    Er sah sie von der Seite an. Sie hatte den Gesichtsausdruck, den er

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