Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
beste! Der größte Künstler mit der besten Story und dem besten Design. Keiner gönnt dem anderen etwas. Und wenn er, Tamas, ehrlich ist: Hat er je einmal den Vorschlag eines anderen gelobt? Dabei sind sie alle blutige Anfänger, die so tun, als seien sie Profis. Und jetzt will ihm irgendjemand sogar ein neues Spiel bieten! Pandora?, denkt er. Nie gehört, nie gesehen den Namen im Chat.
Er verlässt seine Kellerwohnung und will sich am Wohnzimmer vorbeischleichen. Die Tür steht halb offen. Seine Eltern klatschen in die Hände. Sie spielen das vorabendliche TV-Spiel „Jedem eine Chance!“. Heute geht es um ein Kartenroulette.
„Volltreffer, du bist gut, Carola!“, jubelt Walter, sein Vater. Sie hatte den Cursor auf die richtige Karte gesetzt, die dann kam. Über eine Konsole sind die Zuschauer mit dem Sender verbunden.
„Wir sind in der Endrunde, Schatz!“, ruft Carola aus. Ihr Blick fällt auf ihren Sohn an der Tür. „Tamas, komm rein.“
„Nein Mutter, geh noch kurz weg.“
„Aber du hast nichts gegessen. Willst du eine Pizza?“
„Danke Mutter. Vielleicht später.“
„Wann bist du zurück?“, fragt sein Vater, ohne den Blick vom Fernsehbildschirm zu nehmen.
„Warum?“
„Muss noch mit dir reden. – Carola, es geht weiter!“ Die Eltern wenden sich wieder dem Spiel zu.
IM RADSCHU
Tamas geht die kurze Strecke zu seiner Stammkneipe durch den Südpark. Es wird früh dunkel, nur wenige Lampen erleuchten die Wege. Große Lust auf Leute hat er nicht. Aber im Moment ist das noch besser, als alleine im Keller oder bei Carola und Walter im Wohnzimmer zu sitzen. Sein Blick wandert durch die Dunkelheit.
Es klappt einfach gar nichts mehr, denkt er.
Das RADSCHU liegt am Rande der Altstadt.
„Hallo Tamas!“, grüßt der Nepalese, dem der Laden gehört, von der Theke her. Vor einiger Zeit hatte der Inder hier noch ein Internetcafé und einen Telefonshop betrieben. Radschus Frau hatte ihn dann überredet, besser ein Studentencafé und Bistro zu führen. Das liefe besser in dieser Gegend und mache auch mehr Spaß. Sie hatte recht behalten, der Laden war jetzt ein beliebter Treffpunkt.
„Ist Moki da?“, fragt Tamas.
Aber sein Freund hat ihn schon bemerkt.
„Hey, alter Autist. Lange nicht gesehen!“, ruft er ihm zu. Er steht von seinem Tisch auf und gibt Tamas einen freundschaftlichen Klaps.
Tamas zuckt zurück. Er mag Berührungen nicht. Außerdem hasst er es, wenn Moki ihn „Autist“ nennt. Tamas murmelt einen Gruß und setzt sich an den Tisch seines alten Schulfreundes. Dem kann er sowieso nichts übel nehmen. Moki ist in Ordnung und meint es nicht so. Das weiß Tamas.
„Du könntest dich öfter melden“, meint Moki. „Früher waren wir jeden Tag zusammen. War doch gut, oder?“
„Ja, war gut“, sagt Tamas.
„Mann, was hatten wir für supertolle Pläne! Wollten eine Garagenfirma gründen und Software entwickeln wie Bill Gates. Wir wollten steinreich werden damit ... Ey, was ist mit dir?“
„Wieso?“
„Du hörst gar nicht zu.“
„Sorry, bin nicht gut drauf.“
„Sag schon, was los ist? Siehst aus wie ein Zombie.“
„Weiß ich selber nicht.“
„Hast du das Spiel fertig?“
Tamas hat Moki von den Feuerreitern erzählt.
„Nein, noch nicht.“
„Wann bist du so weit?“
„Vergiss es. Im Chat haben sie mich schon deswegen fertiggemacht.“
„Na und, mach dir nichts draus.“
„Tu ich aber.“
„Hobbymäßig kannst du das gar nicht alleine schaffen, ein marktreifes Spiel zu entwickeln. Dazu braucht man Profis, Scriptschreiber, Grafiker, Musiker, Leveldesigner und andere Spezialisten, alle müssen zusammenarbeiten. Dazu eine Firma, die dahintersteht und das Marketing macht.“
„Ich weiß nicht, ob ich das alles will.“
„Ich habe jedenfalls keine Lust mehr, den Einzelgänger zu spielen“, erklärt Moki. „Hat ’ne Weile gedauert, aber ich weiß, dass es mit der Karriere als genialer Entwickler und Programmierer nichts wird. Solltest auch mal drüber nachdenken. Ich fang mit BWL an. Das hat mehr Zukunft.“
Was ist echt?
Tamas schweigt. Moki winkt einem Mädchen zu, das mit ein paar Leuten am Nebentisch sitzt: „Hi Lotta, wie geht’s?“
„Ich frage mich manchmal“, sagt Tamas, der das nicht mitbekommen oder nicht darauf geachtet hat, „ob das mein wirkliches Leben ist.“
„Häh? Was meinst du?“
„Kann ich wissen, ob die Welt wirklich ist? Vielleicht ist alles ganz anders, als wir denken.“
„Tja, interessanter Gedanke“, sagt
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