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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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bemerkte, dass er immer noch Roos’ Hand schüttelte.
    Roos begleitete ihn zur Tür und öffnete sie ihm.
    »Werden Sie unmittelbar nach Christiansholm zurückkehren?«
    »Nein, ich fliege erst heute Abend. Ich möchte vorher noch meine Tochter besuchen, da ich schon einmal hier bin. Und ihre Mutter ebenfalls«, sagte er ein wenig unmotiviert. »Ich überlege, ob ich sie beide zum Essen einlade, doch ich weiß nicht recht, wohin.«
    »Wenn ich mir einen Vorschlag erlauben darf«, entgegnete Roos, »dann versuchen Sie es doch mit dem Stallmästergården.
    276

    Das ist ein vorzüglicher Ort, um zwei Damen zum Essen einzuladen.«
    »Danke für den Tipp. Das werde ich machen.«
    Beschwingt stürzte sich Roffe in das Gewimmel der Großstadt.
    277

    21
    Mittwoch, 10. Mai
    Die Tür zu Roffes Büro stand einladend offen. Lasse Wagnhärad kam herein und ließ sich vorsichtig auf einem der Besucherstühle nieder. Seinen Plastikbecher, der bis zum Rand mit heißem, starkem Kaffee gefüllt war, stellte er zum Abkühlen aufs Regal und nahm eine entspannte Position ein.
    Roffe riss sich widerwillig vom Bildschirm los und drehte sich mit seinem Stuhl herum.
    »Du bist schnell wieder da. Alles in Ordnung?«
    Wagnhärad spitzte die Lippen und machte eine vage Handbewegung. »So ziemlich. Du bekommst meinen Bericht nach dem Essen.«
    »Das kann bis morgen warten«, sagte Roffe rasch. »Ich habe ein paar delikate Aufträge für dich, die keinen Aufschub dulden.
    Was hältst du davon, noch mal nach Knigarp zu fahren und Nygren ein bisschen Feuer unterm Hintern zu machen?«
    Wagnhärad sah nicht gerade begeistert aus.
    »Ich kann mir kaum etwas Schöneres vorstellen«, entgegnete er.
    »Was soll ich machen? Seinen Hund vernehmen?«
    Roffe nahm mit zufriedener Miene zwei braune Umschläge aus seiner Schreibtischschublade und legte sie vor Wagnhärad auf den Tisch.
    »Mach sie nicht auf«, sagte er. »Schau dir bloß an, wie sie gekennzeichnet sind. Auf dem einen befindet sich ein kleines N, auf dem anderen ein F. Die Buchstaben stehen für Nygren und Fermi. In jedem Umschlag befinden sich zwei Fotos in 278

    Klarsichthüllen, eines von Axel Hemberg und eines von Marianne Wester.
    Was ich haben will, sind Fermis Fingerabdrücke, aber er soll nicht bemerken, dass er sie uns gibt. Sag ihm, du hättest die Fotos beim letzten Mal vergessen, würdest aber größten Wert darauf legen, dass er sie sich ansieht. Sieh zu, dass er die Klarsichthüllen ordentlich anfasst. Das ist das Wichtigste.«
    »Was ist mit Nygren?«
    »Um keinen Verdacht zu wecken, machst du mit ihm genau dasselbe, aber seine Fingerabdrücke sind uns egal. Darum die zwei identischen Umschläge. Pass auf, dass du bei Nygren den anderen benutzt, damit Fermis Fingerabdrücke unbeschädigt bleiben. Ich schlage vor, dass du mit Fermi beginnst, aber natürlich kann es sein, dass du improvisieren musst, wenn du vor Ort bist. Noch Fragen?«
    Wagnhärad streckte den Arm nach dem Kaffeebecher und trank in kleinen Schlucken.
    »Warum dieses plötzliche Interesse an Fermi?«, wollte er wissen.
    Roffe kniff die Augen zusammen und bemühte sich um eine geheimnisvolle Miene.
    »Was Signore Fermi angeht«, sagte er, »tappst du immer noch im Dunkeln. Falls sich nicht alle äußeren Umstände gegen ihn verschworen haben, deutet alles darauf hin, dass er ziemlich viel Dreck am Stecken hat.«
    Wagnhärad schaute verblüfft. »Inwiefern?«
    »Leider kann ich dir die Gründe nicht nennen, aber unsere Stockholmer Kollegen haben größtes Interesse an ihm. Sie haben auch die Sache mit den Fingerabdrücken veranlasst.«
    »Haben sie auch die Umschläge präpariert?«
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    »Nein, das habe ich getan. Dies ist praktisch das Ergebnis meiner morgendlichen Denkarbeit. Gar nicht so übel, wenn du mich fragst.«
    »Mit Fermi komme ich schon zurecht, aber bei Nygren sehe ich Schwierigkeiten, der wird sich fürchterlich aufregen.«
    »Der kann sich aufregen, so viel er will. Doch er wird sich kaum weigern, einen Blick auf die Fotos zu werfen«, entgegnete Roffe.
    »Aber das ist nur die eine Hälfte deines Auftrags. Ich habe eine Anzeige gegen Fermi vorliegen wegen Hausfriedensbruchs und Belästigung. Sie wurde von seiner Nachbarin Katharina Ekman erstattet.«
    Die Nachricht brachte Wagnhärad kurzzeitig aus der Fassung.
    Sein Gesicht spiegelte grenzenlose Verwunderung.
    »Das darf doch nicht wahr sein! Ganz gleich, was Fermi angestellt hat, aber ich war mir sicher, dass er sich gut unter Kontrolle hat. Nun

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