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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Fluch. All das ernüchterte den leichtsinnigen Dickwanst. "Oi!" rief er leise und zuckte zusammen, "verzeiht mir großmütig, erlauchte Königin Margot! Ich habe mich versehen. Schuld daran ist der verfluchte Kognak!" Der Dickwanst beugte das Knie, schwenkte den Zylinder zur Seite, machte eine Verbeugung und radebrechte in einem Gemisch von Russisch und Französisch allen möglichen Humbug von der blutigen Hochzeit seines Freundes Guessard in Paris und vom Kognak und davon, wie zerknirscht er über seinen betrüblichen Irrtum sei. "Zieh dir wenigstens Hosen an, du Hundesohn", lenkte Margarita ein.
    Vor Freude, daß Margarita nicht böse war, zeigte der Dickwanst ein breites Lächeln und erzählte begeistert, er sei nur deshalb ohne Hosen, weil er sie in seiner Zerstreutheit am Fluß Jenissej vergessen habe; dort habe er zuvor gebadet, aber jetzt werde er sofort hinfliegen, es sei ja nur ein Katzensprung, und nachdem er sich noch ihrer Gunst und ihrem Schutz anbefohlen hatte, entfernte er sich rückwärts, bis er ausglitt und rücklings ins Wasser fiel. Noch im Fallen bewahrte sein von einem kleinen Backenbart umrahmtes Gesicht das entzückte und ergebene Lächeln.
    Margarita stieß einen gellenden Pfiff aus, bestieg den herbeieilenden Besen und flog hinüber zum anderen Ufer. Der Schatten des Kreideabhangs reichte nicht bis hierher, das ganze Ufer war von Mondlicht Übergossen.
    Kaum hatte Margarita das feuchte Gras berührt, da schallte die Musik unter den Weiden lauter, und lustiger sprühten die Feuerfunken. Unter den Weidenzweigen mit den im Mondlicht sichtbaren puschligen Kätzchen saßen in zwei Reihen dickmäulige Frösche und spielten, sich wie Gummibälle aufblasend, auf Holzflöten einen bravourösen Marsch. Vor den Musikanten hingen an Weidenruten faulige Holzstücke und beleuchteten die Noten, und auf den Froschmäulern blinkte der Widerschein des Feuers.
    Der Marsch wurde zu Ehren Margaritas gespielt. Man bereitete ihr einen überaus feierlichen Empfang. Die durchsichtigen Wassernymphen unterbrachen ihren Reigen überm Fluß und winkten ihr mit Wasserpflanzen zu, und weit übers öde grünliche Ufer klang ihr stöhnender Begrüßungssang. Hinter den Weiden sprangen nackte Hexen hervor, stellten sich in einer Reihe auf und sanken in tiefen Hofknicksen zusammen. Ein ziegenbeini-ger Kerl flog herbei, berührte niederkniend Margaritas Hand, wobei er sein Seidengewand im Gras ausbreitete, und erkundigte sich, ob die Königin gut gebadet habe, dann empfahl er ihr, sich niederzulegen und zu entspannen. Margarita befolgte den Rat. Der Ziegenbeinige brachte ihr ein Glas Champagner, sie leerte es, und gleich wurde ihr warm ums Herz. Auf ihre Frage, wo Natascha sei, erhielt sie zur Antwort, Natascha habe bereits gebadet und sei auf ihrem Eber nach Moskau vorausgeeilt, um Margaritas baldige Ankunft zu melden und um bei der Fertigstellung ihres Festgewandes zu helfen.
    Eine Episode krönte Margaritas kurzen Aufenthalt unter den Weiden. In der Luft sauste es, und ein dunkler Körper, der offenbar sein Ziel verfehlt hatte, stürzte ins Wasser. Gleich darauf stand vor Margarita der Dickwanst mit dem Backenbart, der sich ihr am anderen Ufer so ungeschickt vorgestellt hatte. Er schien tatsächlich am Jenissej gewesen zu sein, denn er trug einen Frack, war jedoch nun von Kopf bis Fuß durchnäßt: Der Kognak hatte ihm zum zweitenmal einen Streich gespielt: Bei der Landung war er ins Wasser gefallen. Aber sein Lächeln hatte er auch bei diesem betrüblichen Vorfall nicht verloren, und Margarita bot ihm lachend die Hand zum Kuß. Alsdann sammelte sich alles. Die Wassernymphen beendeten ihren Reigen und lösten sich im Mondlicht auf. Der Ziegenbei-nige fragte Margarita achtungsvoll, wie sie zum Fluß gekommen sei. Als er hörte, sie sei auf einem Besen hergeritten, sagte er: "Oh, warum denn, das ist doch unbequem!" Flugs fertigte er aus zwei Asten ein Hexentelefon und forderte irgendwo einen Wagen an, der auch prompt kam. Ein falbes Kabriolett senkte sich auf die Insel nieder, nur saß am Lenkrad kein gewöhnlicher Fahrer, sondern eine schwarze Krähe mit langem Schnabel, Wachstuchmütze und Stulpenhandschuhen. Die Insel verödete. Die Hexen, die schon abgeflogen waren, lösten sich im lodernden Mondlicht auf. Das Feuer brannte nieder, die Kohlen überzogen sich mit grauer Asche.
    Der Backenbärtige und der Ziegenbeinige halfen Margarita auf den breiten Rücksitz des Wagens. Der Wagen heulte auf, tat einen Sprung und stieg

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