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Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi

Titel: Der Komet von Palling - Oberbayern-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rene Paul Niemann
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zirpen, obwohl
sie normalerweise in der Mittagshitze immer lauter wurden. Etwa fünfzig Meter
weiter stand verlassen ein Traktor auf dem Acker. Stundenlang hatte der Bauer
versucht, einen schwarzen Baumstumpf aus der Erde zu ziehen. Dabei hatte er
geflucht und getobt wie der Leibhaftige, sodass sie sich irgendwann ihre
Stöpsel ins Ohr gesteckt und die Musik laut gedreht hatte. Nun lag der
Baumstumpf dort hinten auf der verbrannten Erde wie ein totes Riesentier, und
der Bauer verschwand gerade zu Fuß am Feldrain hinter einer kleinen Steigung.
    Auch egal, dachte
Monika. Wahrscheinlich hätte der Depp ohnehin nur die Schultern gezuckt, wenn
sie ihn nach einem funktionstüchtigen Handy gefragt hätte. Hier oben zählte
noch der Glockenschlag der Kirchturmuhr und weiter nichts. Ihr Wagen stand am Waldrand.
Sie würde in den Ort fahren, irgendwo ein Haferl Kaffee trinken und mit dem
Institut telefonieren. Danach würde sie sich auf den Heimweg machen, zurück
nach München.
    Beim Anschnallen im Auto
warf sie einen flüchtigen Blick auf ihre Armbanduhr. Zehn nach zwölf. Das
konnte nicht sein, denn es war bereits zehn nach zwölf gewesen, als die Geräte
durchgeschmort waren.
    »Ist ja seltsam …«
Leicht verärgert startete Monika Schwalbe den Motor.

3
    Sie öffnete das Fenster
und reckte das Kinn in die schwüle Luft. Irgendetwas war anders. Ganz plötzlich
war es da gewesen. Und es hing nicht nur mit dem aufziehenden Gewitter
zusammen. Ihr Puls raste. In ihren Ohren war ein Summen.
    »Spinn ich, oder ist
tatsächlich was passiert?«
    Sie griff nach der
Zigarettenpackung. Ihre Finger mit den dunkelrot bemalten Krallen zitterten.
    »Zur Hölle noch mal!«
    Das goldene Feuerzeug
zündete nicht. Sie warf es so heftig auf den Tisch, dass ein Eckchen aus der
schwarzen Marmorplatte splitterte. Dann kramte sie ein billiges
Plastikfeuerzeug hervor und stellte sich wieder ans Fenster.
    Das Blitzen nahm kein
Ende, seit Tagen nicht, immer begleitet von einem unterschwelligen Grollen.
Aber es kam kein Regen. Die Ernte galt schon fast als verloren. Ein paar dumme
Weiber drehten ihr beim Einkaufen den Rücken zu oder stießen sie wie zufällig
mit den Ellenbogen an. Aber sie entschuldigten sich nicht.
    »Blöde Hennen!«
    Sie sog den Rauch der
Zigarette, die sie auf ein Mundstück aus schwarzem Horn gesetzt hatte, tief ein
und gab dabei einen kurzen Laut von sich, ein verächtliches Lachen, das fast
wie ein Husten klang. Sie hatte das alles gründlich satt. Seit drei Jahren saß
sie jetzt in diesem Nest, und lange würde es nicht mehr gut gehen.
    Wieder steckte sie den
Kopf aus dem Fenster, mit einer leichten Wendung nach links, damit der spitze
Turm von Mariä Geburt ihr nicht ins Auge stach. Der Qualm aus ihrem Mund
ringelte sich in der Mittagshitze. Unten an der Ecke hielt ein Auto, parkte
halb in der Kurve. Ein blonder Pferdeschwanz, der um die Straßenecke
verschwand. Eilig, fast hektisch. In der Luft lag ein metallischer Hauch, ganz
leicht nur, aber eindeutig. Er wehte mit dem warmen Wind von der Anhöhe her,
von den großen Äckern, die gleich hinter dem Ort begannen.
    »Seltsam«, murmelte sie.
»Ich täusche mich doch nicht!«
    Sie ließ das Fenster
offen stehen. Die Wände des Wohnzimmers waren schneeweiß gestrichen, mit einem
Stich ins Bläuliche, was sie sehr kalt wirken ließ. Der schwarze Marmortisch.
Der violette Teppich auf dem weiß gefliesten Boden. Still war es hier, sehr
still. Nicht einmal eine Uhr tickte. Keine Schnörkel, keine nutzlose
Dekoration. Ein paar Zeichnungen in Augenhöhe, schwarz und weiß, in glatten
silbernen Rahmen. Eine dunkle Sonne, mit Radialen versehen, die aussah wie ein
Rad. Ein Labyrinth ohne Anfang und Ende. Bilder ohne Herzschlag. Auf dem Tisch
eine weiße Schale, an deren oberem Rand eine winzige rötlichbraune Verkrustung
zu erkennen war.
    Ihre Mundwinkel zogen
sich nach unten. Drei beschissene Jahre! Die bonbonfarbene Küche. Kräutertees
und bunte Kerzen. Tüll vor dem Fenster. Steinguttassen. Fröhliche Sets auf dem
rustikalen Tisch. Vielleicht war der Moment gekommen. Ihr Gespür trog sie
selten. Die Zeit war überreif.

4
    »Du kommst spät«, sagte
Maria. »Ich wärm dir das Essen wieder auf.«
    »Spät?«, fragte Birnbaum
erstaunt. Seine Armbanduhr zeigte erst zwanzig nach zwölf.
    »Es ist gleich eins, und
du weißt doch, dass ich am Dienstagmittag den Buben zum Sport nach Trostberg
bringen muss.«
    »So was, meine Uhr hat
sich verlaufen«, murmelte Birnbaum und setzte sich

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