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Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung

Titel: Der Mann ohne Geld - Meine Erfahrungen aus einem Jahr Konsumverweigerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Boyle
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mich vorbereitet hatte. Nachdem ich beschlossen hatte, ein Jahr lang ohne Geld zu leben, formulierte ich als Nächstes meine Spielregeln und besorgte mir dann einen Notizblock, um alles aufzuschreiben, was ich zum damaligen Zeitpunkt konsumierte. Ich nannte dies meine »Gliederungsliste«. Um meine Gedanken zu strukturieren, unterteilte ich die Liste in die Kategorien Lebensmittel, Energie, Heizung, Transport, Unterhaltung, Beleuchtung, Kommunikation, Lesen, Kunst und so weiter. Am Ende war die Liste einen halben Notizblock lang – und das war die Liste eines Menschen, der sich als ziemlich moderaten Konsumenten betrachtete. Mich schüttelt es bei dem Gedanken, wie die Liste eines A-Promis aussehen würde. Ich arbeitete mich durch meine Liste und versuchte herauszufinden, wie ich all die Dinge, die ich normalerweise brauchte, auf Wegen besorgen könnte, für die kein Geld erforderlich war. Bereits nach wenigen Seiten wurde deutlich, dass meine Distanz zu den meisten Sachen, die ich konsumierte, nicht mehr als einen Grad betragen dürfte. Das hieß, entweder würde ich die Sachen selbst herstellen oder die Person kennen, die sie herstellte.
    Das war ein idealer Ausgangspunkt. Er lieferte mir viele wirklich nützliche Informationen, mit deren Hilfe ich Entscheidungen treffen könnte. Wie viele neue Fähigkeiten würde ich mir entweder vor dem Experiment oder währenddessen aneignen müssen? Wie viel würde die notwendige Infrastruktur kosten? Wie viel Zeit würde jede Aktivität in Anspruch nehmen? Da es bei diesem Jahr darum ging, weniger zu konsumieren und einen engeren Bezug zu den Dingen zu haben, die übrig blieben, konnte ich anhand meiner Auflistung meinen Grundbedarf, also die Dinge, auf die ich wirklich nicht verzichten konnte, und meine Prioritäten für den Rest ermitteln.
    Mit das Tollste an diesem Verfahren war, dass es mich zwang, mich zu fragen, wie wichtig jeder Posten war. Ich liebe Brot. Ich bin süchtig danach. Mein Gliederungsverfahren führte mir vor Augen, dass ich, wenn ich Brot haben wollte, Getreide besorgen, es im Fahrradanhänger nach Hause transportieren (was auf befahrenen Straßen immer ein bisschen länger dauert) und mit einer Getreidemühle mit Handkurbel zu Mehl mahlen müsste. Ich würde (für die erste Charge) einen Sauerteigansatz herstellen und fünf Tage warten müssen. Während dieser fünf Tage würde ich draußen einen Lehmofen bauen müssen. Wäre dieser einsatzbereit, müsste ich ihn anheizen und dann mehrere Stunden permanent im Auge behalten, während das Brot darin buk. Zu diesem Zeitpunkt wäre ich wahrscheinlich zu müde, den köstlichen Brotlaib zu essen, für dessen Vorbereitung ich eine Woche lang gebraucht hatte.
    Ich schließe mich der Ideologie der »Permakultur« an. Bei der Permakultur geht es darum, Lebensräume für Menschen und Systeme zur Nahrungsproduktion zu schaffen, indem man Modelle nach dem Vorbild natürlicher Muster entwirft. Diese Modelle beseitigen nicht nur fast den gesamten Abfall und sparen viel Energie, sondern auch viel Arbeit. Obwohl ich mich bestimmt nicht als faul bezeichnen würde, halte ich es nicht für sinnvoll, für die Herstellung eines Lebensmittels mehr Kilojoule Energie zu verbrauchen, als dieses Mittel zur Verfügung stellt. Da wäre es sinnvoller, sich hinzulegen und ein Buch zu lesen. Allerdings gibt es immer einen Mittelweg. Beim Auflisten erkannte ich, dass ich mir eine neue Lösung würde einfallen lassen müssen, wenn ich Brot wollte. Und das tat ich. Obwohl ich Brot liebe, beschloss ich, dass ich es mir nur selten gönnen würde. Stattdessen würde ich die Körner sprießen lassen. Das heißt, ich würde eine Schicht Roggenkörner auf mehrere übereinander gestapelte, gelochte Tabletts streuen und diese zweimal am Tag mit Wasser begießen, bis sie sprossen. Das dauert nur fünf Minuten, ist wesentlich weniger aufwendig und liefert dabei viel mehr Nährstoffe als die Herstellung von Brot, auch wenn die Sprossen längst nicht so lecker schmecken und riechen!
    Dies ist nur ein Beispiel von Hunderten. Ein weiterer Vorzug dieser Liste war, dass ich mit ihr herausfinden konnte, wie viel ich würde ansparen und dann ausgeben müssen, um die notwendige Infrastruktur zu schaffen, damit dieses Jahr in die Tat umgesetzt werden könnte. Es hört sich vielleicht ironisch oder sogar widersprüchlich an, wenn ich sage, dass ich Geld ansparen und investieren musste, um mein Jahr ohne Geld zu realisieren. Ich habe aber nie gesagt, dass ich

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