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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lukas
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ihm ab. Er wirkte fremd, aber Sophie empfand kein Mitleid, nachdem er ihr nur einen arroganten Blick zuwarf.
    Sylvaine sah auf ihre elegante Armbanduhr. »Die Tore werden gleich geschlossen.«
    »Fangen wir an!«, forderte der Morrison-Verschnitt munter.
    »Halt die Klappe, Maurice!«, wies ihn die Rothaarige kühl an. »Wann begonnen wird, entscheidet Sylvaine, solange Caradec nicht hier ist.«
    Sophie wurde mit jedem Satz unbehaglicher zumute. Bevor diese Leute aufgetaucht waren, hatte sie mit ihrem Leben abgeschlossen. Ich wollte mich nur noch hinlegen, um an Rafes Seite wieder zu erwachen. Jetzt wusste sie nicht mehr, ob sie es schaffen würde. Die Einzige, die Ruhe und Zuversicht ausstrahlte, war Sylvaine. Alle anderen machten sie nervös. Sie wollte nicht, dass sie ihr beim Sterben zusahen.
    Die Mitglieder des Zirkels verteilten sich im Raum. Arnaud setzte sich auf einen Schemel bei der Tür, Maurice lehnte sich ihm gegenüber an die Wand. Die Rothaarige wühlte in ihrer großen Tasche, während Sylvaine mit gesenktem Kopf und geschlossenen Augen in der Mitte stand, die Hände wie zum Gebet vor dem Körper verschränkt.
    Die Dunkelheit vertiefte sich. Draußen war es still geworden. Keine Schritte, keine Stimmen mehr. Sophie gewann ihre Fassung zurück. Sie durfte sich nicht von bedeutungslosen Kleinigkeiten von ihrem Ziel abbringen lassen. Kafziel würde schon im eigenen Interesse dafür sorgen, dass alles so ablief, wie es nötig war. Diese Fremden hatten nichts mit ihr zu tun. Sie achtete nicht mehr auf die Uhrzeit. Es hätten ebenso gut zehn Minuten wie eine halbe Stunde vergangen sein können, als Sylvaine ihr Schweigen brach.
    »Beginnen wir mit den Vorbereitungen.«
    »Na endlich«, brummte Maurice, wofür ihn die anderen mit Nichtbeachtung straften.
    Alle vier holten lange, schwarze Roben aus den mitgebrachten Taschen hervor und zogen die seidig schimmernden Gewänder über ihre Alltagskleidung, sodass nichts mehr davon zu sehen war. Sophie bemühte sich, nicht zu gaffen. Vielleicht hätten sie es ihr nicht übel genommen, vielleicht durfte sie sich als Mittelpunkt des Rituals ohnehin alles erlauben, doch sie wollte sie nicht anstarren wie ein Kind den Magier im Varieté.
    Die Rothaarige rollte schwarze Seidenbänder auf dem Boden aus, bis sie einen fünfzackigen Stern bildeten. Maurice stellte schwarze und rote Kerzen auf, die Sylvaine mit gemurmelten Worten anzündete. Wasser plätscherte, als Arnaud es aus einer Plastikflasche in eine silberne Schale goss.
    Eine Windböe rüttelte an der Tür und ließ die Kerzen flackern.
    »Sollte Caradec nicht allmählich hier sein?«, wunderte sich die Rothaarige.
    »Vielleicht hat ihn etwas Geschäftliches aufgehalten«, vermutete Arnaud. »Ihm kann’s ja egal sein. Er darf auf diesem Friedhof ja kommen und gehen, wie er will.«
    »Fang nicht schon wieder an, dich über diese …« Sylvaine brach ab, als die Tür aufflog. Wind fuhr in die kleine Kapelle und löschte mehrere Kerzen aus. Sophie sprang vor Schreck auf und wirbelte herum. Eine Gestalt in wehendem schwarzem Mantel stürmte herein, das Gesicht von Wut verzerrt.
    »Caradec wird nicht kommen, weil der Verräter in diesem Augenblick zur Hölle fährt!«, brüllte Kafziel.
    Die Mitglieder des Zirkels starrten ihn entgeistert an.
    »Was …«, setzte Arnaud an.
    »Wer sind Sie?«, wollte Sylvaine wissen, doch ihre Stimme klang dünn und zu schrill.
    »Ich bin die Änderung des Plans!«, herrschte der Dämon sie an. »Raus mit euch! Ihr alle!«
    Mit verwirrten Gesichtern wichen sie vor ihm zurück. Aus seinen Augen leuchtete eine Wildheit, die Sophie vor Angst lähmte. Lauf weg!, schrie es in ihr, doch die Beine gehorchten ihr nicht.
    »Hinaus!«, fauchte Kafziel erneut und riss die Arme empor. Seidenbänder, Kerzen und Taschen wurden von unsichtbarer Hand ergriffen und durch die Luft geschleudert. Schreiend rannte die Rothaarige in den aufkommenden Sturm hinaus. Die anderen folgten ihr stumm, mit Furcht und Entsetzen auf ihren Mienen.
    Sophies Herz raste. Sie konnte sich noch immer nicht rühren, merkte nur, wie sie in Erwartung des dämonischen Zorns den Kopf einzog.
    Krachend schlugen die Flügel der Tür wieder zu. Alles, was aufgewirbelt worden war, fiel wie Steine auf den Boden zurück. Kafziel wandte sich ihr zu. In Stimme und Blick schwang Wut mit, doch er bemühte sich offenbar um Mäßigung. »Mein treuester Diener hat mich verraten. Er hätte das Ritual durchführen sollen, um mir zu huldigen.

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