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Abzocke im Online-Chat

Abzocke im Online-Chat

Titel: Abzocke im Online-Chat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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    »Wow!« Klößchen ballte die
rechte Faust, als habe er gerade
das Siegtor im Endspiel um die Fußballweltmeisterschaft geschossen. Und zwar
eine Sekunde vor dem Schlusspfiff. Dabei war Fußball nicht gerade sein
Lieblingssport. Genau genommen gab es gar keine Sportart, die er wirklich
mochte. Was er an Talent und Ehrgeiz zu wenig hatte, schleppte er an Gewicht zu
viel mit sich herum. Bestenfalls bei einem Schokoladenwettessen hätte er
bestehen und das Siegertreppchen erklimmen können. Wahrscheinlich sogar ganz
oben auf Platz eins.
    »Bist du okay?«, fragte sein
Freund Tim. »Oder soll ich den Notarzt rufen?«
    »Ganz easy.« Klößchen grinste
selbstzufrieden. »Das hatte ich total vergessen!« Jetzt reichten die Mundwinkel
bis zu den Ohren.
    »Du nervst! Ich hab keinen Bock
auf Rätsel. Sag mir einfach, was Sache ist.«
    »Heute gibt es zum Mittagessen Milchreis
mit Zimt und Zucker«, verkündete Klößchen. »Und ich hatte geglaubt, heute wäre
Suppentag. Ich liebe es, wenn das Hauptgericht so was wie ein Nachttisch ist
und es zusätzlich noch etwas Süßes als Nachschlag gibt. Doppelt süß schmeckt
einfach besser. Das Leben meint es heute wirklich gut mit mir. Erst fiel der
Mathetest aus und jetzt diese Überraschung...«
    »Glückwunsch«, sagte Tim und
drückte gegen die Tür zum Speisesaal. Er ließ seinem Freund den Vortritt.
    »Danke«, murmelte Klößchen und
fuhr sich durch die rotblonden Haare. »Kannst uns schon mal einen Platz suchen.
Das Essen bringe ich.« Sein weiches Mondgesicht verwandelte sich in einen
Smiley.
    »Hab ich was verpasst?«,
knurrte Tim. »Ist heute Welttag der Höflichkeit oder so?«
    »Oder so«, wiederholte Klößchen
und watschelte zur Essensausgabe.
    Tim lief zu einem freien Tisch
in der Mitte des Speisesaals, ließ sich auf den Stuhl fallen und streckte die
langen Beine von sich. Sechs Stunden Schule waren kein Zuckerschlecken. Der
Kopf brummte ein wenig.
    Klößchen balancierte auf einem
Tablett zwei Teller, die randvoll gefüllt waren. Zimt und Zucker und eine Kanne
Früchtetee standen schon auf dem Tisch. Klößchen süßte den Tee mit vier Löffeln
Zucker. Zentimeterdick streute er Zimt und Zucker auf den Milchreis.
    »Guten Appetit!«
    »Hä?« Tim runzelte die Stirn.
»Was ist denn heute in dich gefahren? Du platzt ja gleich vor lauter
Höflichkeit. Muss man dir ja nicht wünschen. Appetit hast du ja immer. Kann es
sein, dass du in den letzten Wochen wieder ein paar Kilo zugelegt hast?«
    Klößchen vergaß für einen
Augenblick alle Anstandsregeln und antwortete mit vollem Mund: »Du nervst,
Tim!« Er trank einen großen Schluck Tee, der nur noch lauwarm war. »Ja, ich
esse gerne! Ja, ich bin dick! Ja, ich bin kein Supersportler! Das musst du mir
nicht immer wieder erzählen. Aber ich fühle mich wohl in meiner Haut. Mehr gibt
es dazu nicht zu sagen.«
    »Sorry!«, rief Tim und hob
beschwichtigend die Hände. »Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Hast ja recht,
ist nicht mein Problem, wenn du in ein paar Jahren deinen ersten Herzinfarkt
kriegst.«
    »Du übertreibst!« Klößchen
streute noch eine Schicht Zucker über den Milchreis.
    Tim lag eine ätzende Bemerkung
auf der Zunge, die er rasch runterschluckte. Es hatte keinen Zweck.
    Bei Klößchen, der eigentlich
Willi Sauerlich hieß, stieß er doch nur auf taube Ohren. Essen war seine
Leidenschaft und Schokolade die Liebe seines Lebens. Und es war ja auch kein
Wunder, denn Klößchen war mit Schokolade aufgewachsen. Seinen Eltern gehörte
eine bedeutende Schokoladenfabrik, die er einmal erben würde. Um seine Zukunft
musste er sich also keine Gedanken machen.
    Ganz anders sah es bei Tim aus.
Der sportliche Junge mit den dunklen Locken und der gebräunten Haut war
Halbwaise. Sein Vater war vor ein paar Jahren bei einem Unfall ums Leben
gekommen. Tim war seiner Mutter sehr dankbar, dass sie es ihm ermöglichte, das
angesehene Internat zu besuchen. Hier lernte er für seine Zukunft. Aber das
Internat hatte nicht nur einen ausgezeichneten Ruf, es war auch sehr teuer. Seine
Mutter wohnte weit entfernt in einer anderen Stadt. Sie arbeitete als
Buchhalterin und verdiente nicht gerade ein Spitzengehalt. Trotzdem brachte sie
Monat für MonatdaS Schulgeld auf und was sonst noch so für Tim gebraucht wurde.
Klamotten zum Beispiel und Bücher. Da musste eben am Lahrgeld gespart werden.
    Geldprobleme kannte Klößchen
nicht. Er hätte bei seinen Eltern wohnen können. Sie besaßen in der nahen Stadt
eine wunderschöne

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