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Der Meister

Der Meister

Titel: Der Meister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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was haben wir denn hier, Doc? Unfall mit Fahrerflucht?«
    »Dies hier ist offenbar der Aufschlagpunkt.«
    Rizzoli betrachtete den ausgedehnten Blutfleck. Dann wanderte ihr Blick zu der verhüllten Leiche, die in fast vier Meter Entfernung auf dem Gehweg lag.
    »Sie meinen, er ist hier aufgeprallt und dann bis dort drüben geschleudert worden?«, fragte Rizzoli.
    »So sieht es aus.«
    »Muss ja ein ziemlich großer Lkw gewesen sein, der den armen Kerl so zu Matsch gefahren hat.«
    »Kein Lkw«, war Tierneys rätselhafte Antwort. Er begann mit gesenktem Blick die Straße abzuschreiten.
    Rizzoli folgte ihm, während sie die Schwärme von Fliegen zu verscheuchen suchte, die um sie herumschwirrten. Nach etwa zehn Metern blieb Tierney stehen und zeigte auf einen grauen Klumpen, der am Bordstein hing.
    »Noch mehr Hirnmasse«, stellte er fest.
    »Es war also kein Lkw?«, fragte Rizzoli.
    »Nein. Und auch kein Pkw.«
    »Was ist denn mit den Reifenspuren auf dem Hemd des Opfers?«
    Tierney richtete sich auf und ließ den Blick über die Straße, den Gehsteig und die Häuser schweifen. »Fällt Ihnen an dieser Szenerie irgendetwas Interessantes auf, Detective?«
    »Sie meinen, abgesehen von der Tatsache, dass da hinten ein toter Mann liegt, dem sein Gehirn abhanden gekommen ist?«
    »Sehen Sie sich den Aufprallpunkt an.« Tierney deutete auf den Fleck auf dem Asphalt, neben dem er anfangs gekauert hatte. »Können Sie das Verteilungsmuster der Leichenteile erkennen?«
    »Ja. Er ist in alle Himmelsrichtungen gespritzt. Der Aufprallpunkt liegt in der Mitte.«
    »Richtig.«
    »Es ist eine viel befahrene Straße«, sagte Rizzoli. »Die Autos kommen mit zu hoher Geschwindigkeit dort um die Kurve geschossen. Und das Opfer weist Reifenspuren auf dem Hemd auf.«
    »Sehen wir uns diese Spuren doch noch einmal an.«
    Als sie zu der Leiche zurückgingen, gesellte sich Barry Frost zu ihnen, der endlich wieder aus dem Van hervorgekrochen war. Er sah bleich und ein wenig betreten aus.
    »Oh, Mann«, stöhnte er.
    »Geht’s Ihnen wieder besser?«, fragte sie.
    »Ob ich mir wohl eine Magen-Darm-Grippe eingefangen habe oder so?«
    »Oder so.« Sie hatte Frost immer gemocht, hatte sein sonniges Gemüt und seine duldsame Art schätzen gelernt, und es tat ihr weh, ihn so in seinem Stolz verletzt zu sehen. Sie klopfte ihm auf die Schulter und schenkte ihm ein mütterliches Lächeln. Frost schien Mutterinstinkte geradezu herauszufordern, selbst bei der so gar nicht mütterlichen Rizzoli. »Das nächste Mal nehme ich eine Kotztüte für Sie mit«, erbot sie sich.
    »Ach, wissen Sie«, meinte er, während er hinter ihr hertappte, »ich glaube wirklich, dass es bloß ein Virus ist …«
    Sie standen vor der verstümmelten Leiche. Tierney ging ächzend in die Knie; seine Gelenke protestierten gegen diesen neuerlichen Anschlag, während er das Tuch zur Seite zog. Frost wurde noch blasser und trat einen Schritt zurück. Rizzoli musste gegen den dringenden Wunsch ankämpfen, das Gleiche zu tun.
    Der Rumpf war in Höhe des Nabels in zwei Teile zerrissen. Die obere Hälfte, bekleidet mit einem beigefarbenen Baumwollhemd, war von Osten nach Westen ausgerichtet, während der untere Teil, der in Bluejeans steckte, in Nord-Süd-Richtung lag. Die beiden Hälften waren nur noch durch ein paar Haut- und Muskelstränge miteinander verbunden. Die inneren Organe waren herausgerissen worden und lagen auf dem Asphalt, zu einer breiförmigen Masse zerquetscht. Durch den Aufprall war der Hinterkopf zerschmettert, das Gehirn herausgeschleudert worden.
    »Jung, Geschlecht männlich, dem Anschein nach hispanoamerikanischer oder mediterraner Herkunft, Alter zwischen zwanzigund vierzig«, sagte Tierney. »Ich erkenne offensichtliche Frakturen der Brustwirbelsäule, der Rippen, der Schlüsselbeine und des Schädels.«
    »Könnte nicht auch ein Lastwagen so etwas anrichten?«, fragte Rizzoli.
    »Es ist zweifellos möglich, dass ein Lastwagen derart massive Verletzungen bewirkt.« Aus seinen blassblauen Augen sah er Rizzoli herausfordernd an. »Aber niemand hat ein solches Fahrzeug gehört oder gesehen, habe ich Recht?«
    »Ja, leider«, gab sie zu.
    Frost brachte endlich auch einen Kommentar heraus.
    »Wissen Sie was, ich glaube, das sind gar keine Reifenspuren da auf seinem Hemd.«
    Rizzoli nahm die schwarzen Streifen auf der Vorderseite des Hemds noch einmal in Augenschein. Sie berührte einen der verschmierten Streifen mit ihrer behandschuhten Hand und inspizierte

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