Der Kopflose Rächer
wir uns nicht verlassen. Es war deshalb am besten, wenn ich nach einer Parklücke Ausschau hielt und den Wagen dort abstellte. Das gelang mir sogar. Es war zwar eng, ich mußte rangieren, schließlich stand der Wagen, und wir konnten ihn verlassen.
Wir traten hinein in eine dumpfe Welt. Die Geräusche wurden vom Nebel irgendwie verfremdet.
Manchmal muß man Glück haben. In diesem Fall kam es uns in der Gestalt eines Mannes entgegen, der seinen Hundn an der Leine führte.
Es war ein Pudel, ein ziemlich frecher Kläffer, der an meinen Beinen kratzte, als ich den Mann ansprach.
Er wußte Bescheid und schickte uns noch weiter vor. »Das vierte Haus von hier aus gesehen ist es.«
»Danke.«
»Keine Ursache.« Er zerrte den Pudel von mir fort, der immer noch kratzen wollte. Ich sah Sukos Grinsen und fragte ihn, was er so lustig fände.
»Ganz einfach. Du kannst froh sein, daß dieses Hündchen sein Bein nicht gehoben hat.«
»Ha, ha…«
Wir setzten den Weg durch den Nebel fort. Ein schwammiges Wetter.
Uberall zogen die Schwaden. Der leichte Wind trieb sie weiter. Sie hüllten uns ein, sie streiften wie kalte Totengewänder über unsere Gesichter hinweg, und wir hatten die Kragen der Jacken in die Höhe gestellt.
Suko fühlte sich auch besser. Zwei Tabletten hatten ihm zunächst geholfen.
Einen Plan, wie wir genau vorgehen wollten, den hatten wir nicht aufstellen können. Das alles mußte die Situation ergeben, jedenfalls waren wir darauf gefaßt, den Kopflosen zu sehen.
Nur konnten wir uns nicht erklären, wie es überhaupt dazu gekommen war, daß eine derartige Gestalt ›lebte‹. Es wollte nicht in unsere Köpfe.
Es mußte einen Grund geben, und er mußte auch mit der Existenz des Richters zusammenhängen. Welche Verbindung gab es zwischen ihm und der schwarzen Magie?
»Er ist ein Geschöpf der Hölle«, murmelte ich. »Zumindest eines, das den Höllenkräften dient.«
»Was meinst du?«
»Schon gut.«
»Okay, wir sind übrigens da.«
Das Haus war nur mehr als Schatten zu sehen. Wie viele hier in der Gegend lag es hinter einigen Bäumen versteckt, die wie starre Säulen in einem Vorgarten standen und ihre mächtigen Arme ausgebreitet hatten.
Ich sah die freie Fläche vor dem Haus und auch den Weg, der zu den Garagen hinführte.
Niemand kam uns entgegen. Obwohl es noch nicht sehr spät war, hatte sich ein tiefes Schweigen über die Gegend gesenkt, eben eine Folge des nebligen Wetters.
Unter unseren Sohlen quatschte altes Laub. Es war feucht und rutschig geworden, bildete einen braunen Teppich mit manchmal hellen Tupfern.
Wir duckten uns unter den tiefhängenden Zweigen hinweg, dann standen wir an der Haustür.
Ich leuchtete für einen Moment das Klingelbrett an. Die Frau wohnte in der ersten Etage. Wir hatten noch nicht gesehen, ob in der ersten Etage auch Licht brannte, und deshalb traten wir wieder zurück.
Dunkle Fenster in einer Reihe.
Suko schaute mich an, ich ihn. Mein Freund schüttelte den Kopf.
»Verdammt noch mal, John, hat man uns gelinkt?«
»Glaube ich nicht.«
»Warum brennt kein Licht?«
Ich hob die Schultern. »Das weiß ich nicht. Vielleicht hat sie die Lampen bewußt ausgelassen.«
»Das wüßte ich aber. Wer unter einer derartigen Angst leidet, der hat es lieber hell.«
»Und was ist mit Mac Maschke?« fragte ich. Suko hob die Schultern.
»Was soll mit ihm sein?«
»Vielleicht hat er das Licht gelöscht oder die Frau zumindest dazu gebracht.«
»Eher umgekehrt.«
»Du traust ihr nicht.«
Suko lachte leise. »Du denn?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Hör zu, John, diese Brenda Tradlin hat Nerven bewiesen, denn wer hätte sich schon einen lebenden Toten ohne Kopf mit in die Wohnung genommen? Das ist einfach Irrsinn. Darüber muß man erst mal hinwegkommen. Die Wohnung kann eine Falle sein.«
Wir waren während unseres Gesprächs nicht vor der Haustür stehengeblieben, sondern hatten uns zu einem Rundgang entschlossen.
Auch die Rückseite des Hauses war interessant, und dort besonders die Fenster in der ersten Etage.
Da sahen wir das Licht.
Ein nur schwacher Schimmer zeichnete ein Viereck nach. Die Fenster darüber waren alle hell erleuchtet, und durch den Schein zogen die dumpfgrauen Nebelschwaden wie der Gruß aus einem unheimlichen Totenreich.
»Was sagst du?« murmelte Suko.
Ich nickte. »Sie scheint zu Hause zu sein.«
»Okay, dann werden wir den Besuch nicht länger aufschieben.« Er drehte sich um und ging den Weg wieder zurück. Ich folgte ihm
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