Der leiseste Verdacht
kennen, beruht vermutlich auf einem Missverständnis. Aber die Geschichte mit dem Eber weckt bei mir ungute Assoziationen.
Ich werde darauf zurückkommen. Doch zuerst möchte ich hören, ob Sie Ihrem Bericht noch Weiteres hinzufügen möchten, um das Bild abzurunden.«
»Ja. Wie ich gestern bereits erwähnte, richten sich Verdächtigungen gegen Patrik Andersson. Es gibt Anhaltspunkte, die ihn sowohl mit der Leiche in der Jauchegrube als auch mit dem Mord in Stockholm, der letzte Woche geschah, in Verbindung bringen. Natürlich folgen wir auch dieser Spur, doch lassen die Umstände darauf schließen, dass es sich um eine bewusste Inszenierung handelt, die dazu dient, Andersson beide Verbrechen in die Schuhe zu schieben.
Falls es sich bei der Leiche in der Jauchegrube tatsächlich um die Person handeln sollte, die wir im Blick haben, ist es wahrscheinlich, dass eine größere Organisation ihre Hände im Spiel hat, was umso mehr für den Mord in Stockholm gilt. In Hinsicht auf Marco Fermi ist eine weitere Komplikation aufgetreten. Vermutlich hat er erfahren, dass Katharina Ekman seine Frau zum Bahnhof in Christiansholm gebracht hat. Am Samstag, während Frau Ekman allein war, verschaffte er sich Zugang zu ihrem Haus und weigerte sich, wieder zu gehen, solange sie ihm nicht sage, wo seine Frau geblieben sei. Als Frau Ekman ihm diese Auskunft verweigerte, die sie im Übrigen auch gar nicht hätte geben können, bedrohte er sie und griff sie schließlich tätlich an. Sie setzte sich spontan zur Wehr und traf mit dem Knie sein Nasenbein, worauf Fermi kurzzeitig das Bewusstsein verlor. Ich habe ihr geraten, Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zu erstatten, damit wir die Möglichkeit bekommen, ihn genauer unter die Lupe zu nehmen. Hinsichtlich des Vorfalls haben sie und ihr Mann selbstverständlich größtes Interesse daran, dass Fermi so bald wie möglich von der 272
Bildfläche verschwindet. Wie viel Nygren von Fermis Aktivitäten mitbekommt, weiß ich nicht, doch kann ich mir nicht vorstellen, dass ihm mit solch einem Mitarbeiter langfristig gedient ist. An sich habe ich keinen Grund, Nygren selbst zu misstrauen, nur haben sich in seinem Umfeld allzu viele merkwürdige Vorfälle ereignet.«
Roos ließ sich in seinen Sessel sinken. Seine schmalen Hände ruhten entspannt auf den Armlehnen. Er hatte die Augen geschlossen.
»Ich verstehe«, sagte er leise und schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Roffe wartete.
Plötzlich gab Roos ein warmherziges Lachen von sich. »Ich war gestern am Telefon ein wenig grob zu Ihnen«, sagte er.
»Das gehört leider auch zu meinem Job. Am bequemsten wäre es natürlich gewesen, wenn ich Sie mit irgendeinem Vorwand hätte beschwichtigen können. Doch nachdem ich eine Weile mit Ihnen gesprochen hatte, hielt ich es für das Beste, den Stier bei den Hörnern zu packen.« Er öffnete die Augen und sah Roffe durchdringend an.
»Also hören Sie zu: Vor fünf Jahren hat einer unserer Männer mit Interpol zusammengearbeitet. Seine Aufgabe bestand darin, eine Verbrecherorganisation zu unterwandern, die sich in ganz Europa, nicht zuletzt in Schweden verzweigt. Zu diesem Zweck wurde er mit einer geeigneten Identität ausgestattet. Ich kann Ihnen verraten, dass auch eine Reihe anderer Nationen ihre V-Männer auf die Organisation ansetzte, doch allesamt ohne Erfolg. Vorigen Sommer gelang es unserem Mann, Beweise zu sichern, mit deren Hilfe wir die Organisation hätten ausheben können, doch gleichzeitig hatte er sich in eine so prekäre Lage gebracht, dass er untertauchen musste. Es ist nicht auszuschließen, dass der Tipp von einem Maulwurf kam. Unser Mann konnte sich rechtzeitig absetzen. Um sein Leben zu schützen, mussten wir ihm eine neue Identität verpassen, was sein äußeres Erscheinungsbild mit einschloss.
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Es handelt sich um den Landwirt Bengt Nygren. Es gibt nur drei Personen beim Reichspolizeiamt, die seine wahre Identität kennen. Dass Marco Fermi ihn von früher her kennt, ist daher im Grunde ausgeschlossen. Als wir Ihre Anfrage erhielten, nachdem Sie bei der zentralen Meldestelle auf Granit bissen, waren wir natürlich besorgt. Der Leichenfund in Nygrens nächster Umgebung kam auch uns äußerst ungelegen. Wir nahmen Kontakt zu ihm auf und bekamen die in dieser Hinsicht beruhigende Nachricht, dass er mit dem Vorfall nichts zu tun habe. Vermutlich war das Opfer in der Grube gelandet, ehe er den Hof übernahm. Das war zwar Pech, aber keine Katastrophe.
Solch ein Fall
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