Der Mann mit den hundert Namen
einzujagen.«
»Nein. Das ist Buchanans Motivation, die will ich nicht hören. Ich will mir nicht das Gehirn infizieren lassen. Erzählen Sie mir einfach was über Edward Potter.«
»Hören Sie, Buchanan –«
»Nennen Sie mich nicht Buchanan. Ich heiße Edward Potter.«
»Potter. Manchmal gefällt mir das nicht. Manchmal glaube ich, daß Sie sich zu sehr mit Ihrer Rolle identifizieren.«
»Sie müssen ja nicht den Kopf hinhalten, wenn ich vergesse, wer zum Teufel ich eigentlich bin. Also mischen Sie sich nicht in mein Leben ein. Von jetzt an bin ich für Sie Edward Potter.«
Der andere seufzte. »Wie Sie wollen, Edward.«
6
»Sie haben früher mal als Fahnder für die DEA gearbeitet?« Fernandez I sprach leise, aber mit fast komisch wirkendem Nachdruck. Entrüstet lehnten sich die beiden Brüder zurück.
»Beruhigen Sie sich«, sagte Buchanan. »Ich stehe jetzt auf Ihrer Seite.«
»Und Sie erwarten tatsächlich von uns, daß wir Ihnen das abkaufen?« wollte Fernandez I wissen. »Wir sollen Ihnen abnehmen, daß Sie die Fronten gewechselt haben?«
»Schließlich habe ich bewiesen, daß ich keine Hintergedanken habe.« Er deutete auf den gefalteten Bogen, den der andere mit der Hand bedeckte. »Wenn Sie die Bankangestellten auf den Bahamas, Ihre Geldwäscher, unter Druck setzen, werden Sie hören, daß alle angeblich zuverlässigen Partner auf meiner Liste geheime Konten besitzen, auf denen sie für schlechte Zeiten weitaus höhere Summen zurückgelegt haben, als die von Ihnen bezogenen Schmiergelder und Beteiligungen ausmachen.«
Fernandez II kniff die Augen zusammen. »Nehmen wir mal an, Ihre Informationen treffen zu …«
»Oh, die sind absolut korrekt. Schließlich garantiere ich dafür mit dem besten Pfand, das man sich vorstellen kann – mit meinem Leben. Wenn ich Ihnen über diese Konten Lügen auftische – und es wird Ihnen nicht schwerfallen, das zu chekken –, dann lassen Sie mich umlegen.«
»Inzwischen aber könnten Sie untertauchen.«
Buchanan machte eine wegwerfende Geste. »Schlage vor, Sie überprüfen erst die Männer auf der Liste und entscheiden, ob meine Informationen stimmen. Vorher machen Sie keine Geschäfte mit mir.«
»Angenommen, diese geheimen Bankkonten auf den Bahamas gibt es tatsächlich. Woher kommen diese Gelder? Es kann sich nur um Bestechungsgelder von der Drogenfahndung handeln. Die einzige andere Erklärung wäre, daß sie einen Teil der Ware oder einen Teil des eingenommenen Geldes stehlen.«
Buchanan schüttelte den Kopf. »Bestechungsgelder allein erklären die riesigen Summen nicht. Sie wissen selber, Drogenfahnder sind noch nie dafür bekannt gewesen, mit Bestechungsgeldern besonders großzügig umzugehen. Dafür reichen die Mittel nicht. Nein, Ihre Männer sahnen auf raffiniertere Weise ab – nämlich obendrein noch bei Ihnen.«
»Was?« Fernandez II schien fassungslos. » No es posible – unmöglich!«
»Es ist nicht nur möglich – es ist so! Sie machen gemeinsame Sache mit korrupten DEA-Beamten. Wie viele Sendungen haben Sie letztes Jahr verloren? Ungefähr zehn Prozent?«
»Mehr oder weniger. Es läßt sich nicht vermeiden, einige Ladungen werden entdeckt. Kuriere verlieren die Nerven und machen Fehler. Oder DEA-Beamte sind zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort.«
»Was wäre, wenn einige Kuriere gar nicht so nervös sind, wie sie tun?« fragte Buchanan. »Und wenn die DEA-Beamten vorher informiert würden und zur Stelle wären?«
Die drei Männer schwiegen, als der Kellner die zweite Runde brachte. Sobald er gegangen war, vergewisserten sie sich, daß niemand mithören konnte, hoben die Gläser und widmeten sich dem Ritus von Salz, Tequila und Limone.
»Natürlich wissen die Behörden und die amerikanische Öffentlichkeit nicht, daß einige Sendungen mehr als gemeldet beschlagnahmt und an amerikanische Drogenhändler weiterverkauft werden. Die Gewinne – Millionen – teilen sich die korrupten DEA-Beamten und Ihre zuverlässigen Partner. Wie Sie selber sagten: Verluste sind einkalkuliert. Solange Sie Ihren üblichen Profit minus zehn Prozent Schwund erhalten, denken Sie nicht an Betrug, stimmt’s?«
»Woher wissen Sie das?« fragte Fernandez II.
»Wie gesagt, ich war früher mal bei der DEA. Ich war unbestechlich und habe meine Arbeit gemacht. Ich sah, was da lief – ich bin ja nicht blind. Da man die eigenen Kollegen nicht verpfeift, mußte ich schweigen. Und dann …« Buchanan goß das zweite Glas Tequila hinunter.
»Ja? Und
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