Der Krieg der Zwerge
herüber.«
»Das sind …« Eigentlich wollte Rodario »Straßenräuber« sagen, doch um die Verwirrung zu steigern, entschloss er sich, nun doch besser ein offizieller Spitzel zu sein. Seine Fesseln waren inzwischen locker genug, dass er die Hände jederzeit aus den Schlingen ziehen konnte. »Meine Leute. Es sind meine Leute, sie werden euer Rattennest ausheben!«
Die Frau verpasste ihm eine harte Ohrfeige. »Ich hätte dir beinahe geglaubt, schmieriger Komödiant«, zischte sie. »Bringt ihn um, wir verschwinden durch die Hintertür.«
»Ha! Denkt Ihr, da würden sie nicht lauern?«, sagte Rodario rasch und klang trotz der Angst in seinen Eingeweiden sehr bestimmt und überlegen. »Stellt Euch meinen Männern, und Ihr werdet geschont. Ich lege bei Andôkai ein gutes Wort für Euch ein, wenn Ihr geständig seid.«
»Wir haben nichts zu gestehen. Eher sterben wir, als dass wir uns der Usurpatorin ergeben.« Sie riss einen Dolch aus der Gürtelhalterung am Rücken und wollte ihm die Klinge durchs Herz jagen.
Rodario zog das Bein nach oben und trat ihr mit aller Kraft in den Unterleib. »Ihr mögt kein Gemächt haben, es schmerzt dennoch, hoffe ich«, kommentierte er ihr Stöhnen. Er federte in die Höhe, packte die Lehne des Stuhls und schlug ihn dem heranstürmenden Mann über den Schädel. Ein Stuhlbein löste sich dabei und flog durch das Fenster, sodass die dicke Butzenglasscheibe barst.
»Sie kommen!«, rief der Wächter aufgeregt und riss sein Kurzschwert aus der Scheide. »Tod denen, die Andôkai unterstützen!« Kurzerhand sprang er hinaus und lief ihnen entgegen. Zwar verschwand er aus Rodarios Blick, doch das Klirren von Stahl sagte ihm, dass sich die Räuber und der Nôd'onnFamulus gefunden hatten.
Die Frau hatte ihre Schmerzen überwunden und attackierte ihn, er wehrte sie mit den Resten des Stuhles ab. Ihr Begleiter lief hinaus auf die Gasse, um dem Freund zu Hilfe zu eilen. Der auflodernde rote Lichtschein und das Knistern von Feuer verhießen für das Schicksal der Räuber nichts Gutes. Rodario hörte entsetzte Rufe und den lang gezogenen Schrei eines Mannes.
»Stirb, Spitzel«, presste sie wütend hervor und stieß zu.
Der Ruf hatte Rodario rechtzeitig gewarnt, er wich zur Seite aus und drosch ihr die Lehne in den Bauch. Danach zertrümmerte er die Sitzfläche auf ihrem Schädel. Der Stoff ihrer Kapuze riss, und sie sackte mit einer klaffenden Kopfwunde ungelenk auf die Dielen. Der Dolch bohrte sich ins Holz.
Sofort war der Mime an ihrer Seite, drückte sie zu Boden, schwang sich auf sie und platzierte seine Knie auf ihren Handgelenken, damit sie ihre Arme nicht mehr einsetzen konnte. Sie atmete schnell, ihre Brust hob und senkte sich. »So, mir scheint, die Götter haben anders entschieden«, lachte er und riss ihr mit einer theatralischen Geste die Vermummung herunter.
Darunter kam ein adrettes Gesicht zum Vorschein; das Blut, das ihr über die langen schwarzen Haare in die Augen lief, ließ sie noch verwegener wirken. Sie war kaum älter als zwanzig Sonnenzyklen.
»So, meine Hübsche. Nun werdet Ihr reden«, verlangte er von ihr und kämpfte mit dem Verlangen, sie in der Hitze des Gefechts einfach aus Übermut zu küssen, sozusagen als Lohn für seinen Sieg über sie. »Ihr habt die Maga also nachts in den Straßen gesehen?«
Sie versuchte erfolglos, ihn abzuschütteln. »Du weißt, was sie gewollt hat, warum sollte ich es dir nochmals erzählen?«, keuchte sie, als ihre Gegenwehr erlahmte. »Geh von mir runter, oder ich mache dich zu einer lebenden Fackel!«
Er strahlte und fuhr sich über das Bärtchen. »Wenn Ihr es könntet, würde ich schon lange brennen, so viel ist sicher. Ihr seid eine Anfängerin in Sachen magischer Künste, habe ich Recht?« Er nahm den Dolch und setzte ihn ihr an die Brust, direkt über das Herz. »Berichtet mir, was Ihr gesehen habt. Wobei habt Ihr die Maga beobachtet?«
»Sie hat sich mit zwei Männern unterhalten«, spie sie ihm entgegen. »Du weißt es doch!« Sie schwang die Beine plötzlich nach oben, die Unterschenkel legten sich wie eine Klammer von hinten um seinen Hals, ihr Körper spannte sich, und sie zog den Mann von sich herunter.
Rodarios Wirbel ächzten unter der Behandlung. Wollte er verhindern, dass sie sein Genick brach, musste er dem Druck nachgeben.
Sobald er die Knie von ihren Armen nahm, rutschte sie wie eine flinke Schlange unter ihm hinweg und trat ihm zwischen die Beine. »Da ich weiß, dass du ein Gemächt hast, weiß ich auch, dass es dir
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