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Der Landarzt (German Edition)

Der Landarzt (German Edition)

Titel: Der Landarzt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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wendend, sagte er fortfahrend:
    »Der Herr ist mein würdiger Beigeordneter, Monsieur Cambon, der Holzhändler, dem ich das wohlwollende Vertrauen verdanke, das mir die Einwohner entgegenbringen. Er ist einer der Schöpfer der von Ihnen bewunderten Fahrstraße. – Ich hab' nicht nötig,« fuhr Benassis, auf den Pfarrer zeigend, fort, »Ihnen zu sagen, welchen Beruf der Herr ausübt, Sie sehen in ihm einen Mann, den zu lieben niemand umhin kann.«
    Des Priesters Gesicht nahm die Aufmerksamkeit des Offiziers durch den Ausdruck einer moralischen Schönheit in Anspruch, deren Zauber unwiderstehlich war. Auf den ersten Blick konnte Monsieur Janviers Antlitz unangenehm erscheinen, so viele strenge und schroffe Linie waren daraufgeschrieben. Seine kleine Figur, seine Magerkeit, seine Haltung kündigten eine große physische Schwäche an; seine immer ruhige Physiognomie aber bezeugte den tiefen inneren Frieden des Christen und die Kraft, welche Seelenkeuschheit erzeugt. Seine Augen, die den Himmel zurückzustrahlen schienen, verrieten die unerschöpfliche Glut der Nächstenliebe, die sein Herz verzehrte. Seine wenigen und natürlichen Gebärden waren die eines bescheidenen Mannes; seine Bewegungen hatten die schamhafte Einfachheit der Bewegungen junger Mädchen. Sein Blick flößte Achtung und den unbestimmten Wunsch ein, vertraut mit ihm zu werden. »Ach! Herr Bürgermeister,« sagte er, sich verneigend, wie wenn er dem Lobe, das Benassis ihm spendete, entgehen wollte.
    Der Ton seiner Stimme ging dem Major zu Herzen, und er wurde durch die beiden nichtssagenden Worte, die der unbekannte Priester äußerte, in eine beinahe religiöse Träumerei versenkt.
    »Meine Herren,« rief Jacquotte, die bis in die Salonmitte trat und dort, die Faust auf der Hüfte, stehenblieb, »Ihre Suppe steht auf dem Tische.«
    Auf Benassis' Aufforderung hin, der einen nach dem andern aufforderte, um die Vortrittshöflichkeiten zu vermeiden, gingen die fünf Gäste des Arztes in das Speisezimmer hinüber und setzten sich dort, nachdem sie das Benedicite, das der Pfarrer ohne Emphase mit heller Stimme betete, angehört hatten, zu Tisch. Der Tisch war mit einem Tuche aus jenem Damastleinen bedeckt, das unter Heinrich IV. von den Brüdern Graindorge erfunden worden war, geschickten Fabrikanten, die den in Haushaltungen so bekannten dichten Geweben ihren Namen gegeben haben. Das Tischtuch strahlte von Weiße und roch nach dem Thymian, den Jacquotte in die Lauge zu tun pflegte. Das Tafelgeschirr bestand aus völlig unversehrtem blaurandigen weißen Steingut. Die Karaffen hatten jene alte achteckige Form, welche nur die Provinz bis auf unsere Tage beibehalten hat. Die aus Horn gearbeiteten Messerstiele zeigten seltsame Figuren. Wenn man diese Gegenstände eines verjährten Luxus, die nichtsdestoweniger fast neu waren, betrachtete, fand sie jeder im Einklang mit der Gutmütigkeit und dem Freimut des Hausherrn. Genestas' Aufmerksamkeit verweilte einen Augenblick beim Deckel der Suppenschüssel, den sehr schön kolorierte Gemüse in erhabener Arbeit in der Art des Bernard Palissy, eines berühmten Künstlers des XVI. Jahrhunderts, krönten. Die Versammlung entbehrte nicht der Originalität. Benassis' und Genestas' kraftvolle Köpfe bildeten einen wunderbaren Kontrast zu Monsieur Janviers Apostelkopfe; desgleichen hoben die welken Physiognomien des Friedensrichters und des Beigeordneten des Notars junges Gesicht hervor. Durch diese verschiedenen Gesichter, auf denen sich gleicherweise Zufriedenheit mit sich, mit der Gegenwart und der Glaube an die Zukunft abmalten, schien die Gesellschaft repräsentiert zu werden. Nur Monsieur Tonnelet und Monsieur Janvier, die auf der Lebensbahn noch wenig vorgerückt waren, liebten es, über die Ereignisse der Zukunft, von denen sie fühlten, daß sie ihnen gehörte, Erwägungen anzustellen, während die anderen Gäste der Unterhaltung über die Vergangenheit den Vorzug geben mußten; alle aber faßten die menschlichen Dinge ernst ins Auge, und ihre Meinungen reflektierten eine Melancholie von doppelter Färbung: die eine besaß die Blässe der Abenddämmerung, die beinahe erloschene Erinnerung an Freuden, die nicht wiederkehren sollten, die andere erweckte Hoffnung wie die Morgenröte auf einen schönen Tag.
    »Sie müssen heute tüchtig zu tun gehabt haben, Herr Pfarrer,« sagte Monsieur Cambon.
    »Freilich,« antwortete Monsieur Janvier; »die Beerdigung des armen Kretinen und die des Vaters Pelletier haben zu

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