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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Nikolai Iwanowitsch mit der Creme betupft und dann vor Verwunderung starr gestanden. Das Gesicht des ehrwürdigen unteren Mieters mündete plötzlich in einen Schweinerüssel, Arme und Beine liefen in zierliche Hufe aus. Als Nikolai Iwanowitsch sich im Spiegel betrachtete, ließ er ein wildes Verzweiflungsgeheul hören, aber es war schon zu spät. Gleich darauf flog er gesattelt aus Moskau fort zu allen Teufeln und schluchzte vor Kummer.
    "Ich verlange die Wiederherstellung meines normalen Aussehens !" röchelte er plötzlich halb wütend, halb flehend und grunzte dabei. "Margarita Nikolajewna, Sie sind verpflichtet, Ihr Hausmädchen zu zügeln!"
    ,Ach, jetzt bin ich auf einmal ein Hausmädchen?" schrie Natascha und kniff den Eber ins Ohr. "Vorher war ich noch eine Göttin? Wie hast du mich genannt?"
    "Venus!" antwortete der Eber weinerlich, indes er, mit den Hufen ein Nußgesträuch streifend, über einen Bach hinwegflog, der zwischen Steinen rauschte.
    "Venus! Venus!" schrie Natascha sieghaft, stemmte den einen Arm in die Hüfte und streckte den andern zum Mond. "Margarita! Königin! Legen Sie ein gutes Wort für mich ein, daß man mir erlaubt, Hexe zu bleiben! Für Sie wird man alles tun, Ihnen ist Macht gegeben!"
    "Gut, das versprech ich dir", antwortete Margarita. "Danke!" rief Natascha und schrie dann plötzlich scharf und irgendwie schwermütig: "He! He! Schneller! Schneller! Na los doch, leg Tempo zu!" Mit den Fersen preßte sie die vom wahnsinnigen Galopp abgemagerten Flanken des Ebers, und der raste dermaßen los, daß es in der Luft pfiff, und einen Augenblick später war Natascha weit vorne nur noch als schwarzer Punkt zu sehen und verschwand dann gänzlich, und das Sausen ihres Fluges verging.
    Margarita flog weiterhin langsam über eine unbekannte öde Gegend hinweg. Unter sich sah sie Hügel, auf denen zwischen vereinzelten Riesenkiefern Felsblöcke lagen. Im Fliegen dachte sie, daß sie gewiß sehr weit von Moskau war. Sie flog nicht mehr über die Wipfel der Kiefern, sondern bereits zwischen ihren Stämmen, deren eine Seite das Mondlicht versilberte. Ihr leichter Schatten glitt ihr voran über die Erde, denn der Mond schien ihr jetzt in den Rücken.
    Margarita spürte die Nähe von Wasser und erriet, daß ihr Ziel nicht mehr fern war. Die Kiefern traten auseinander, und langsam flog sie auf einen Kreideabhang zu. Dahinter lag drunten im Schatten ein Fluß. Nebel hing verhakt im Gesträuch auf dem Abhang. Das andere Ufer war flach und niedrig. Dort huschte unter einer einsamen Gruppe ausladender Bäume das Flämmchen eines Lagerfeuers, und Margarita sah Gestalten, die sich bewegten. Ihr war, als klänge von dort prickelnd lustige Musik herüber. Weiterhin "war auf der silbrigen Ebene, so weit das Auge reichte, kein Anzeichen von Menschen oder Behausungen zu sehen.
    Margarita schwang sich den Abhang hinunter zum Wasser. Es lockte nach dem raschen Flug zum Bade. Sie warf den Besen weg, nahm einen Anlauf und stürzte sich kopfüber in den Fluß. Wie ein Pfeil schoß ihr leichter Körper hinein und schleuderte eine Wassersäule fast bis zum Mond. Das Wasser war warm wie in der Badewanne, und Margarita, die aus der Tiefe wieder herauftauchte, schwamm in völliger Einsamkeit nach Herzenslust im Fluß umher.
    In ihrer Nähe war niemand, aber in einiger Entfernung hörte sie hinter den Büschen ein Plätschern und Prusten — dort badete auch wer.
    Margarita eilte ans Ufer. Ihr Körper glühte nach dem Bad. Sie spürte keinerlei Müdigkeit und vollführte im nassen Gras einen freudigen Tanz. Plötzlich hörte sie auf zu tanzen und spitzte die Ohren. Das Prusten kam näher, und im Weidengesträuch zeigte sich ein nackter Dickwanst mit schwarzem Seidenzylinder, den er auf den Hinterkopf geschoben hatte. Seine Füße waren mit einer Schlammschicht überzogen, und es sah "aus, als trüge er schwarze Schuhe. Nach seinem Schnaufen und Hicken zu urteilen, war er tüchtig betrunken, was übrigens dadurch bestätigt wurde, daß der Fluß plötzlich nach Kognak roch. Als der Dickwanst Margarita erblickte, starrte er sie an, dann brüllte er freudig:
    "Was ist denn das? Wen seh ich da? Claudine, das bist du doch, du lustige Witwe? Du auch hier?" Und er kam zur Begrüßung dicht heran.
    Margarita trat zurück und antwortete würdevoll: "Scher dich zu des Teufels Großmutter! Was heißt hier Claudine? Kuck dir vorher an, mit wem du redest." Nach kurzem Überlegen schloß sie ihre Rede mit einem langen, nicht druckfähigen

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