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Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Titel: Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schneider
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Nacht war Schnee gefallen. Am Feuer sortierten zwei Frauen Pflanzen und Wurzeln. Ein Mann bearbeitete mit kräftigen Schlägen eines scharfen Steins einen Ast, zwei andere brachten in einem aus einem hohlen Baumstamm gefertigten Gefäß Wasser vom Fluss herauf. Tamas fror erbärmlich, zog das Fell enger um seinen Oberkörper. Der Mann winkte ihm. Tamas winkte grüßend zurück. Der Mann forderte ihn mit schroffer Geste auf, zu ihm zu kommen.
    „Emmde!“
    Er will, dass ich ihm helfe, dachte Tamas. Ich verstehe diese Leute schon besser.
    „Alles klar, komme schon!“
    Er begriff, dass er mit anpacken sollte, einen Unterstand zu bauen. Gebogene Äste wurden mit Pflanzenfasern zusammengebunden. Es kamen noch andere Männer hinzu, die mithalfen, das Gestell aufzurichten und eine Lage Blätter und Felle darüberzudecken. Während der Arbeit redeten sie alle durcheinander. Tamas schien, als seien sie aufgeregt. Er ahnte, dass es wieder um die Beute ging. Die Laute für Mammut, Bär, Wollnashorn, Auerochse und Hirsch hatte er bereits gehört: „Kaauo! Mmut! Schrst!“
    Soweit er verstehen konnte, hatten die Jäger Späher ausgesandt, um nach der erwarteten Beute Ausschau zu halten. Die Beschwörungsformel von gestern hatte geholfen!
    Jemand klopfte Tamas auf die Schulter, nickte ihm zu. Anscheinend sollte das ein Lob für die Mitarbeit des fremden Gastes in ihrer Sippe sein.
    Tamas wurde von Kindergeschrei und Lachen abgelenkt. Er bemerkte die Kinderhüterin, die mit den Kindern aus einem nahe gelegenen Wäldchen zurückkehrte. Die Kinder hatten Pilze, Eicheln und Nüsse gesammelt und präsentierten sie stolz den Frauen am Feuer.
    Die Kinderhüterin
    Tamas sah sie später auf einer Ebene im Hang mit den Kindern spielen. Er musste unbedingt wissen, wer sie war. Sie passte nicht hierher, dachte er.
    Tamas tat etwas, das er sich in der echten Welt nie getraut hätte: Er ging zu dem Mädchen, sprach es an. Niemals hätte er es gewagt, die Kellerassel, der menschenscheue Eremit, der Angst vor jeder Berührung hatte. Nicht einmal seine Mutter durfte ihn umarmen, ohne dass er zurückzuckte.
    „Ball haben!“, riefen die größeren Kinder.
    „Ball-la-la!“, wiederholten die kleineren.
    „Hallo!“, rief er, als er sich der Frau mit den Kindern näherte. Die Frau sah auf.
    „Wer bist du?“, fragte sie. „Woher kommst du?“
    „Ich heiße Tamas. Wie heißt du?“
    Sie schwieg.
    „Ich habe dich singen gehört, heute Nacht, bei den Kindern. Es war wunderschön. Ich konnte alles verstehen.“
    „Ich weiß.“
    „Du weißt?“
    „Ich habe dich auch gesehen.“
    „Sag mir doch, wer bist du?“
    „Ich bin ... mich hat es hierher verschlagen.“
    „Mich auch“, sagte er.
    Ehe Tamas das Gespräch fortsetzen konnte, zogen die Kinder sie fort. Sie waren ungeduldig, sie wollten ihr Spiel fortsetzen. Sie hatten flache Steine in verschiedenen Farben gesammelt und warfen sie in bestimmte, auf dem Boden im Schnee markierte Felder. Sie waren erhitzt, sie lachten und freuten sich, wenn sie ihre Steine in die richtigen Felder bekommen hatten. Tamas erinnerte sich: Das war auch ein Spiel seiner Kindheit. Der Name fiel ihm nicht ein. Sollte sich etwa seit Urzeiten daran nichts geändert haben?
    „Bist du eine Frau aus diesem Volk?“
    „Ich gehöre so wenig zu diesem Volk wie du“, antwortete sie. „Ein Wunder, dass sie dich am Leben gelassen haben.“
    „Bist du eine Spielerin? Simulation? Avatar*?“
    „Ich weiß nicht, was du meinst. Mendo, was willst du?“
    Sie wandte sich einem Jungen zu, der ihr einen Fellball zeigen wollte.
    „Sind das deine Kinder?“
    Sie lachte. „Nein. Ich bin die Hüterin der Kinder. Diese Aufgabe wurde mir von dem Alten der Sippe übertragen, denn ihre Mütter sind bei den Geburten gestorben.“
    „Spiel!“, forderten die Kinder sie auf. Jedenfalls klang es für ihn so.
    „Spiel!“
    Schon kam der Ball geflogen.
    Nenne mich Mond
    Die Meute rannte wie Hunde hinter dem Fellknäuel, das sie als Ball benutzten, her. Die einzige Regel schien zu sein, dass jedes Kind versuchte, den Ball möglichst lange bei sich zu behalten, bevor er ihm abgenommen wurde. Nach einigen Minuten bildeten sich zwei Parteien mit zwei Spielführern, denen immer dann der Ball zugeworfen wurde, wenn es brenzlig wurde. Ein Spielführer war Tamas, der andere die Kinderhüterin. Das Spiel wurde wilder, das Gerangel heftiger. Sie warfen den Ball, mit einer Hand, mit beiden. Sie traten nach ihm. Die Gegner versuchten, einander

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