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Der Mann im braunen Anzug

Der Mann im braunen Anzug

Titel: Der Mann im braunen Anzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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möglich nach Kapstadt zurück. Dort erwartete uns Suzanne, und gemeinsam weideten wir die dicke Giraffe aus. Als die Revolte niedergeschlagen war, traf auch Colonel Race in Kapstadt ein. Auf seinen Vorschlag hin zogen wir alle in die große Villa, die Sir Eustace gehört hatte, und richteten uns dort ein.
    In dieser Villa schmiedeten wir auch unsere Pläne für die Zukunft. Ich sollte mit Suzanne nach England zurückkehren; in ihrem Haus sollte meine Hochzeit stattfinden. Und die Aussteuer wollten wir in Paris kaufen. Suzanne machte es viel Vergnügen, all dies zu planen, und mir ebenfalls. Und trotzdem schien mir alles irgendwie unwahr, und oft überfiel mich ein Gefühl der Enge, des Erstickens, als ob ich nie wieder frei würde atmen können.
    Es war in der letzten Nacht vor unserer Abfahrt. Ich konnte nicht schlafen, fühlte mich elend und wusste nicht, weshalb. Ich fand den Gedanken, Afrika verlassen zu müssen, schrecklich. Würde es jemals wieder so werden wie jetzt – so herrlich und unbeschwert?
    Ein gebieterisches Klopfen an die Fensterläden schreckte mich aus meinem Grübeln. Ich sprang auf und öffnete; Harry stand draußen auf der Terrasse.
    «Zieh dich rasch an, Anne. Ich muss mit dir sprechen.»
    Ich schlüpfte in ein Kleid und rannte in die kühle Nacht hinaus. Harry fasste mich bei der Hand. Sein Gesicht war bleich und entschlossen.
    «Anne, erinnerst du dich daran, wie du mir einmal sagtest, eine Frau sei bereit, für den Mann ihrer Liebe alles zu tun?»
    «Natürlich», antwortete ich.
    Er riss mich heftig an sich.
    «Anne, komm mit mir fort – jetzt – heute Nacht! Zurück nach Rhodesien, zurück auf unsere Insel. Ich ertrage all diesen Unsinn nicht mehr, ich will nicht länger auf dich warten.»
    Er ging mit Riesenschritten voran. Ich folgte ihm. Er lief so rasch, dass ich ihn kaum einzuholen vermochte.
    «Harry», rief ich schließlich, «werden wir denn den ganzen Weg nach Rhodesien zu Fuß gehen müssen?»
    Er, drehte sich um und brach in ein helles, glückliches Lachen aus, während er mich in seine Arme schloss.

36
     
    Dies alles geschah vor zwei Jahren, und wir leben immer noch auf unserer Insel. Vor mir liegt ein alter Brief:
     
    Meine liebe Anne Beddingfeld,
    ich kann nicht widerstehen, Ihnen zu schreiben, weniger aus Freude am Schreiben als aus dem Bewusstsein des Vergnügens, das ich Ihnen damit bereite. Unser alter Freund Race war doch nicht ganz so klug, wie er dachte, nicht wahr?
    Ich setze Sie zu meinem literarischen Nachlassverwalter ein, indem ich Ihnen mein Tagebuch sende. Race kann es nicht interessieren, doch Ihnen machen gewisse Passagen darin sicherlich Spaß. Ich überlasse es Ihnen, welchen Gebrauch Sie davon machen wollen. Ich würde einen Artikel im Daily Budget vorschlagen: Verbr e cher, mit denen ich zu tun hatte. Eine einzige Bedingung knüpfe ich daran: Ich möchte die Hauptfigur sein.
    Wenn Sie mein Schreiben erhalten, werden Sie bestimmt nicht mehr Anne Beddingfeld, sondern Lady Eardsley heißen und im vornehmsten Viertel von London residieren. Ich möchte Ihnen sagen, dass ich Ihnen nichts nachtrage. Es ist natürlich schwer, in meinem Alter wieder ganz von vorne beginnen zu müssen, aber, unter uns gesagt, ich hatte für einen solchen Fall bereits eine kleine Reserve angelegt.
    Sollten Sie einmal unseren komischen Freund Minks treffen, so richten Sie ihm doch bitte aus, ich hätte ihn keineswegs vergessen. Das wird ihm einen hübschen Schreck einjagen.
    Alles in allem habe ich eigentlich eine recht christliche Denkart bewiesen und meinen Feinden vergeben – selbst Pagett. Kürzlich hörte ich, dass seine Frau bereits das sechste Kind auf die Welt gebracht hat. England wird bald von lauter kleinen Pagetts bevölkert sein. Ich habe dem Kind einen silbernen Becher gesandt und mich bereit erklärt, ihm Pate zu stehen. Ich sehe schon den braven Pagett mit Brief und Becher schnurstracks zur Polizei rennen, ohne auch nur zu lächeln über meinen Scherz.
    Eines Tages werden Sie erkennen, welchen Fehler Sie begingen, mich nicht zu heiraten.
    Für immer Ihr
    Eustace Pedler
     
    Harry war wütend. In diesem einen und einzigen Punkt verstehen wir uns nicht. Für ihn bleibt Sir Eustace stets der Mann, der mich zu ermorden versuchte. Sir Eustaces Angriffe auf mein Leben haben mich immer verwirrt – sie passten so gar nicht ins Bild. Denn ich bin fest überzeugt, dass er mich eigentlich gern hatte.
    Mein Sohn liegt in der Sonne und spielt mit seinen Füßchen. Er

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