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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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Eine Frage der Macht, verstehst du?« Er kam näher. »Das alles muss dich verwirren. Sehr bedauerlich. Aber nun werde ich es selbst tun. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
    Nicht mehr viel Zeit? »Warum? Ich weiß nicht, ob ich …«
    »Diese unfähigen Menschen haben dich verunsichert, aber jetzt werden sie uns nicht mehr stören. Du hast keinen Grund, mich zu fürchten. Wir geben uns gegenseitig, was wir suchen.«
    Sie konnte den Blick nicht von seinen Augen lösen, die sie unverwandt ansahen, und spürte, wie er ihre Hand nahm. Kerzen richteten sich auf, kleine Flammen entsprangen den Dochten. Am Boden schlängelten sich raschelnde Seidenbänder.
    »Nichts hat sich verändert. Du willst dein Leben immer noch für seine Erlösung geben, nicht wahr?« Sanft drehte er ihren Arm, sodass die Handfläche nach oben wies.
    So betrachtet  … »Ja, sicher, ich …«
    Seine Bewegung war so schnell, dass ihre Augen nicht mitkamen. Irgendetwas streifte ihr Handgelenk, warme Feuchtigkeit rann über ihre Haut, dann plätscherte Wasser. Ihr Blick glitt hinab. Sie erhaschte ein Bild roten Bluts, das in die silberne Schale hinabregnete, bevor die Hand mit dem blitzenden Messer ihr Kinn wieder nach oben zwang. Im selben Moment setzte der Schmerz ein, brannte, als hielte sie ihren Arm ins Feuer.
    Ich verblute. Die Vorstellung füllte sie so sehr aus, dass sie Kafziels geraunte Beschwörungen kaum wahrnahm. Ihre Gedanken erstarrten in Verwunderung. Ich sterbe tatsächlich. Der Schmerz ließ ein wenig nach. Bald bin ich ein Engel. Sie schloss die Augen.
    Und riss sie wieder auf, als Kafziel sie knurrend losließ. Der Dämon verwandelte sich bereits, während er zur Tür herumfuhr. Er wurde größer, massiger, seine Schultern breiter, versperrte ihr die Sicht auf den Grund seines Ausbruchs. Ohne seine stützenden Hände fühlte sie sich sogleich schwächer, schwankte, griff unwillkürlich nach der Wunde, die sie nicht noch einmal anzusehen wagte. Das Blut war warm und glitschig unter ihren Fingern, die sich um ihr Handgelenk krampften. Nein! Was tue ich denn? Doch angesichts des Ungeheuers, das vor ihr aus Kafziels Anzug platzte, versagte ihre Beherrschung. Was hatte das alles zu bedeuten? Ängstlich und benommen kauerte sie sich hinter die steinerne Bank.
    Wo zuvor noch menschliche Haut geschimmert hatte, dehnte sich nun rissiges, grauschwarzes Leder über Knochen und Muskeln. Aus den Schultern erwuchsen Buckel, streckten sich in Sekundenschnelle weit über den Körper hinaus, um sich mit einem Mal zu gewaltigen, von knotigen Adern durchzogenen Flügeln zu entfalten. Krallen kratzten über den Boden. Ein Schwanz, kräftig und mit einer löwengleichen Quaste versehen, peitschte den Altar. Das Brüllen des Untiers ließ die Verwandlung des Gesichts erahnen, das sich Sophies Blick entzog. Als beißender Schwefelgestank über sie hereinschwappte, zog sich ihre Kehle zusammen. Der Dämon schien den Raum bis unter die Decke auszufüllen, und doch musste da noch ein Gegner sein, auf den er sich nun stürzte.
    Ein Schlag des Schwanzes traf Sophie so fest, dass sie aufschrie und um ihr Gleichgewicht kämpfen musste. Geduckt und das Handgelenk noch immer umklammernd, zog sie sich seitwärts zur Wand zurück. Das Flattern der Flügel löschte die letzte Kerze und tauchte die Kapelle in Dunkelheit. Sophie starrte auf die kämpfenden Schemen, die fauchend und knurrend in der Finsternis wogten.
    Draußen loderte ein Blitz auf, erhellte einen Lidschlag lang den Raum. Im grellen Licht sah sie überdeutlich die beiden ungleichen Körper, die sich für den Moment ineinander verknäult hatten – der eine dunkel, riesig wie ein Stier, der andere heller, menschlicher. Doch auch aus seinem Rücken reckten sich dunkle, aber gefiederte Schwingen, reichten von einer Wand zur anderen.
    Rafe? Vergeblich versuchte sie, mit den Augen die Schatten zu durchdringen, bis ein weiteres Gleißen, dicht gefolgt von einem markerschütternden Donnerschlag, die Finsternis zerriss. Selbst von Wut und Gebrüll und dämonischer Natur verzerrt erkannte sie sein Gesicht, bevor es wieder im Dunkel verschwand. »Rafe! Nein!«, schrie sie. »Ich tue es doch für dich!« Hörte er sie in diesem Toben überhaupt?
    Ein heftiger Stich drang durch ihren Schädel. Vor Schmerz schnappte sie nach Luft und kniff die Augen zusammen. Ihr war so schwindlig, dass sie für einige Sekunden nicht wusste, wo oben und unten waren.
    »Wie kannst du einem Dämon glauben!« Er sprach direkt in

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