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Der kuerzeste Tag des Jahres

Der kuerzeste Tag des Jahres

Titel: Der kuerzeste Tag des Jahres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Dubosarsky
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wohin sie fuhren, was gerade geschah, ob sie bereits das Flugzeug bestiegen, wann sie sich umziehen mussten. Aber Elias beruhigte ihn und schüttelte den Kopf.
    Elias fuhr ihn zum Kinderkrankenhaus. Er parkte den Wagen direkt vor der Notaufnahme und trug Samuel nach drinnen. Alles, was Samuel sah, stand für ihn auf dem Kopf: die Böden und die Decken, die altmodischen Lampenfassungen. Er hörte Elias ’ Stimme, respekteinflößend und bedacht, die Stimmen von Krankenpflegern und Ärzten und das Geräusch von Laborwagen auf scheppernden Rädern.
    Sein Großvater legte ihn auf etwas Hartem, Kaltem ab. Elias hielt seine Hand und sprach auf ihn ein. Jemand steckte eine Nadel in ihn – es schmerzte und er begann zu weinen, große Tränen, so dickflüssig wie Blut. Dann verschwand er.
    Als er aufwachte, wusste er sofort, dass er im Krankenhaus war. Da waren die vielen Bettenreihen mit Kindern darin, und da war der Geruch von erkalteten Pommes Frites.
    »Samuel«, sagte sein Großvater, über ihn gebeugt.
    Samuels Wangen waren kühl. Er konnte deutlich sehen und seine Gedankengänge waren klar.
    »Zaide«, krächzte er. »Bin ich sehr krank?«
    Elias zog Samuel enger an sich heran: seine Haut, sein Blut, seine Knochen.
    »Es geht dir bald wieder gut«, gab er zurück. »Du bekommst Medikamente, jetzt geht es dir bald wieder gut.«
    »Mum …« Samuel versuchte seinen Kopf anzuheben, aber der war schwer wie eine Sparbüchse und sackte mit einem Plumps in das Kissen zurück.
    »Dein Vater und deine Mutter sind bald hier«, sagte Elias und streichelte ihm die Stirn. »Sehr bald.«
    »Und Theodora?«
    »Theodora auch.«
    Samuel rieb sich die Augen. Weder er noch Elias sagten etwas. Samuel ließ den Blick auf einer Krankenpflegerin ruhen, die am Nachbarbett Notizen machte, wobei sie auf das darin liegende Kind einsprach, das so krank aussah und eine harte Plastikpuppe gegen sein Herz drückte. Dinge begannen ihm einzufallen.
    »Zaide?«, flüsterte Samuel.
    Wohin noch mal hatte Elias mit ihm fahren wollen? Er wollte ihn vor Amerika retten, ihn irgendwo hinbringen, wo sie ihn nicht finden würden.
    »Ach Samuel«, sagte Elias, drehte sich zur Seite, verlagerte sein Gewicht. »Es ist alles meine Schuld.«
    »Was ist das?«, fragte Samuel und hob einen Ellbogen an. Auf seiner Haut war ein Schlauch befestigt, der zu einigen Flaschen führte, die am Bettrand auf einem Tablett standen.
    »Das sind die Medikamente«, sagte sein Großvater. Der arme Elias sah so traurig aus. »Der Arzt hat dir das Medikament direkt ins Blut verabreicht, durch diesen Schlauch. Wenn sie es dir durch den Mund gegeben hätten, wärst du womöglich gestorben, bevor es hätte wirken können.«
    »Ich wäre gestorben?« Seine Stimme brachte kaum die Worte zustande.
    »Du wärst gestorben«, wiederholte Elias.
    Samuel dachte einen Moment darüber nach.
    »Kann ich etwas Wasser haben?«
    Auf dem Tisch am Bett standen ein Krug und eine Tasse. Elias goss Samuel Wasser ein, half ihm, sich im Bett aufzusetzen und unterstützte ihn beim Trinken. Samuel schaute sich um.
    »Was ist passiert? Was stimmt denn mit mir nicht?«
    Elias drückte seinen Handrücken gegen Samuels Stirn. »Du hattest einen Malaria-Anfall«, sagte er.
    Malaria? Malaria? Was soll das heißen?, wollte er sagen, Malaria? Wie kriegt man denn Malaria? Muss man dafür nicht in Afrika sein? Oder in Italien?
    »Was für ein Geburtstag das für dich ist, Samuel.« Elias schüttelte den Kopf. »Dein zwölfter Geburtstag. Es tut mir leid.«
    »Es ist auch dein Geburtstag«, antwortete Samuel, eher automatisch, weil er spürte, wie eine plötzliche Schläfrigkeit ihn befiel. »Wie konnte ich denn Malaria kriegen?«
    Wie konnte er Malaria kriegen? Wie …
    Aber Elias ’ nächste Worte holten ihn wie Eis, das ihm in den Kragen gesteckt wurde, ruckartig zurück in die Wirklichkeit und ließen ihn aufhorchen.
    »Ich habe nachgedacht, während du da lagst«, sagte Elias. »Über meinen eigenen zwölften Geburtstag.«
    Hatte er das gesagt? Hatte er das wirklich gesagt?
    »Mein eigener zwölfter Geburtstag«, sagte Elias. »Der war auch kein besonders glücklicher.«
    Er seufzte. Er nahm seine Brille ab und sein Blick war klar vor Konzentration und gleichzeitig weich unter der Erinnerung.
    »Ich war nicht wie du, Samuel. In deinem Alter war ich abenteuerlustig. Ich wollte reisen. Die Welt umsegeln und die Südsee besuchen. Pago Pago.« Er lächelte. »Samoa.«
    Samoa! Das war es. Sie wollten nach Samoa

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