Der Messingmann
zu vernichten. Er vermutete, dass Cento sich darauf vorbereitet hatte - dass er sich die Gefahren ausgerechnet hatte, die Dschainatech für jemanden seiner Art mit sich brachte. Skellor stieß den Golem weg. Egal - er musste sich wirklich, wirklich dringenderen Aufgaben zuwenden.
Die Gezeitenkräfte des braunen Zwerges schlugen regelmäßig wie ein Metronom zu und zerrissen die Ogygian rings um Skellor. Zusammengehalten von im Körper erzeugten Diamantfasern, die Reste des menschlichen Nervensystems abgeschaltet -so versuchte Skellor, sich mit dem Wind zu beugen; er verformte sich jedoch, die Fasern zerrissen in ihm und weitere Strukturen zerbrachen. Er baute sie wieder auf, stabilisierte sich durch neue Fasern und widmete alle seine Ressourcen der Aufgabe, im eigenen Rumpf den Schwerkraftgenerator zu erzeugen, der ihm zu überleben ermöglichte.
Der Agent glaubte wohl, dass er gesiegt hatte - glaubte, das wäre jetzt Skellors Ende. Aber Skellor war mehr als ein Mensch: Er konnte das hier überleben, würde es überleben.
Die Temperatur stieg. Schon verdampften die ersten Materialien des Schiffs. Das fortwährende Mahlen, Drehen und Biegen an der Rumpfkonstruktion und deren Kräuseln erzeugten den größten Teil dieser Wärme. Träger aus Blasenmetall leuchteten in Kirschglut auf, dehnten sich wie Schokolade und rissen auseinander; die trägen Gase, die zum Aufschäumen des Metalls gedient hatten, entwichen ins Vakuum. Hinter Skellor zerfiel der Schiffsrumpf wie nasse Pappe, und unter ihm bog sich der Fußboden alarmierend durch und kippte dann weg. Alles außer Skellor selbst und einem weiteren Gegenstand zerfiel, als wäre es völlig verfault. Dass das Golemchassis die Form wahrte legte Zeugnis von der Werkstoffkunde der Polis ab. Aber selbst das würde den bevorstehenden Aufprall nicht überstehen.
Die nächste Schwerkraftwelle schlug härter zu und dauerte länger, und sie zertrümmerte den Rest des Schiffes, verstreute die Wrackstücke über einen Kilometer Weltraum. Ganze Stücke glühten jetzt weiß - kochten im Vakuum. Skellor wahrte die eigene Gestalt - verstärkte sie von innen mit Hilfe struktureller Energiefelder, die von seinem körpereigenen Schwerkraftgenerator gespeist wurden. Aber irgendetwas stimmte nicht. Diese Welle hätte ihn beinahe in zwei Teile zerrissen, was jedoch nicht hätte passieren dürfen, wenn man die theoretische Leistung des Generators bedachte. Und er würde noch alles brauchen, was ihm der Generator liefern konnte, da viel Schlimmeres bevorstand. Er fuhr ein Diagnoseprogramm für die Maschine, stellte jedoch nur fest, dass sie optimal funktionierte. Getrennt von der internen Diagnostik sondierte er den Generator mit nanooptischen Fasern und entdeckte den Knoten, der mitten darin wuchs. Skellor öffnete den Generator, zwängte den Knoten hinaus, schloss die Maschine wieder und hatte sie erneut auf vierzig Prozent hochgefahren, als die nächste Welle eintraf.
Skellor brüllte, vorwiegend aus Wut und Enttäuschung - war jetzt ein Stück diamantvernähten Fleisches, das sich über vier Meter des Nichts ausdehnte. Gezeitenkräfte hatten nun die Reste der Ogygian völlig zerrissen, und der größte Teil der Schiffsmasse bildete einen abwärts weisenden Bogen Metalldampf. Skellor war der größte verbliebene Brocken, und der zweitgrößte war ein Golemschädel ohne Augen. Langsam zog sich der Biophysiker weit über einer endlosen braunen Fläche wieder zusammen, verwandelte sich in eine schwarze, menschenförmige Puppe voller Windungen und Knoten. Mit Hexenfingern. Ein großer Teil seiner Substanz war abgerissen worden oder im Vakuum verkocht, und sein Verstand verlor Zusammenhalt. Ehe er sich völlig auflöste, wurde er sich der Bedeutung simpler Physik klar: Er konnte das nicht überleben; wie war er jemals auf die Idee gekommen, dass er das überleben konnte?
Einige Stunden später schlug eine faserige Masse, die Dschainaeier enthielt - welche bislang ihre Form hatten halten können -, auf dem Stern auf. Die Hälfte dieser Masse wandelte sich in Energie um. Alles, was blieb, war ein barockes Silbermuster auf der graubraunen Fläche.
Durch einen Tunnelblick sah Cormac aus einer elliptischen Luke an der Seite der Waffengondel einen Nahbereichslaser ausfahren, montiert an der Spitze eines Gelenkarms. Das Gerät ähnelte einem Maschinengewehr von vor der Jahrtausendwende, erhielt die Munition aber nicht per Gurt zugeführt, sondern über dicke, gerippte Stromkabel. Es diente jedoch
Weitere Kostenlose Bücher