Der leiseste Verdacht
Eskilstuna. Ich habe gerade mit Enqvist telefoniert. Ich soll euch informieren, dass es einen 327
Job gibt, der absoluten Vorrang hat. Ich bekomme heute Abend um zehn Besuch von Axel Hemberg …«
»Hemberg? Ist der immer noch im Land?«
»Sieht so aus, da er heute Abend bei mir vorbeikommt.
Enqvist will, dass ihr ihn morgen Abend um neun Uhr lebend in der Hütte abliefert.«
»Morgen Abend? Was sollen wir bis dahin mit ihm
anfangen?«
»Das weiß ich auch nicht. Enqvist sagt, ihr hättet mit so was Erfahrung.«
»Verstehe, wir lassen uns was einfallen.«
»Aber keine Gewalt. Enqvist hat betont, dass Hemberg morgen in guter Verfassung sein soll.«
»Alles klar. Es reicht doch wohl, wenn wir um acht bei dir sind?«
»Das dürfte in jedem Fall reichen.«
Er legte auf. Es war kurz nach fünf. Was sollte er tun?
Abwaschen? Aufräumen? Was für eine unglückliche Fügung, dass Majlis ihn ausgerechnet heute verlassen hatte. Wenn sie noch da wäre, hätte er Axel niemals zu sich nach Hause eingeladen. Er wusste nicht, ob er erleichtert oder verzweifelt über ihren Entschluss sein sollte. Er ging in die Küche und nahm den Abwasch in Angriff.
Um kurz vor acht klingelte es an der Tür. Zu diesem Zeitpunkt war er schon ziemlich angetrunken und dachte für einen Moment, sie seien zu viert gekommen. Er machte sicher keinen guten Eindruck und empfand einen scharfen Kontrast zwischen seiner eigenen Labilität und ihrer effektiven Professionalität. Sie erkundeten zuerst das Haus und diskutierten die verschiedenen Möglichkeiten, den morgigen Tag zu verbringen. Der Partykeller wurde als geeigneter Verwahrungsort für Hemberg ausgewählt und mit einem provisorischen Schlafplatz versehen.
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Aus der kleinen Toilette neben dem Partykeller wurden alle Gegenstände entfernt, die Hemberg auf dumme Gedanken bringen konnten. Als sie eine Injektionsspritze herausholten, fühlte Ramklo einen vorsichtigen Einspruch für angebracht:
»Enqvist hat doch gesagt, er soll einen klaren Kopf behalten.«
Der mit der Spritze lachte herablassend. »Morgen Abend wird er völlig klar im Kopf sein. Und wenn er noch einen Funken Verstand hat, wird er wissen, dass dies seine letzte Nacht ist.
Und wenn nicht seine letzte, dann jedenfalls seine vorletzte, und da kann es dir doch scheißegal sein, ob er ein Auge zumacht oder nicht. Das hier ist nur ein bisschen Morphium, das ihm helfen wird, sich zu entspannen und die Situation ein bisschen positiver zu sehen, als sie ist.«
Ramklo starrte die Spritze an und fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen.
»Was soll ich tun, wenn er kommt?«, fragte er. »Soll ich mit ihm reden, oder wollt ihr euch gleich um ihn kümmern?«
»Hast wohl zu viel getrunken, was? Natürlich sollst du mit ihm reden. Wir können ja wohl nichts tun, ehe er nicht richtig im Haus ist. Aber ich rate dir, wieder nüchtern zu werden, sonst gefährdest du die ganze Aktion.« Er wandte sich an seinen Kompagnon: »Herr Ramklo ist ein bisschen von der Rolle und braucht einen starken Kaffee. Aber stell ihn erst mal unter die kalte Dusche.«
Bei diesen Worten zuckte Ramklo zusammen und mobilisierte den letzten Rest seiner Selbstachtung.
»Danke, Hilfe ist nicht nötig«, entgegnete er kurz und ging ins Badezimmer.
Als es auf zehn Uhr zuging, saß er einigermaßen nüchtern im Eingangsbereich auf einer Stuhlkante und hatte die Haustür fest im Blick. Irgendwo in seinem Haus hielten sich zwei Männer lautlos im Verborgenen. Er kam sich vor wie ein schlecht vorbereiteter Schauspieler, der, obwohl er seinen Text vergessen 329
hatte, gleich auf die Bühne musste. Außerdem wusste er, dass Olof und Robert über sein Verhalten genauestens Bericht erstatten würden.
Es klingelte an der Tür. Er wischte seine schweißnassen Handflächen an seiner Hose ab, bevor er zur Tür ging und öffnete.
Axel Hemberg kam gut gelaunt herein.
»Hallo, Hasse. Wow, was für ein tolles Haus! Und was für eine schöne Gegend. Am Abend ist es ja wunderbar ruhig hier.«
Er zog eine Flasche aus der Manteltasche. »Ich hab einen Martell mitgebracht. Gute Geschäfte sollte man mit einem edlen Kognak begießen.«
Ramklo nahm die Flasche entgegen und bemühte sich um ein unbeschwertes Lachen. »Du bist wie immer die Großzügigkeit selbst.«
Hemberg schaute sich fragend um. »Wohnst du etwa allein?«
Ramklo ging ins Wohnzimmer voraus.
»Ja, seit neuestem. Meine Freundin hat mir gerade den Laufpass gegeben.«
Hemberg legte eine prall gefüllte
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