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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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versunken, dass ich nicht bemerkte, wie Colonel Race heransprengte und von seinem Pferd stieg. Erst als er mir «Guten Morgen, Anne!», zurief, kehrte ich in die Wirklichkeit zurück.
    «Oh», sagte ich errötend, «Sie sind es.»
    «Ja. Darf ich mich setzen?»
    Seit unserem Ausflug zu Cecil Rhodes’ Grab war dies das erste Mal, dass wir allein waren. Und auch jetzt wieder überkam mich das eigenartige Gefühl von Bewunderung und Angst zugleich, das dieser Mann mir ständig einflößte.
    «Was gibt es Neues?», fragte ich.
    «General Smuts wird morgen in Johannesburg eintreffen. Bis dahin wird weitergekämpft. Aber ich habe noch eine andere Nachricht für Sie, Anne: Pedler ist entwischt.»
    «Was sagen Sie da?»
    «Er ist ausgebrochen. Man hatte ihn über Nacht auf einer Farm in Gewahrsam gehalten. Doch heute früh war der Vogel ausgeflogen, obschon das Zimmer im oberen Stockwerk lag.»
    Ganz im Geheimen fühlte ich eine leichte Befriedigung. Bis heute ist es mir nicht gelungen, eine gewisse Sympathie für Sir Eustace zu überwinden. Er hatte versucht, mich umzubringen – und dennoch! Er war so amüsant und liebenswürdig. Natürlich verschwieg ich meine Empfindungen, denn Colonel Race musste sicherlich anderer Auffassung sein. Er wünschte, dass der Gerechtigkeit Genüge getan würde. Wenn ich es mir jedoch richtig überlegte, war Sir Eustaces Entkommen nicht besonders erstaunlich. Rings um Johannesburg musste er Dutzende von Agenten und Spione haben, und was auch Colonel Race darüber denken mochte, ich war beinahe sicher, dass man ihn nie fassen würde.
    Unser Gespräch flaute ab. Doch dann erkundigte sich Colonel Race plötzlich nach Harry. Ich vermochte ihm nur zu sagen, dass ich ihn an diesem Morgen noch nicht gesehen hatte. «Sie wissen natürlich, Anne, dass seine völlige Unschuld bereits festgestellt ist? Es wird noch einige Untersuchungen geben, doch die Schuld von Sir Eustace ist erwiesen. Nichts braucht Sie mehr von Harry zu trennen.»
    «Ja, ich verstehe», sagte ich dankbar.
    «Und es besteht kein Grund mehr für ihn, unter falschem Namen zu leben.»
    «Natürlich nicht.»
    «Sie kennen seinen richtigen Namen?»
    Die Frage überraschte mich.
    «Selbstverständlich – Harry Lucas.»
    Er gab keine Antwort, doch sein Schweigen verwirrte mich.
    «Anne, erinnern Sie sich noch meiner Worte bei unserem Ausflug? Ich sagte Ihnen damals, jetzt wisse ich wenigstens, was ich zu tun hätte.»
    «Ich erinnere mich genau.»
    «Ich glaube, mein Versprechen gehalten zu haben. Der Mann Ihrer Liebe ist frei von jedem Verdacht.»
    Ich senkte den Kopf, beschämt über meinen damaligen Argwohn.
    Nachdenklich sprach er weiter: «Als ich ein junger Kerl war, verliebte ich mich in ein Mädchen, das mich betrog. Und dann lebte ich nur noch für meine Arbeit – bis ich Ihnen begegnete, Anne. Aber es war zu spät für mich, Jugend drängt zu Jugend… und mir bleibt immer noch mein Beruf.»
    Eine Weile schwiegen wir beide. Dann sah ich ihn an und sagte: «Sie haben noch eine große Zukunft vor sich. Sie werden eine wichtige Persönlichkeit sein, eine hohe Stellung einnehmen.»
    «Aber ich werde einsam sein.»
    In diesem Moment schlenderte Harry um die Hausecke. Colonel Race erhob sich.
    «Guten Morgen – Lucas», sagte er.
    Aus einem mir unverständlichen Grund errötete Harry.
    «Ja», rief ich fröhlich, «jetzt darfst du wieder deinen eigenen Namen tragen.»
    Harry blickte nicht mich, sondern Colonel Race an.
    «Sie wissen es also?», sagte er.
    «Ich vergesse kein Gesicht. Ich kannte Sie, als Sie ein Junge waren.»
    «Was bedeutet das alles?», fragte ich verwirrt.
    Die beiden Männer fochten einen wortlosen Kampf aus. Schließlich gab Harry nach.
    «Sie haben Recht, Sir. Sagen Sie ihr, wie ich heiße.»
    «Anne, das ist nicht Harry Lucas. Harry Lucas fiel im Krieg. Der Mann, der vor Ihnen steht, heißt Harold John Eardsley.»

35
     
    Mit diesen letzten Worten wandte sich Colonel Race um und ließ uns allein.
    «Anne, verzeih! Sag, ob du mir verzeihen kannst.» Harry ergriff meine Hand, doch fast mechanisch zog ich sie fort.
    «Weshalb hast du mich getäuscht?»
    «Ich weiß nicht, ob ich es dir begreiflich machen kann. Ich hatte Angst, Angst vor der Macht des Geldes. Du solltest mich nur um meiner selbst willen lieben, nur den schlichten Harry Rayburn – ohne äußere Vergoldung.»
    Ich blickte ihm in die Augen und lachte. «Harry, du Narr! Ich will doch nur dich, dich und nichts anderes.»
    Wir kehrten so bald wie

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