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Der Kuß der Schlange

Der Kuß der Schlange

Titel: Der Kuß der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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verdient.«
    »Stimmt, und ich laß dich auch nicht mehr zappeln. Es hat tatsächlich diesen Lohnlistenbetrug gegeben. Hathall hat mindestens zwei fiktive Konten eingerichtet, vielleicht auch mehr, und zwar bald, nachdem er bei Kidds angefangen hatte. Zwei Jahre lang bezog er auf diese Weise mindestens dreißig Pfund extra pro Woche. Aber Morag Grey hatte nichts damit zu tun. Sie hätte niemals jemandem geholfen, eine Firma zu betrügen. Sie war eine ehrliche Frau. Sie war so ehrlich, daß sie nicht mal eine Pfundnote für sich behielt, die sie auf dem Boden der Büros gefunden hatte, und so aufrichtig, daß sie nicht länger mit einem Mann verheiratet sein wollte, der zwei Pfund fünfzig gestohlen hatte. Sie hätte auch gar nicht mit drinstecken können, und schon gar nicht an der Planung und am Abheben des Geldes von dem Mary-Lewis-Konto beteiligt gewesen sein, weil Hathall sie erst im März kennenlernte. Sie war nur ein paar Wochen bei Kidds, und das war drei Monate, bevor Hathall dort wegging.«
    »Aber Hathall war doch in sie verliebt? Das hast du doch selbst gesagt. Und was für ein anderes Motiv …«
    »Hathall war in seine Frau verliebt. Oh, ich weiß, wir haben vermutet, er sei, was die Liebe betrifft, auf den Geschmack gekommen, aber welche wirklichen Beweise hatten wir denn dafür?« Mit einem geheimen Stolz, zu gut verborgen, als daß Howard ihn hätte bemerken können, sagte Wexford: »Wenn er für Frauen so empfänglich war, weshalb hätte er dann wohl die Avancen einer gewissen – sehr attraktiven – Nachbarin zurückweisen sollen? Warum machte er auf jeden, der ihn kannte, den Eindruck eines geradezu obsessiv ergebenen Ehemannes?«
    »Das mußt du mir erklären«, grinste Howard. »Gleich wirst du mir wohl auch noch erzählen, daß Morag Grey Angela Hathall gar nicht ermordet hat.«
    »Stimmt. Hat sie nicht. Angela Hathall hat Morag Grey ermordet.«
    Ein Gejaule tönte aus dem Plattenspieler nebenan. Über den Fußboden oben trappelten kleine Füße, und aus der Küche drang ein lautes Klirren herüber. Der Lärm erstickte Howards schwachen Protestlaut.
    »Ja, ich war selbst verblüfft«, fuhr Wexford leichthin fort. »Ich glaube, ich kam darauf, als ich gestern hörte, daß Morag Grey so ehrlich war und daß sie bloß so kurze Zeit bei Kidds gearbeitet hatte. Und dann, als wir sie festnahmen und ich ihren australischen Akzent hörte, da wußte ich ganz genau Bescheid.«
    Howard wiegte bedächtig den Kopf, mehr verblüfft und staunend als ungläubig. »Aber die Identifizierung, Reg. Wie konnte er denn hoffen, damit durchzukommen?«
    »Er ist doch damit durchgekommen, fünfzehn Monate lang. Sieh mal, dieses zurückgezogene, isolierte Leben, das sie führten, damit das Ding mit der Lohnliste klappte, kam ihnen doch auch zugute, als sie diesen Mord planten. Es wäre nicht gut gewesen für Angela, allzu bekannt zu werden, dann wäre es womöglich aufgefallen, daß sie nicht Mrs. Lewis oder Mrs. Carter war, wenn sie von den fiktiven Konten Geld abhob. Kaum eine Seele kannte sie vom Sehen. Mrs. Lake kannte sie natürlich, und ebenso ihr Vetter, Mark Somerset, aber wer hätte denn die beiden hinzugezogen, um die Leiche zu identifizieren? Dafür kam doch in erster Linie Angelas Ehemann in Frage. Und genau für den Fall, daß irgendwelche Zweifel auftauchten, nahm er doch seine Mutter mit und sorgte auch noch dafür, daß sie die Leiche als erste sah. Angela hatte Morag ihre eigenen Sachen angezogen, dazu auch noch genau die Sachen, die sie bei der einzigen früheren Begegnung mit ihrer Schwiegermutter angehabt hatte. Das war eine tolle psychologische Finesse, Howard, und ich bin überzeugt, daß Angela sie sich ausgedacht hat, die ja überhaupt sämtliche Winkelzüge dieser Angelegenheit ausgetüftelt hat. Es war die alte Mrs. Hathall, die uns anrief, und die alte Mrs. Hathall, die bei Gericht jedem Zweifel mit ihrer Aussage zuvorkam, ihre Schwiegertochter in Bury Cottage tot aufgefunden zu haben.
    Angela fing schon Wochen zuvor an, das Haus sauberzumachen, und zwar, um ihre eigenen Fingerabdrücke zu beseitigen. Kein Wunder, daß sie Gummihandschuhe und Handschuhe zum Staubwischen benutzte. Es war wohl auch kein zu schwieriges Unternehmen, wenn man bedenkt, daß sie die ganze Woche allein war ohne Hathall, der dort auch noch überall seine eigenen Fingerabdrücke verteilen konnte. Und wenn wir unsere Zweifel hatten wegen dieser extremen Sauberkeit, welche bessere Erklärung gab es schon dafür, als daß

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