Der leiseste Verdacht
Aktentasche auf den Tisch und strich ein paar unsichtbare Falten seines eleganten Anzugs glatt.
»Das tut mir Leid. Vielleicht bereut sie ihren Entschluss ja und kommt zurück.«
»Schon möglich. Das hat sie früher auch schon mal gemacht.
Aber eigentlich bin ich ganz froh, wieder mein eigener Herr zu sein. Setz dich doch, ich hole zwei Gläser.«
Von seiner eigenen Kaltblütigkeit überrascht, ging Ramklo auf etwas unsicheren Beinen in die Küche. Da die
Kognakschwenker erwartungsgemäß verstaubt waren, spülte er sie rasch unter dem Wasserhahn. Während er sie abtrocknete, hörte er Stimmen aus dem Wohnzimmer. Sein Herz begann zu 330
rasen. Hilflos verharrte er mitten in der Küche, hielt sich das Geschirrtuch vor den Mund und lauschte. Alles schien friedlich vor sich zu gehen. Es klang wie eine ruhige Unterhaltung. Sollte er hineingehen? Er hätte alles dafür gegeben, nicht dabei sein zu müssen, hatte jedoch das Gefühl, dass seine Gegenwart vorausgesetzt wurde.
Mit versteinerter Miene und den überflüssigen
Kognakschwenkern in der Hand kam er ins Wohnzimmer zurück. Axel Hemberg saß ungewöhnlich steif in seinem niedrigen Sessel, flankiert von den beiden Männern. Einer von ihnen hielt ihm eine Pistole an den Kopf. Ramklo schlug die Augen nieder und stellte die Gläser auf den Tisch.
»Tut mir Leid«, murmelte er mit belegter Stimme.
Hemberg versuchte etwas zu sagen, doch kein Laut kam über seine Lippen. Sein Gesicht war grau, er stand offensichtlich unter Schock. Ramklo wurde von heftigem Mitleid gepackt. Der Mann im Sessel hatte ihm nie etwas Böses getan. Warum musste er jetzt an seiner Erniedrigung teilhaben? Er hasste die beiden Gangster, die Enqvist ihm geschickt hatte, doch am meisten hasste er seine eigene Feigheit.
»Möchtest du trotzdem einen Kognak?«, fragte er verlegen.
Hemberg nickte.
Mit zitternder Hand füllte er das Glas fast bis zum Rand und reichte es seinem Gast.
Hemberg trank in einem Zug.
Die Zeit schien stehen zu bleiben, während die beiden Ganoven offenbar darauf warteten, dass er das Kommando übernahm. Er räusperte sich: »Enqvist will mit dir sprechen«, sagte er mit gequetschter Stimme.
Keine Reaktion.
Er machte eine vage Geste in Richtung der beiden Männer.
»Diese Jungs fahren dich morgen nach Stockholm. Heute 331
Nacht schläfst du hier. Wir haben dir im Partykeller … einen Schlafplatz hergerichtet.«
Schweigen.
»Vielleicht solltest du dich gleich hinlegen …«
Endlich geschah etwas. Der Mann mit der Waffe machte eine vielsagende Geste, während der andere Hemberg unter den Achseln packte und aus dem Sessel hob. Hemberg schwankte kurz, bevor seine Beine einknickten und er zu Boden stürzte.
Die drei Männer trugen ihn in den Partykeller.
Als er auf der Matratze lag, kam er wieder zu sich und unternahm plötzlich einen gewaltsamen und überraschenden Versuch aufzuspringen. Doch die Wirkung der Spritze ließ nicht lange auf sich warten, und nach ein paar Minuten hatte er sich wieder beruhigt. Als Ramklo sich noch einmal zu ihm umdrehte, bevor er sich erschöpft die Treppe hinaufschleppte, lag Hemberg auf dem Rücken und starrte relativ ruhig an die Decke.
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Donnerstag, 18. Mai
Auf allen vieren jätete Katharina die Erdbeerbeete und genoss jede Sekunde. Sie liebte diese meditative Tätigkeit, die ihr ein Gefühl für die Relationen des Daseins wiedergab.
Als das schrille Klingeln des Telefons die friedvolle Stille zerriss, legte sie die Hacke beiseite und rappelte sich murrend auf. Das Telefon lag zwischen ein paar Topfpflanzen im offenen Fenster. Auf dem Weg dorthin sah sie zu ihrem Mann hinüber, der immer noch schmollend in der Hängematte lag, wo er anscheinend für den Rest des Tages zu bleiben gedachte.
Da sie schlechte Nachrichten inzwischen gewohnt war, hob sie den Hörer mit derselben gespannten Erwartung ab, mit der man einen Stein hochhebt, um zu sehen, was darunter ist.
»Hallo, hier ist Roffe. Ist PM in der Nähe?«
Ihr Gesicht verhärtete sich. »Nein, er will mit niemandem reden«, sagte sie entschieden.
»Du meinst wohl, er will nicht mit mir reden. Ist er etwa immer noch sauer wegen Montag?«
»Ist ja wohl kein Wunder«, entgegnete sie solidarisch. »Das war ein ziemlicher Schock für ihn.«
»Ich gebe zu, dass wir ihn etwas hart angefasst haben, aber zu meiner Entschuldigung kann ich anführen, dass auch ich schockiert war. Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte, als ich die Informationen aus Stockholm
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