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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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ein leichter Galopp mit den Hinterbeinen, in welchen die vorderen nur in zweifelhaften Momenten mit einstimmten, gemeinhin aber sich begnügten, einen hüpfenden Trott einzuhalten. Vielleicht brachte der schnelle Wechsel dieser Bewegungen eine optische Täuschung hervor, welche die Kräfte des Tiers scheinbar vergrößerte. Denn so viel ist gewiss, das Heyward, der doch ein scharfes Auge für die Verdienste der Pferde hatte, bei allem Scharfsinn nicht imstande war zu entscheiden, durch welcherlei Bewegung sein Verfolger die Krümmungen des Weges mit so ausdauernder Kühnheit zurücklegte.
    Der Eifer und die Bewegungen des reitenden Teils waren nicht minder merkwürdig als die seines Rosses. Bei jedem Wechsel der Evolutionen des Letzteren erhob der Erstere seine hagere Gestalt in den Bügeln und bewirkte durch die ungebührliche Verlängerung seiner Beine ein so plötzliches Wachsen und Zusammensinken seiner Gestalt, dass jede Vermutung über seine eigentlichen Dimensionen vereitelt wurde. Fügen wir noch die Tatsache hinzu, dass durch den einseitigen Gebrauch des Sporns eine Seite der Mähre sich schneller zu bewegen schien als die andere, und dass die misshandelte Flanke durch unablässige Schläge mit dem buschigen Schwanze bezeichnet ward, so haben wir das treue Bild von Ross und Mann.
    Die Runzeln, welche sich um die schöne, offene und männliche Stirn Heywards gesammelt hatten, glätteten sich allmählich, und um seine Lippen kräuselte ein leichtes Lächeln, als er den Fremden betrachtete. Alice strengte sich nicht eben an, ihre Heiterkeit zu unterdrücken, und selbst das schwarze, sinnige Auge Coras erglänzte von einer Laune, welche mehr Gewohnheit als die augenblickliche Stimmung seiner Gebieterin zu bewältigen schien.
    »Suchen Sie jemand?«, fragte Heyward, als der andere nahe genug gekommen war, um seine Eile zu mäßigen, »ich hoffe, Sie sind kein Unglücksbote.«
    »Ja gewiss«, erwiderte der Fremde, indem er fleißigen Gebrauch von seinem dreieckigen Biberhut machte, um eine Zirkulation in der geschlossenen Luft des Waldes zu bewirken, und seine Zuhörer in Zweifel ließ, auf welche der Fragen des jungen Mannes er antwortete. Als er jedoch sein Gesicht abgekühlt hatte und wieder zu Atem gekommen war, fuhr er fort: »Ich höre, Sie reiten nach William Henry, und da ich ebendahin reise, so schloss ich, gute Gesellschaft würde mit den Wünschen beider Parteien zusammentreffen.«
    »Sie scheinen das Vorrecht der entscheidenden Stimme zu haben«, erwiderte Heyward; »wir sind unser drei, und Sie haben niemand als sich selbst zu Rat gezogen.«
    »Gewiss. Das Erste, worüber wir im Reinen sein müssen, sind wir selbst. Ist man dessen gewiss – und wo Weiber mit im Spiel sind, ist dies nichts Leichtes – so ist das Nächste, dem Entschlusse gemäß zu handeln. Ich suchte beides zu tun und hier bin ich.«
    »Wenn Sie nach dem See reisen«, versetzte Heyward stolz, »dann sind Sie nicht auf dem rechten Wege, die Straße liegt wenigstens eine halbe Meile hinter uns.«
    »So ist es«, erwiderte der Fremde, durch den kalten Empfang nicht entmutigt. »Ich habe mich in Edward eine Woche aufgehalten und müsste stumm sein, wenn ich mich nicht nach dem Weg, den ich zu nehmen habe, erkundigt hätte; und wäre ich stumm, so hätt’s auch mit meinem Beruf ein Ende.«
    Er lächelte vor sich hin, wie einer, dem die Bescheidenheit verbietet, seine Bewunderung über einen zum Besten gegebenen, den Zuhörern aber unverständlichen Witz offen darzulegen, und fuhr dann fort: »Es ist nicht klug bei Leuten von meinem Beruf, mit denen, welche sie zu unterrichten haben, sich zu gemein zu machen: Deshalb folge ich nicht dem Heereszug; zudem glaube ich, dass ein Gentleman Ihres Standes am besten zu reisen weiß, und habe mich daher entschlossen, Ihnen Gesellschaft zu leisten, damit der Weg durch gegenseitige Mitteilung unterhaltender werde.«
    »Ein äußerst willkürlicher, wo nicht voreiliger Entschluss!«, rief Heyward, unentschlossen, ob er seinem steigenden Ärger Luft machen oder dem Sprecher ins Gesicht lachen sollte. »Aber Sie reden vom Unterrichten und von Beruf; sind Sie dem Provinzialcorps beigegeben als Lehrer in der edlen Kunst der Verteidigung und des Angriffs? Oder sind Sie vielleicht einer, der Linien und Winkel zieht und vorgibt, die Mathematik auszulegen?«
    Der Fremde sah den Frager einen Augenblick verwundert an, dann aber löste er jede Spur von Selbstzufriedenheit in einen Ausdruck feierlicher Demut

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