Der Komet im Cocktailglas
Achse dreht, wandere der Flutberg aus unserer Sicht jeden Tag einmal um sie herum. Diese einfache Erklärung ist aber falsch. Wäre es tatsächlich so, gäbe es nur eine Flut pro Tag. Wir beobachten aber zwei. Es gibt nicht nur einen Flutberg, der sich direkt unter dem Mond befindet, sondern einen zweiten, genau auf der gegenüberliegenden Seite der Erde. Die Sache mit Ebbe und Flut ist also ein klein wenig komplizierter...
Um die Gezeiten zu verstehen, müssen wir uns daran erinnern, dass die Gravitationskraft eine Kraft ist, die mit dem Abstand immer kleiner wird. Der Zusammenhang zwischen der Stärke der Kraft und dem Abstand ist „quadratisch“. Das bedeutet: Verdoppelt man den Abstand zwischen zwei Objekten, so ist die Kraft zwischen ihnen nicht doppelt so klein wie zuvor, sondern viermal so klein (zwei zum Quadrat ergibt vier). Verdreifacht man den Abstand, ist die Kraft neunmal so gering (drei zum Quadrat ergibt neun) und so weiter. Die Entfernung spielt also eine wichtige Rolle, wenn wir wissen wollen, welche Kraft der Mond auf die Erde ausübt. Es gibt auf der Erdoberfläche zu jeder Zeit einen Punkt, der dem Mond am nächsten ist. Ignorieren wir einmal hohe Berge, dann ist das immer der Punkt, der dem Mond genau gegenüberliegt. Da wir hier dem Mond am nächsten sind, wirkt an diesemOrt auch die größte Gravitationskraft. Genau auf der anderen Seite des Globus liegt der Punkt, der am weitesten vom Mond entfernt ist, Er befindet sich knapp 13.000 Kilometer weiter entfernt, und diese zusätzliche Entfernung sorgt dafür, dass die Anziehungskraft des Mondes hier geringer ist. Die Erde wird also auf der einen Seite stärker zum Mond hingezogen als auf der gegenüberliegenden Seite.
Die Gravitationskraft ist nie einseitig. Jeder Himmelskörper zieht jeden anderen Himmelskörper an. Wenn wir sagen: „Der Mond bewegt sich um die Erde“, dann ist das eigentlich nicht völlig korrekt. Der Mond wird von der Erde und die Erde vom Mond angezogen. Daher umkreisen beide Himmelskörper ihren gemeinsamen Schwerpunkt, so wie zwei Eiskunstläufer, die sich an den Händen halten und im Kreis drehen. Wären Erde und Mond genau gleich schwer, dann würden sie ebenfalls um einen Punkt kreisen, der genau in der Mitte zwischen ihnen liegt. Die Erde ist aber viel schwerer als der Mond. Der Schwerpunkt liegt also sehr viel näher an der Erde. Genau genommen liegt er nur 4.700 Kilometer vom Erdmittelpunkt entfernt und damit noch innerhalb der Erde selbst. Deswegen wackelt sie nur ein wenig, während der Mond sich um sie herum bewegt.
Betrachten wir nun die Anziehungskraft des Mondes in Bezug auf das Zentrum der Erde. Aus dieser ergeben sich nämlich die Gezeiten. An dem Punkt der Erdoberfläche, der genau unter dem Mond liegt, ist die Kraft am größten. Sie ist vor allem größer als die Kraft, die im rund 6.500 Kilometer entfernten Zentrum der Erde wirkt. Wenn wir jetzt die Kraft, die im Erdzentrum wirkt, von der Kraft, die an der Erdoberfläche zu spüren ist, abziehen, dann bleibt eine Nettokraft übrig, die in Richtung Mond wirkt. Er ziehttatsächlich das Wasser direkt unter ihm an und erzeugt so einen Flutberg. Auf der anderen Seite der Erde sind wir nicht nur 13.000 Kilometer weiter vom Mond entfernt, sondern auch 6.500 Kilometer weiter vom Mittelpunkt der Erde. Jetzt ist die Kraft, die im Zentrum wirkt, größer als die Kraft, die der Mond auf den entferntesten Punkt an der Erdoberfläche ausübt. Wenn wir die Kraft im Zentrum von der an der Oberfläche abziehen, dann bekommen wir eine Kraft, die vom Mond weg wirkt.
Vereinfacht kann man sich das so vorstellen: Der Mond zieht die Erde an und auch das Wasser der Ozeane. Auf der Seite der Erde, die dem Mond genau gegenüberliegt, ist die Anziehungskraft am stärksten, und der Mond erzeugt einen Flutberg. Auf der mondabgewandten Seite ist die Kraft am schwächsten. Simpel gesagt wird hier nicht das Wasser von der Erde weggezogen, sondern die Erde vom Wasser. Die Kraft des Mondes auf die Erde ist an dieser Stelle stärker als die auf das Wasser (es ist ja am weitesten vom Mond entfernt). Deswegen hängt das Wasser ein wenig hinterher und bildet einen zweiten Flutberg. Die beiden Flutberge folgen im Prinzip der Drehung des Mondes. Wenn die Erde sich nicht drehen würde, so würden die beiden Wasserberge gemeinsam mit dem Mond einmal im Monat um die Erde wandern. 4 Die Erde steht aber nicht still. Sie dreht sich einmal täglich um ihre Achse, und das Wasser der Ozeane dreht
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