Der Kuss Des Daemons
wie Julien. Bei dem Gedanken legte ich die Arme um mich selbst. - Sicherlich, er könnte mich zu einem Vampir machen. Aber erstens wäre das nicht das Gleiche, und die Vorstellung, niemals wieder in der Sonne spazieren gehen zu können, gefiel mir absolut nicht, und zweitens: Er weigerte sich. Wir hatten noch am gleichen Tag darüber gesprochen, als ich von meinem Großonkel erfahren hatte, dass es für mich wahrscheinlich keinen Wechsel geben würde - nein, wir hatten uns gestritten. So heftig, dass die Schwester Julien aus meinem Zimmer geworfen und ihn erst nach drei Stunden wieder zu mir gelassen hatte. Julien trat neben mich und zog mich an sich. Er hatte ein geradezu beängstigendes Gespür dafür entwickelt, wann ich seine Umarmung brauchte.
»Lass uns hineingehen. Dir ist kalt. Und ich muss dir noch dein Zimmer zeigen.«
Damit hatte er mich am Haken. Ich war mehr als neugierig, wie mein neues Reich aussah. Als ich auf der Treppe fast gestolpert wäre, nahm er mich einfach auf seine Arme und trug mich ins Haus und ohne Umwege in den ersten Stock hinauf. Das Zimmer, in das er mich brachte, lag nach hinten, zum See hin. Eine große Glastür führte auf einen Balkon hinaus und ließ die Sonne herein. Behutsam setzte er mich auf dem Bett ab und wartete angespannt, was ich wohl zu allem sagen würde.
Ich war sprachlos. Er hatte es geschafft, meinen Geschmack bis in kleinste Details zu treffen - zugegeben, der Schaukelstuhl aus Rattan wirkte ein bisschen altmodisch, aber ich war mir sicher, dass ich es genießen würde, in ihm zu sitzen und zu lesen. Der ganze Raum war modern und hell und gleichzeitig unglaublich gemütlich. Ich fühlte mich auf Anhieb wohl.
»Und?«, fragte er endlich, als er es nicht mehr aushielt. Strahlend sah ich zu ihm auf. »Es ist wunderschön!
Danke!«
Er fuhr sich mir der Hand durchs Haar und grinste. »Ich habe mir das Zimmer zwei Türen weiter genommen. Das Bad müssen wir uns teilen. Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich.«
»Natürlich!«, nickte ich, doch dann zögerte ich und griff nach seiner Hand. »Wie wird es weitergehen, Julien?« Seit unserem Streit im Krankenhaus hatten wir beide dieses Thema gemieden.
Er setzte sieh neben mich. »Wir tun genau das, was Fürst Vlad gesagt hat. Wir machen weiter wie bisher. Du bringst die Schule zu Ende und danach werden wir sehen.«
»Das meinte ich nicht«, sagte ich leise.
»Ich weiß.« Julien sah mir in die Augen. »Aber meine Antwort ist noch immer die gleiche: Auch wenn du tatsächlich keinen Wechsel zur Lamia mehr machen können solltest, werde ich dich nicht zu einem Vampir machen. Entweder du wirst eine Lamia oder du bleibst ein Mensch.«
Ich holte tief Luft. »Und bis wann werden wir wissen, ob es für mich einen Wechsel geben wird oder nicht?«
»In fünf oder sechs Jahren. Adrien wurde erst mit fünfundzwanzig zu einem Lamia.« Für eine Sekunde glitt Schmerz über sein Gesicht. »Du musst also noch nicht fürchten, dass dir die Zeit davonläuft«, sprach er dann scheinbar ruhig weiter, doch ich hörte das leise Beben in seiner Stimme.
Er hatte noch immer keine Spur von seinem Bruder gefunden. Schlimmer noch: Um bei mir bleiben zu können, musste er sich für seinen Zwillingsbruder ausgeben, da Julien Du Cranier offiziell verbannt war. Und wenn die Fürsten herausfanden, dass er nicht mehr in Dubai war - wohin man ihn damals geschickt hatte -, würden sie Jagd auf ihn machen. Doch da sie glaubten, er sei Adrien, würde der DuCranier-Zwilling, den sie jagten, in Wahrheit gar nicht Julien, sondern Adrien sein - der keine Ahnung von der Gefahr hatte, in der er schwebte.
Das bedeutete, Julien musste seinen Bruder unbedingt vor allen anderen finden - und er würde nicht aufgeben, bis er ihn gefunden hatte. Ebenso wenig wie ich aufgeben würde, bis ich eine Möglichkeit fand, wie ich trotz allem eine Lamia werden konnte.
Ich lehnte mich gegen Julien und schloss die Augen, als er den Arm um mich legte. Für den Augenblick war ich zufrieden damit, wie es war. Aber nur für den Augenblick.
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Klappentext
�er die Autorin, Impressum
Vortitel
Danksagung
Einleitung
Hund und Katz
Geiger in der Nacht
Regengespr�
Wer mit dem Feuer spielt
Ehre und Gewissen
Romeo und Julia
Von der Vergangenheit eingeholt
H�liche Wahrheiten
Blut
Princessa Strigoja
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