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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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du nicht etwas Passendes findest, um dich zu bedecken.«
    »Wäre das nicht Diebstahl?«
    »Nein«, der Tonfall des Drachen war nahezu zärtlich geworden, »bestimmt nicht. Es würde lediglich bedeuten, Dinge zu nehmen, die niemandem mehr nützen.«
    Der junge Elf machte noch einmal die Runde durch das ganze Dorf. Alles war zerstört und niedergebrannt. In dem, was einst die größte Hütte gewesen sein musste, fand er Reste eines Spielzeugboots und eine kleine Stoffpuppe, er nahm sie mit, sie versetzten seinem Herzen erneut einen Dolchstoß und machten ihn traurig. Im Nebeldunst zeichnete sich etwas Weißes ab. Es war ein großer, ausgemergelter, sehr alter Hund. Bis zu diesem Augenblick hatte er sich im Schilf versteckt gehalten, vielleicht weil er den Drachen fürchtete, aber als Yorsch die Spielsachen anrührte, hatte er sich aufgerappelt, und jetzt schleppte er sich mühsam zu ihm hin und wedelte dabei schwach mit dem Schwanz. Eine seiner Pupillen war vor Blindheit weiß geworden, aber sein Geruchssinn war ungebrochen.
    »Treu!«, schrie Yorsch. »Treu, Treu, Treu. Das war ihr Hund, der von Monser und Sajra, meine ich. Treu, Treu, Treu!«
    Auch der Hund hatte ihn wiedererkannt. Yorsch kniete am Boden nieder und schlang ihm die Arme um den alten, von spärlichen, schmutzigen und grauen Haaren bedeckten Hals. Der Hund schleckte ihm das ganze Gesicht ab. Als Yorsch mit den Händen die Stirn des Hundes berührte, drangen wirre Erinnerungen in sein Bewusstsein: Schreie, stechende Gerüche, Feuer, Angst. Der Hund erinnerte sich an den Tritt eines Pferdes, der ihn übel zugerichtet hatte, während das Dorf in Flammen stand. Dann waren da noch andere Erinnerungen: Hunger, Tage der Einsamkeit und des Trübsinns, damit zugebracht, den Würmern alte Tierkadaver streitig zu machen, in der Hoffnung, dass irgendwer zurückkäme. Jetzt war jemand gekommen. Sein Wachdienst war beendet. Die Übergabe erfolgt. Yorsch war gekommen, hatte das Haus gefunden und irgendwie würde er die Dinge wieder in Ordnung bringen. Die altvertrauten Gerüche von früher würden wiederkehren, getrocknete Äpfel, gebratene Rebhühner; der gute Geruch von Menschen, die sich lieb haben. Einen Augenblick lang erblickte Yorsch im Gedächtnis des Hundes die Gestalten der Frau und des Jägers und den Bruchteil einer Sekunde lang einen kleinen, verschwommenen Schatten, jemanden, der mit der Puppe und dem kleinen Boot gespielt hatte.
    Lang dauerte diese Umarmung. Yorsch hatte sich hinuntergebeugt und umfing den Hund am Brustkorb mit seinen Armen. Der Elf verspürte eine unendliche Müdigkeit, einen einzigen Wunsch, nun, da die Wache beendet war, den Wunsch nach Ruhe. Er spürte, wie die Atemzüge des Hundes immer langsamer wurden, bis sie zuletzt ganz aussetzten. Er spürte das Herz, wie es einmal schlug, dann noch einmal, schwächer, nach einer Pause noch einmal und schließlich zum letzten Mal. Dann nichts mehr. Yorsch verharrte lange so, reglos, die Arme um den Hund geschlungen, spürte, wie die Wärme aus ihm wich und die Glieder steif wurden. Er hatte nichts getan, um ihn dazubehalten, aber er wartete lang, bevor er die Umarmung löste. Jetzt konnte es keinen Zweifel mehr geben, Monser und Sajra hatten hier im Dorf gelebt, in dem Haus mit den Spielsachen. Etwas Entsetzliches musste geschehen sein, er musste sie suchen, jetzt mehr denn je.
    Yorsch ließ den Hund los, strich ihm zärtlich ein letztes Mal über die Augen, dann legte er ihn in eine Grube im Sand, die Erbrow mit einem Schlag seines Schwanzes schnell ausgehoben hatte. Die Suche nach Kleidern ging fieberhaft weiter, jetzt waren sie dringender nötig denn je, um sich in die Welt der Menschen wagen zu können.
    Yorsch wollte schon aufgeben, als er unverhofft Glück hatte. In der abgelegensten Hütte stieß er in dem Verschlag unter einer Treppe auf eine alte Truhe, die Steinstufen hatten sie vor dem Feuer bewahrt. Es war eine kleine Truhe aus schönem Nussbaumholz. Das schmiedeeiserne Schloss mit eingraviertem Blumenmuster war abgesperrt, aber der Drache löste das Problem mit einem Hieb seiner Krallen. Drinnen lag ein langes weißes Kleid aus echtem Leinen, über und über mit kleinen Blümchen bestickt. Das musste jahrelange Arbeit gekostet haben. An den Ärmeln und am Rocksaum war es sogar mit einem Stoff besetzt, der ein Muster aus kleinen Löchern trug, wovon der Drache behauptete, es hieße Spitze . Auf die Vorderseite des Mieders war ein M gestickt.
    Yorsch wühlte sich durch die

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