Der Kopflose Rächer
genügend Platz für ihn und auch für heranfahrende Fahrzeuge. Mit gemischten Gefühlen und einer Gänsehaut auf dem Rücken betrat er das Grundstück.
Stille umgab ihn. Die Luft drückte, denn sie war schwer und auch feucht geworden.
Er atmete durch die Zähne ein und konzentrierte sich auf die erste Etage des Hauses, dessen Mauer zum Teil mit dichten Efeuranken bewachsen war.
Maschke konnte nicht viel erkennen, auch nicht, ob in der ersten Etage hinter den Fenstern Licht brannte. Wenn ja, dann nicht in den Räumen, die zur Straßenseite hin lagen, sondern nach hinten zum Garten hin. Er ärgerte sich darüber, daß sein Herz so schnell klopfte und er noch immer schwitzte. Verdammt noch mal, er war der Führer der schwarzen Henker, von ihm mußte man einfach mehr Nervenkraft erwarten können, doch erst, als er seine Hände auf die Griffe der Waffen gelegt hatte, da ging es ihm wieder etwas besser.
Mac Maschke schlich auf den Eingang zu. Wenig später stand er im Hausflur, denn die Tür war nicht verschlossen gewesen. Es war düster, und er traute sich auch nicht, das Licht einzuschalten, weil er auf keinen Fall gesehen werden wollte.
Die Treppe konnte er trotzdem sehen. Als kantiges, schattiges Gebilde zeichnete sie sich vor ihm ab. Es führte in die Höhe, und er sah auf halber Strecke den blassen Fleck. Es war die Helligkeit, die durch das Fenster gefallen war und sich dort ausgebreitet hatte.
Er ging die Stufen hoch. Die ersten noch recht locker, später aber mit schweren Schritten. Vor dem schmalen Flurfenster auf dem ersten Absatz blieb er stehen und schaute hinaus in einen kleinen Garten. Licht aus den Fenstern der Nachbarhäuser schimmerte durch das Geäst der Bäume und ließ die Zweige golden aussehen.
Noch einmal wischte er seine Hände am Taschentuch trocken, dann setzte er sich in Bewegung.
Vor sich sah er die Tür.
Dunkel gestrichen oder gebeizt. Nein, sie kam ihm nicht wie das Tor zur Hölle vor, aber er wußte, daß sich in den folgenden Sekunden einiges ändern würde.
Hinter der Tür wartete man auf ihn. Er rechnete mit einer Falle, aber er war auch gerüstet, denn beide Hände hatte er wieder auf die Griffe der 38er gelegt.
Er sah den Knopf der Klingel, der leuchtete wie ein weißer Punkt. Als Maschke seinen Finger darauflegte, verschwand er.
Er drückte ihn nieder.
In der Wohnung hörte er die Klingel.
Abwarten…
Er atmete tief ein, verzog das Gesicht, denn trotz der geschlossenen Tür hatte er etwas von dem fremden und auch widerlichen Geruch gespürt, der an seine Nase drang.
Was war das nur?
Er fand es nicht heraus, denn einen Moment später zog Brenda Tradlin die Tür auf…
***
Beide starrten sich an!
Brenda Tradlin erkannte Mac Maschke kaum wieder. Hatte er sich denn so stark verändert, oder lag es einfach nur an der schlechten Beleuchtung im Flur?
Er war noch bleicher. Sein Haar umtanzte den Kopf wie eine schwarze Masse. Die Augen bewegten sich, der Atem drang zischend aus seinem Mund. Er schaute sich auch um, doch im düsteren Treppenhaus tauchte kein Verfolger auf.
»Ich bin da!« sagte er.
Brenda nickte und streckte ihm mit einer raschen Geste die Hand entgegen. »Kommen Sie herein!«
Maschke zögerte. Er faßte auch die Hand nicht an. Der Mann steckte voller Mißtrauen, und Brenda hätte ihm am liebsten zugerufen, daß er wieder verschwinden sollte, das aber brachte sie nicht fertig. Dann wäre es auch um sie geschehen, denn Gnade kannte die andere Seite nicht.
Jerome T. Harker hatte alles unter Kontrolle.
»Und… und… er?« preßte Maschke schmallippig hervor.
Brenda wußte, wen er meinte. Sie gab dem Frisör eine indirekte Antwort.
»Ich lebe noch, wie Sie sehen. Aber ich weiß mehr, Mr. Maschke.«
»Sie wollten mit mir den Fall klären?«
»So ist es.«
»Wie denn?«
»Das erzählte ich Ihnen nicht hier zwischen Tür und Angel. Auch ich habe Angst.«
Maschke schlug seine schwarze Lederjacke zurück. »Da, sehen Sie, Mrs. Tradlin.«
»Waffen?«
»Ja.«
Ihr Blick huschte wieder hoch zu seinem Gesicht, und sie verkniff sich ein Lächeln. Was konnte Maschke denn schon mit Waffen gegen eine Gestalt wie Jerome T. Harker ausrichten? Nichts, gar nichts. Sie dachte an den Kopf über der Tür und spürte wieder den Schauer. »Das ist gut, Mr. Maschke. Dann kann man sich auf Sie verlassen, aber jetzt kommen Sie.«
Er wollte noch immer nicht und fragte: »Was ist das für ein komischer Geruch, verdammt?«
»Wo?«
»In der Wohnung.«
»Ich habe
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