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Der Mann, der Donnerstag war

Der Mann, der Donnerstag war

Titel: Der Mann, der Donnerstag war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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wieder zurück, nicht das mindeste auf seine Stiefelabsätze acht habend ... und ein einträchtiglich gesellig Schweigen überfiel die drei Herren.
    »Tjaja«, sprach Syme, »es scheint, wir sind alle drei von derselben Moral oder Unmoral. So haben wir – zu dritt – auch ein besseres Einsehen in die Tatsache, die daraus resultiert.«
    »Jawohl«, stimmte der Professor bei, »Sie haben absolut recht. Und wir müssen schnell – schnell machen. Ich seh Frankreich schon die graue Nase in die Luft recken.«
    »Die Tatsache, die daraus resultiert«, sprach Syme aufs ernsthafteste, »die ist, daß wir drei allein auf diesem Planeten sind. Gogol ist fort, Gott weiß wohin ... vielleicht hat ihn der Präsident zerkrümelt – wie 'ne Fliege. Im Rat, da waren wir drei gegen drei, wie jene Römer, die die Brücke hielten. Aber wir sind am schlimmeren dran, weil die andern, erstens einmal, ihre Organisation zu Hilfe rufen können – was wir mit der unserigen nicht tun können – und zweitens einmal, weil – –«
    »Weil einer von jenen drei andern«, sprach der Professor, »kein – Mensch ist.«
    Syme nickte und schwieg für eine Sekunde oder zwei. Dann sprach er:
    »Meine Idee ist diese ... Hören Sie .. Wir müssen etwas tun, daß wir den Marquis bis morgen mittag in Calais festhalten. Ich hab schon an die zwanzig Möglichkeiten erwogen. Wir können ihn nicht als Dynamithelden anzeigen, das ist nu mal klar! Wir können ihn nicht einer trivialeren Sache wegen in Haft setzen, denn dazu müßtem wir ihn verklagen, und zum Verklagen müßten wir vor Gericht erscheinen; er kennt uns – und er würde Lunte riechen! Wir können ihn auch nicht in anarchistischen Angelegenheiten zurückhalten wollen; von derartigen Ausreden würde er ja manche fressen, nur nicht diese blödsinnige, daß wir in Calais bleiben müssen, während der Zar wohlbehalten durch Paris gondelt. Wir könnten versuchen, ihn zu stehlen und ihn wo gefangen verstecken; aber er ist zu gut bekannt hier. Er besitzt eine reine Leibwache von Freunden; aber er ist sehr stark und er ist sehr tapfer, und das Ende davon wäre nicht mit Sicherheit vorauszusagen. Das einzige, von dem ich einsehe, daß es zu machen ist – wäre dieses: aus hervorragenden Eigenschaften des Marquis Vorteile zu ziehen. Ich werde mir die Tatsache zunutze machen, daß er ein höchst angesehener Edelmann ist. Ich werde mir die Tatsache zunutze machen, daß er viele Freunde hat und in der besten Gesellschaft verkehrt ...«
    »Was zum Teufel quasseln Sie da?« fragte der Professor.
    »Wir Symes – wir sind zum erstenmal im vierzehnten Jahrhundert genannt«, sprach Syme.
    »Aber das ist Tradition, daß einer von uns hinter Bruce ritt zu Bannockburn. Seit 1350 ist der Stammbaum ganz rein.«
    »Der ist übergeschnappt«, sprach der kleine Doktor verwundert.
    »Unsere Wappen«, fuhr Syme mit größter Gemütsrohe fort, »sind allemal Silber mit roten Sparren mit drei gekreuzten Kreuzchen im Feld. Das Motto variiert.«
    Der Professor packte Syme grob am Kragen an. »Wir sind sofort an Land«, sagte er, »sind Sie seekrank oder machen Sie faule Witze am unrechten Platz?«
    »Meine Bemerkungen sind schier peinlich praktisch«, antwortete Syme gemächlich. »Das Haus St. Eustache ist ebenfalls sehr, sehr alt. Der Herr Marquis können nicht leugnen, daß er ein Gentleman sind. Er können aber auch nicht leugnen, daß ich ein Gentleman bin. Und um ihn über meine gesellschaftliche Stellung nicht im geringsten Zweifel zu lassen, bin ich dafür, ihm bei der erstbesten Gelegenheit den Hut vom Kopfe zu wischen. Aber da sind wir im Hafen.«
    Sie gingen an Land. Wie betäubt von der prallen Sonne. Syme, der jetzund die Führung übernahm, so wie sie Bull in London innegehabt, lotste sie durch etwas wie eine Strandpromenade, bis sie an einigen Kaffeehäusern anlangten, die ganz unter lauter Grün versteckt waren und auf das Meer hinaussahen. Er ging vor ihnen einher – renommierend und seinen Stock schwingend wie ein Schwert. Er steuerte augenscheinlich auf das entgegengesetzte Ende dieser Kaffeehäuserallee zu – als er mit einem Male mit einem Ruck stehen blieb ... Die beiden andern mit einer einzigen Geste schweigen hieß – und mit einem behandschuhten Finger nach einem Kaffeetisch unter einer Wolke blühenden Laubes hindeutete ... an dem der Marquis de St. Eustache saß ... mit blitzenden Zähnen hervor aus seinem dichten schwarzen Bart, das kühne, braune Gesicht überschattet von einem hellgelben

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