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Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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Schubkarre. Dem Anschein nach transportierte er alles Mögliche. In Wirklichkeit war er am Ende: Hunger, Alkohol und die Jahre hatten ihn erledigt. Jeden haute er um ein Schlückchen Rum an. Er wollte weder Geld noch Essen. Um sich einen Schluck zu verdienen, sang er manchmal oder grölte etwas aus einem Bolero oder einer Guaracha. Cacareo ließ die Schubkarre draußen und kam auf Rey und einen anderen Mann zu, die beide Rum tranken. Sie waren die einzigen Kunden. Der Alte, klein und dünn, mit grellen Lumpen bekleidet, grinste von einem Ohr zum anderen und stimmte eine Rumba an, begleitet von ein paar unbeholfenen Schritten. Am Ende streckte er eine Blechbüchse aus, damit man ihm ein bisschen Rum einschenkte. Er war ein rührender, lächerlicher Possenreißer. Rey schoss ein Gedanke durch den Kopf: »So werde ich sein, wenn ich alt bin. Ein beschissener Hanswurst.« Eine wilde, unkontrollierbare Wut packte ihn. Er zerschmetterte das Glas auf dem Boden und versetzte dem Alten einen so brutalen Stoß, dass der auf den Rücken fiel. Und mit großen Schritten verließ er die Bar. Er hörte nicht einmal, wie der Kellner sagte: »Hören Sie mal, sind Sie verrückt geworden? Bezahlen Sie gefälligst das Glas.«
    Magda konnte an der Bushaltestelle sein mit ihren Erdnusstütchen. Also ging er hin. Es war ungefähr fünf, sechs Uhr nachmittags. Ein Typ lief elegant an ihm vorbei. Blond, weiß, groß, wohl genährt. Ein arisches Prachtexemplar beim Joggen zwischen Trümmern, mit bester Sportkleidung und kostspieligen Marken-Sportschuhen. Selbstverständlich kapierte er nicht das Geringste. Er bog in die Campanario Richtung Malecón ein und trabte mitten auf der Straße. In der Fleischerei Ecke Ánimas und Campanario war ein Menschenauflauf von dreißig, vierzig Personen, die ihre Ration Soja-Hackfleisch abholten. Einer sagte: »Sieh dir den Typen an … der spinnt doch.« Eine Dame erwiderte ihm: »Wir sind diejenigen, die spinnen, denn wir haben nicht einmal die Kraft zu laufen, um den Bus zu kriegen. Jawohl, wir sind diejenigen, die spinnen.« Eine andere Frau gab auch ihren Senf dazu, mit verbittertem Gesicht: »Und wir fressen immer weiter Scheiße, anstatt abzuhauen.« Die anderen hielten vorsichtshalber den Mund.
    Rey sah den blonden Fremden mit zur Schau getragener Eitelkeit mitten durch dieses Elend laufen und hörte sich die Kommentare an. Er verstand gar nichts und ging weiter bis zum Krankenhaus. Gegenüber der Kapelle La Milagrosa lag ein Kerl auf dem Boden. Er war ein völliges Wrack. Vielleicht Kinderlähmung. Allem Anschein nach schlief er oder war bewusstlos. Er hatte ein Stück Plastik auf dem Boden ausgebreitet, mit einem kleinen San Lázaro darauf, vielen Münzen und einem Schild: »Dies ist mein letztes Gelübde an meinen Vater San Lázaro. Ich habe Hämorrhoiden-Beschwerden und viele Krankheiten. Ich beende sie heute um 6.30 Uhr und fahre nach El Rincón. Ein Gelübde zu respektieren.«
    Die Leute lasen das Schild. Alle empfanden Mitleid mit dem menschlichen Wrack. Einige legten Münzen hin und bekreuzigten sich. Rey zog Schlussfolgerungen: »Der Kerl hier ist echt Klasse. Ich werde mir ein noch besseres Schild anfertigen … Hmmm … und ich muss mich ein bisschen verunstalten … hmmm … ich glaube, Magda kann auch nicht schreiben, und dieses Schild ist gut gemacht. Wir werden schon sehen, wer so was hinkriegt, hmmm …«
    Während er noch darüber nachdachte, wie er ein so perfektes Schild hinbekam, setzte er sich auf die Stufen am Eingang der Kapelle. Zum Zeitvertreib sah er den Leuten gegenüber zu. Magda setzte sich neben ihn, lächelnd, die Erdnusstütchen in der Hand.
    »Was machst du denn hier, Kleiner?«
    Überrascht sah Rey auf.
    »Heee!«
    »Hast wohl einen Schreck gekriegt, was?«
    »Nee.«
    »Was suchst du hier?«
    »Was ich hier suche? Du bist ja nirgends zu finden. Wo steckst du denn bloß?«
    »Hier und da.«
    »Was heißt hier und da? Was treibst du, Magda?«
    »Ich? Also wirklich, Kleiner, du bist ganz schön dreist!«
    »Warum?«
    »Weil du dreist bist. Du bist einfach verschwunden, seit was weiß ich nicht wann, und jetzt kommst du an und stellst Ansprüche und markierst den Ehemann.«
    »Du hast keine Ahnung, wo ich …«
    »Warst du im Knast?«
    »Nein, aber ich hatte mich in etwas verstrickt und konnte nicht …«
    »Du bist ganz schön unverschämt, Rey. Ich gehe. Und komm mir ja nicht hinterher, ich will keine Szene mitten auf der Straße!«
    »Aber hör doch mal … Spinnst du,

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