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Der Meisterdieb

Der Meisterdieb

Titel: Der Meisterdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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trug ungewöhnlich prunkvolle Kleidung und eine Peitsche, deren Griff mit Gold verziert war. Er winkte nach hinten. Zwei Sklaven kamen mit großen Krügen und gossen Wasser auf die Platten des Stegs. Es bildete große Lachen, verdunstete aber sofort.
    Die nächste Sklavengruppe kam, begleitet von zwei Wächtern, die an den ledernen Fesseln und den Ketten zogen. Diese Gruppe bestand aus Angehörigen sechs verschiedener Völker. Man hatte ihnen die letzten Fetzen der Kleidung vom Leib gerissen, damit die Käufer Vergleiche anstellen konnten.
    Die drei jungen Frauen gingen trotz ihres bemitleidenswerten Zustandes schnell in die Hände der Bieter über.
    Die Männer wurden zurückgeschickt, und eine neue Gruppe wurde aufgerufen. Heute war der Sarpha oder ein wichtiger Mann seines Hofstaats nicht unter den Käufern; es ließ darauf schließen, dass die Völkerwanderung aus dem Norden das Kaufinteresse vieler reicher Männer gemildert hatte. Zu groß war der Überfluss .
    Aus der Menge ließ sich eine dunkle Stimme vernehmen: »Die Stadt an der Saphirbucht wird bald das Monopol des Menschenhandels haben.«
    »Sarphand war schon immer der größte Umschlagplatz an der Strudelsee!« schrie ein anderer. »Die Stadt der Terrassen lebt davon, du Narr!«
    Die Aufmerksamkeit der Streitenden wurde abgelenkt. Ein breitschultriger Sklave schob die Menge auseinander. Hinter ihm folgten vier muskulöse Riesen, halb nackt und mit breiten Goldarmbändern und sogar goldenen Sklavenhalsketten geschmückt. Sie trugen eine breite Prunksänfte, auf der das Zeichen des Siebzehnten Sarpha gleißte. Aber auf den Vorhängen, durch die der Insasse vor den Blicken geschützt wurde, prangte das Wappen Loppos, des Obereunuchen: eine liegende Acht, darüber ein Messer.
    »Ausgerechnet Loppo!« flüsterte man in der Menge. »Er ist unersättlich.«
    Eine Pause entstand in dem Handel, den gerade zwei Männer um ein heranwachsendes Mädchen mit breiten Hüften austrugen. Alle Augen wandten sich von der Sänfte ab und einer zweiten Sänfte zu, die unter einem Torbogen herangetragen wurde. Die Sklaven, von denen dieses Gefährt geschleppt wurde, kleideten sich in weiße Gewänder, und selbst von ihnen ging eine gewisse Arroganz aus: Sie waren die Leibeigenen eines Herrn, der zugleich als unbegreiflich reich und rätselhaft galt, und seinen prunkvollen Palast in Sarphand schien er nur höchst selten zu bewohnen.
    »Das wird die Sensation…«, stöhnte der Marktaufseher. Er dachte an das seltsame Paar, das noch zum Handel stand, an die einbeinige Norderin, an die anderen Sklaven, um die Loppo und der Besitzer der weißen Sänfte mit den schwarzen Kantenverzierungen sich gegenseitig überbieten mochten.
    »Croesus!« murmelte diesmal die Menge. »Er ist wieder in Sarphand.«
    Die Sklaven stellten die Sänften in achtungsvollem Abstand so auf, dass die beiden Insassen durch schmale Schlitze auf den Steg sehen konnten. Die Fenster und Türen der umliegenden Häuser bevölkerten sich. Die aufgeregten Vögel ließen sich trotz der dröhnenden Gongschläge wieder auf ihren alten Plätzen nieder.
    Ein Vorhang der Sänfte von Loppo, dem Obereunuchen, wurde hochgeschlagen.
    Die Sänfte des Croesus blieb geschlossen. Die vier Sklaven verschränkten die Arme vor der Brust und blieben an den vier Ecken regungslos stehen.
    »Croesus bietet gegen Loppo! Was wissen sie wirklich?« fragten sich viele.
    Sarphand war eine aufregende Stadt, ein Ort voller schroffer Gegensätze und greller Schönheit. Fünfhundert mal tausend Menschen, grob gezählt, bevölkerten sie. Sarphand am südlichsten Ende von Salamos lag auf einem mehr als hundert Mannslängen hohen Felsen, der über der Strudelsee weit überhing und zum Landesinneren in zahllosen unregelmäßigen Terrassen abfiel. Der rötliche Granit und anderes Gestein von ähnlicher Färbung, von vielen Adern durchzogen, hatten der Stadt einst den verheißungsvollen Namen gegeben: Goldstadt. Unfassbare Armut und schwindelerregender Reichtum wohnten dicht beieinander, und jedermann hatte sich daran gewöhnt, dass auf den Schwellen der Paläste lumpenverhüllte und schmutzstarrende Krüppel und Bettler schliefen.
    Vertreter aller bekannten Völker trafen sich in Sarphand. Der Herrscher war durch Reichtum und Wohlleben verdorben worden. Ihm lag nicht viel am Wohlergehen seiner Untertanen, und so kam es, dass sich Sarphand mehr oder weniger selbst regierte, dass die Ordnung des fruchtbaren Küstenstreifens zwischen den Grenzen der

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