Der Milliardaer und die Braut
emotionale Begegnung für die beiden Frauen.
Erst wenige Tage zuvor hatte Julianne herausgefunden, dass ihr Mann sie mit einer Mitarbeiterin seines Büros betrog. Es entbrannte ein erbitterter Streit mit ihm, weil er bereitwillig Jade dazu benutzt hatte, seine Affäre mit der Bürokraft zu verheimlichen.
Jade erklärte ihrer Freundin, warum sie sich nicht gerechtfertigt hatte, und gab damit zum ersten Mal einem anderen Menschen gegenüber ihre ausgeprägte Leseschwäche zu. Die andere Frau reagierte voller Mitgefühl und Unterstützung, was in Jade den Wunsch weckte, mit Nic eine ähnliche Erfahrung zu machen.
Es wäre ein äußerst mutiger Schritt, sich ihm anzuvertrauen, aber wenn sie es nicht tat, hatte ihre Beziehung erst recht keine Chance. Jeden Tag ließ Nic seiner Gattin frische Blumen aufs Zimmer bringen und rief sie mehrmals an. Er schickte eine Perlenkette, ein kostbares Kleid und dazu eine hübsche Karte, die Jade leider nicht lesen konnte. Sie erkannte gerade einmal seinen Namen.
Als Nic das nächste Mal anrief, bedankte sie sich bei ihm für die Geschenke. „Aber du solltest für mich nicht so viel Geld ausgeben“, schloss sie.
„Hast du meine Karte bekommen?“
Ihr Mund wurde trocken. Das passierte immer, wenn sie die Panik überfiel, möglicherweise enttarnt zu werden. „Ja.“
„Und hast du sie gelesen?“, erkundigte er sich nach einer kurzen Pause.
Sie wollte ihm reinen Wein einschenken, aber nicht am Telefon. Ein so wichtiges Gespräch musste man von Angesicht zu Angesicht führen. „Ich war zu sehr von den Perlen abgelenkt“, behauptete sie ausweichend.
Nic schwieg kurz und räusperte sich dann. „Ich komme heute ungefähr um sechs im Hotel an. Nachmittags habe ich noch einen Termin, der aber hoffentlich nicht lange dauern wird.“
„Okay, wir sehen uns dann“, verabschiedete Jade sich.
Kurz vor sechs Uhr meldete sich überraschend Jades Vater, der ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk vorbeibringen wollte. Das Timing hätte nicht ungünstiger sein können, aber nichts anderes erwartete Jade von ihrem alten Herrn. Keith Sommerville hatte bereits zwei große Drinks intus und schenkte sich gerade den dritten ein, als Nic im Penthouse erschien.
Jade stand vom Sofa auf, um ihren Mann zu begrüßen. „Hallo“, begann sie etwas verkrampft und rang die Hände. „Mein Vater wollte vorbeischauen, als er hörte, dass ich in London bin. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.“
Nic küsste sie direkt auf den Mund und drückte Jade kurz an sich. „Natürlich macht es mir nichts aus“, sagte er und lächelte Keith höflich an. „Wie geht es Ihnen, Mr Sommerville?“
„Nenn mich doch Keith, nachdem du jetzt mein Schwiegersohn bist“, gab der ältere Mann zurück und hob sein volles Glas. „Cheers.“
Leicht verwundert legte Nic seinen Arm um Jades Taille und ging mit ihr zum Sofa. Sie setzten sich nebeneinander hin, und er fragte sich, ob Jades offensichtliche Anspannung eher mit ihm oder mit ihrem Vater zu tun hatte.
Er hatte seine Frau schrecklich vermisst, ganz besonders nachts, und inzwischen war ihm der Gedanke unerträglich, dass sie vielleicht irgendwann ein Leben ohne ihn führen wollte. Nic hätte sich dafür ohrfeigen können, dass ihm seine Gefühle nicht eher klar geworden waren. Aber hatte er sich denn jemals mit Emotionen ausgekannt? Er war grundsätzlich vor ihnen davongelaufen, so lange, dass es irgendwann zur Gewohnheit wurde. Erst Jade war es gelungen, den Panzer um sein Herz zu sprengen.
„Also“, begann Keith und beugte sich vor, um sein Glas erneut zu füllen. „Wann beschert ihr beiden mir mein Enkelkind? Ich habe den Artikel in der Zeitung gesehen. Gut, dass ihr so früh loslegt. Jade wird schließlich nicht jünger.“
Nic spürte, wie sich Jade versteifte.
„Alles zu seiner Zeit, Keith“, gab er vage zurück. „Noch befinden wir uns offiziell auf Hochzeitsreise.“
„Ich hoffe, das erste Kind wird ein Junge“, fuhr der ältere Mann dröhnend fort. „Jeder Mann will doch einen Sohn haben, der den Familiennamen und die Firma übernimmt.“
Beruhigend nahm Nic die eiskalte Hand seiner Frau und drückte sie. „Ich freue mich wahnsinnig auf mein erstes Kind, ganz gleich, welches Geschlecht es hat“, stellte er klar. „Und was das Unternehmen angeht, meine Kinder dürfen natürlich selbst entscheiden, ob sie es übernehmen wollen oder nicht. Das ist ihre Entscheidung, nicht meine.“
Mit einem missmutigen Brummen leerte Jades Vater seinen
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