Der König der Lügen
sich warm um meine Brust, und ich sehe ihr Gesicht in der Fensterscheibe — Vanessa, meine Frau.
»Woran denkst du?«, fragt sie.
»Ich hatte wieder diesen Traum.«
»Denselben?«
»Ja.«
»Komm zurück ins Bett«, sagt sie.
»Gleich.«
Sie küsst mich und geht.
Meine Hände wandern zum Fenstersims, und ich fühle die kalte Zugluft. Ich denke an das, was ich schon gelernt habe, und an das, was ich noch herausfinden muss. Das Leben als Farmer ist hart und voller Ungewissheiten, und vieles davon ist neu für mich. Aber ich bin schlank geworden, und die langen Arbeitstage, die meine Hände hart gemacht haben, sind mir willkommen. Es passt mir, dieses Leben. Es gibt keine Eile, keine Notwendigkeit, schnell zu urteilen oder zu handeln; vielleicht hat das die größte Veränderung in all dem bewirkt: Ich habe noch nichts bereuen müssen.
Aber ich bin immer noch der Sohn meines Vaters, und es ist unmöglich, den verwerflichen Entscheidungen zu entrinnen, die er getroffen hat. Ich weiß, dass ich ihm nie verzeihen kann. Doch das Schicksal, das so willkürlich sein kann, ist nicht ganz ohne jeden Sinn für Gerechtigkeit. Ezra hat sein Spiel mit Barbara gespielt und sie für seine eigenen perversen Bedürfnisse manipuliert. Auf ihr Drängen hat er sein Testament geändert und eine Klausel eingefügt, die besagt, dass meine Nachkommen im Falle meines Todes die fünfzehn Millionen Dollar erben sollen. Das war Barbaras Idee, ihr Sicherheitsventil, und ich bin sicher, mein Vater hatte vor, es wieder zu ändern, wenn er mit ihr fertig wäre. Aber sie hat ihn erschossen, bevor er die neuen Dokumente unterschreiben konnte. Vielleicht hat sie ihn sogar deshalb erschossen. Das werde ich nie wissen. Doch als ich das Testament endlich ganz gelesen hatte, wurde mir klar, dass dabei kein zeitliches Limit gesetzt war. Also habe ich ein bisschen recherchiert und herausgefunden: Wenn ich sterbe — wann immer das sein wird —, erbt mein Kind einen großen Teil von Ezras Millionen. Ich habe Vorbehaltsklage eingereicht und ein Feststellungsurteil angestrebt. Hambly hat sich natürlich gewehrt und ist über seine Niederlage immer noch verbittert. Aber das Testament war eindeutig, und das Gericht hat sich meine Interpretation zu eigen gemacht.
Nach einer Weile gehe ich zurück ins Schlafzimmer und krieche unter die Decke. Vanessa ist warm und liegt auf der Seite, und ich schmiege mich an sie. Der Traum erscheint mir jedes Mal realer, und jedes Mal dauert es länger, bis er verweht ist. Wir gehen durch grünes Gras, wir drei.
Erzähl mir die Geschichte, Daddy...
Welche Geschichte?
Meine Lieblingsgeschichte...
Ich lege meine Hand auf Vanessas Bauch. Sie rutscht tiefer unter die Decke und an mich heran.
»Ich hoffe, es ist ein Mädchen«, flüstere ich.
»Es ist eins«, sagt sie und legt ihre Hand auf meine.
Ich kann nicht sagen, ob sie es weiß oder ob sie es einfach spürt. Mir genügt es. Ich höre ihre Stimme aus dem Traum — die Stimme meiner kleinen Tochter — und denke an das riesige Vermögen, das eines Tages ihr gehören wird. Zum letzten Mal denke ich an meinen Vater und an das, was er für Frauen und für Geld empfunden hat. Es liegt Poesie darin, eine Ironie, die den Kreis vollendet, und ich frage mich, ob er ruhelos daliegt in seinem dunklen, ewigen Grab.
Ich bleibe noch ein paar Minuten im Bett, aber der Tag ruft, und ich bin rastlos. Ich ziehe Jeans und einen Pullover an. Bone folgt mir die Treppe hinunter. Es ist kalt draußen, und ich stehe im ersten Licht der Dämmerung auf der Veranda. Ich atme tief ein und schaue hinaus auf die stillen Felder. In den Mulden liegt Bodennebel, und die Hügel erheben sich, um die kommende Sonne zu begrüßen.
DANK
N ichts geschieht in einem Vakuum, und einen Roman zur Veröffentlichung zu bringen, ist keine Ausnahme. Es erfordert Zeit und Zutrauen, und der Weg kann lang werden. Denen, die ihn mit mir gegangen sind, möchte ich meinen aufrichtigen Dank abstatten.
Zuerst und vor allen anderen danke ich meine Frau Katie. Sie ist ein unerschöpflicher Quell der Unterstützung und unschätzbarer Ratschläge, und kein Autor könnte sich wünschen, dass ihm jemand mit einem schärferen Blick für Prosa über die Schulter schaut. Ich liebe dich, Baby. Meinem Agenten und guten Freund Mickey Choate, der keine Angst hatte, es mit einem neuen Namen zu versuchen — Dank für das Vertrauen und die Lektionen. Und im gleichen Sinn vielen Dank an meinen Lektor Pete Wolverton, den
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