Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
dann seine neue Freundin geheiratet.
Francine stellte den Kaffee auf den Tresen, und LaBrea fragte vorsichtig: »Wie geht es Ihnen, Madame?«
Sie lächelte etwas verkrampft und atmete tief durch.
»Na ja, wie es einem so geht, wenn der Ehemann plötzlich den Turbo einlegt und sich ohne zu zögern in ein neues Leben katapultiert. Die schnellste Scheidung Frankreichs, hat mein Anwalt gesagt.« Ein depressiver Zug lag um ihren Mund. »Nicht mal drei Wochen, dann war er frei.«
LaBréa sah, dass ihre Hand zitterte.
»Verhält er sich denn korrekt?«, wollte er wissen. »Ich meine, finanziell, mit dem Unterhalt für Alissa?«
»Oh ja, da kann ich nicht klagen.« Es klang bitter. »Das läuft alles bestens. Er legt Wert darauf, als guter Vater dazustehen. In den Weihnachtsferien möchte er mit Alissa nach Martinique fliegen. Aber sie will nicht.«
»Weil seine neue Frau auch mitfliegt, nehme ich an.«
»Genau. Die beiden verstehen sich nicht.«
LaBréa biss in sein Croissant und gab zwei Stücke Zucker in den Kaffee.
»Sie hat auch keine Lust, die Wochenenden bei ihm zu verbringen«, fuhr Francine fort. »Weil er nie allein was mit ihr unternimmt.«
»Ich weiß«, sagte LaBréa. »Sie hat heute Morgen so etwas angedeutet. Reden Sie doch mal mit Ihrem Exmann.«
»Das kann ich mir sparen, das bringt gar nichts. Abgesehen davon, dass zwischen uns absolute Funkstille herrscht. Aber nicht durch meine Schuld. Er steht völlig
unter dem Einfluss seiner neuen Frau. Sie lässt ihn praktisch keine Sekunde allein. Früher konnte er so was nicht ausstehen. Aber, na ja - ich weiß auch nicht, warum so viele Männer ab einem gewissen Alter glauben, all ihre früheren Überzeugungen über Bord werfen zu müssen, wenn eine junge Frau in ihr Leben tritt und den zweiten Frühling einläutet.«
Sie ließ sich ein Glas Wasser einlaufen und trank es in einem Zug leer. LaBréa nippte an seinem Kaffee und griff nach dem zweiten Croissant.
»Für Sie und Alissa tut mir das alles sehr leid«, sagte er mit vollem Mund. »Aber wenn ein Partner aus der Ehe ausbrechen will, ist es besser, man trennt sich. Zu kitten ist so etwas meistens nicht.«
»Das sage ich mir auch. Aber wenn einem plötzlich der Boden unter den Füßen weggezogen wird, kann einen kaum etwas trösten.«
Francines Worte versetzten ihm einen Stich. Er dachte an das unerfreuliche Telefonat mit Celine. Sie und Adrien saßen jetzt beim Frühstück. Schwelgten sie in Erinnerungen an alte Zeiten? Hatte Celine vergessen, wie sehr dieser Mann sie damals verletzt hatte? Was war in der letzten Nacht zwischen ihnen passiert? Der Gedanke daran war ihm unerträglich.
Wie schnell doch ein Partner bereit ist, den anderen zu betrügen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergibt, dachte er. Selbstmitleid ergriff ihn, ein Gefühl, das irgendwie guttat. Dass er selbst vor einigen Monaten
den ersten Schritt zum Seitensprung getan hatte, sah er als fernes Ereignis an, das keine Bedeutung mehr für ihn hatte. Es erschien ihm gemein und ungerecht, dass Celine sich jetzt offenbar dafür rächte.
Er hatte gerade den Seinequai erreicht, als von Westen her eine dunkle Wolkenwand aufzog. Sie verschluckte die wenigen Sonnenstrahlen, die sich zwischenzeitlich zaghaft gezeigt hatten. Ein eigenartiges, beinahe gelbliches Licht fiel auf die Häuserfassaden.
LaBréa schlug den Kragen seines Trenchcoats hoch und beschleunigte seine Schritte.
Sein Handy klingelte. Er fingerte es aus der Manteltasche. Es war Franck Zechira. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
»Morgen, Franck, was gibt’s?«, fragte LaBréa und blieb stehen.
Schweigend hörte er den Ausführungen seines Mitarbeiters zu.
»Gut«, sagte er dann. »Ist Dr. Foucart schon unterwegs? Aha. Und Claudine und der Paradiesvogel? Umso besser. Ich bin jetzt an der Place St. Gervais. Ich mache mich gleich auf den Weg und bin in zehn Minuten da.«
Der Straßenabschnitt vor der Hausnummer 15, Rue Barbette im 3. Arrondissement, war abgesperrt. Mehrere Polizeifahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht
sowie ein Leichenwagen parkten vor dem Haus, einem Fin-de-Siecle-Gebäude mit dunkel verfärbter Sandsteinfassade.
Claudine wartete bereits auf ihn. In knappen Worten setzte sie LaBréa von den Ereignissen in Kenntnis.
»Der Name der Frau ist Griseldis Geminard, achtundsiebzig Jahre alt, verwitwet.«
»Griseldis?« LaBréa lachte. »Komischer Vorname. Klingt irgendwie altertümlich.«
»Mittelalter, Chef. Keltisch oder angelsächsisch, vermute
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